Petrus von Alcantara – 19. Oktober

Ein Heiliger, der in der Kirche unter Papst Franziskus keine Chance hätte:

Petrus von Alcantara (1499 Alcantara-18. Oktober 1562 Arenas)

Es war teils der Reaktion gegen den Leibeskult der heidnischen Religionen, teils der Einfluß manichäischen Gedankengutes zuzuschreiben, daß die Einsiedler und Mönche des Mittelalters dem Leib einen Krieg ansagten.

Bei Petrus von Alcantara, einem der letzten und hervorragendsten Exponenten dieser Geisteshaltung, nahm die Radikalität der Christusnachfolge manchmal Formen an, von denen wir heute glauben, sie seien eher zu bewundern als nachzuahmen.

Petrus Garavito wurde im Jahre 1499 in Alcantara, einer kleinen Stadt der Provinz Estremadura in Spanien, geboren. Mit sechzehn Jahren trat er in den Franziskanerorden ein und führte dort ein Leben strengster Buße. Seinem Leib wollte er in dieser Welt nicht die geringste Bequemlichkeit gönnen.

Im Kloster wird man gelehrt, die Augen im Zaum zu halten und nicht müßig umherzublicken. Von Petrus erzählt man, er habe dies so buchstäblich durchgeführt, daß er nach drei Jahren seine Mitbrüder nur der Stimme, nicht dem Ansehen nach kannte. Ein Jahr lang tat er Dienst im Refektorium. Doch seine Vorgesetzten waren nicht mit ihm zufrieden. Einmal trug er das Obst nicht auf, das als Nachtisch gedacht war. Dieses hing in Reichweite an Haken von der Decke, aber Petrus hätte die Augen erheben müssen, um es zu sehen, und so hatte er es nicht gefunden! Außerdem tat er Sakristei- und später Pfortendienst. Dabei war er ziemlich zerstreut und geistesabwesend.

Der Krieg gegen seinen Körper ging inzwischen unerbittlich weiter. Petrus versuchte, das Schlafen und das Essen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Nach und nach gelang ihm das in erstaunlichem
Maß. Um nicht einzuschlafen, kniete oder stand er nachts stundenlang in seiner Zelle. Niederlegen hätte er sich darin gar nicht können, denn sie maß in der Länge wie in der Breite nur etwa anderthalb Meter.

Er schlief nur etwa eineinhalb Stunden, und zwar sitzend, den Kopf an ein an der Wand angebrachtes Stück Holz gelehnt. Später hat er Teresa von Avila gestanden, dies sei die härteste Abtötung seines Lebens gewesen. Auch in Bezug auf das Essen übte er strengste Abtötung, denn er nahm nur alle zwei oder drei Tage eine Mahlzeit zu sich.

Als er später Guardian wurde, mußten auch seine Untergebenen sich mit sehr schmaler Kost begnügen. Es wurde einmal in der Woche ein Topf Bohnen oder Erbsen gekocht und dann täglich aufgewärmt. Aber von seinen Untergebenen verlangte er nur das, was er selber ihnen vorlebte.

Schon mit zwanzig Jahren, noch ehe Petrus von Alcantara die Priesterweihe empfangen hatte, wurde er zum Oberen eines kleinen Klosters in Badajoz bestimmt. Fünf Jahre später wurde er zum Priester geweiht und war bald ein gesuchter Prediger. Der König von Portugal berief ihn an den Hof, wo Petrus eine Reihe von hochgestellten Persönlichkeiten bekehrte, darunter des Königs eigene Schwester. Aber das Amt des Hofpredigers gefiel ihm nicht, und er kehrte bald wieder in sein Kloster zurück. Ebenso weigerte er sich, Beichtvater Kaiser Karls V. zu werden.

Petrus litt darunter, daß die Regel in vielen Franziskanerklöstern nicht mehr streng befolgt wurde, und er sann darauf, sie in ihrer ursprünglichen Strenge wiederherzustellen. Nachdem er in vier verschiedenen Klöstern jeweils drei Jahre lang das Amt des Guardians bekleidet hatte und im Jahre 1538, im Alter von noch nicht vierzig Jahren, zum Provinzial von Estremadura gewählt worden war, hatte er genügend Erfahrung erworben, um an diese Aufgabe herangehen zu können. Er legte seine Pläne schriftlich nieder und trug sie bei einem Generalkapitel im Jahre 1540 den versammelten
Ordensleuten seiner Provinz vor. Man hielt die Vorschriften allerdings für zu streng, und der Plan wurde abgelehnt.

Nach Ablauf seiner dreijährigen Amtszeit als Provinzial nahm Petrus kein weiteres Amt an. Zusammen mit einem anderen Mönch zog er sich in eine Einsiedelei an der Mündung des Tajo zurück. Die Kommunität, die sich bald um die beiden scharte, führte ein Leben äußerster Strenge.

Nach zwei Jahren wurde Petrus in seine Provinz zurückberufen; aber der Plan seiner Ordensreform ließ ihn nicht mehr los. Sein Bischof zeigte sich aufgeschlossen, aber sein Provinzial lehnte diese Bestrebungen ab. So entschloß Petrus sich, nach Rom zu gehen, wo er den Papst für seinen Plan gewinnen wollte. Der Generalobere seines Ordens stellte sich gegen ihn, aber Papst Julius III. genehmigte seine Reformpläne und unterstellte ihn den sogenannten „Konventualen“, einem anderen Zweig des Franziskanerordens. Papst Paul IV. , der den Stuhl Petri im Jahre 1555 bestieg, erteilte ihm dann die Vollmacht, so viele Klöster der Reform zu gründen, wie er wolle. Das erste entstand in Pedrosa, wo Petrus mit einem Gefährten das Leben nach der neuen, noch srengeren Regel begann.

Begreiflicherweise mißfiel das seinen früheren Ordensbrüdern. Er wurde als Überläufer, Verräter, Unruhestifter und Heuchler gebrandmarkt; man sagte ihm Geltungsdrang nach und ließ ihn rufen, um ihm alle diese wenig schmeichelhaften Dinge ins Gesicht zu sagen. Petrus erwiderte ihnen:

„Meine Väter und Brüder, glauben Sie mir, daß ich dabei die besten Absichten hatte. Wenn Sie aber der Meinung sind, daß die Sache nicht durchdringen sollte, dann scheuen Sie keine Mühe, um sie zum Scheitern zu bringen.“

Man scheute die Mühe zwar nicht, aber die Reform verbreitete sich immer mehr. Durch die Gründungen des Petrus entstand schließlich eine neue Ordensprovinz.

Jetzt machten seine früheren Ordensbrüder in Rom geltend, diese Provinz müsse ihrem Zweig unterstellt werden, da Petrus von Alcantara ursprünglich zu ihnen gehört hatte. Es gab eine Reihe übler Intrigen und Wirren, deren Ende Petrus jedoch nicht mehr erlebte. „Eines der schwersten Kreuze auf Erden ist die Feindschaft der Gutgesinnten“, hatte er einmal der heiligen Teresa von Avila anvertraut.

Er war ein echter Mystiker und als solcher ein guter Ratgeber für Teresa von Avila; denn die Schauungen und Einsprechungen, die Verzückungen und Leiden, die sie erlebte, kannte er aus eigener Erfahrung, während ihre Beichtväter diese erst aus Büchern ergründen mußten. Teresa war denn auch glücklich, dem heiligen Mann begegnet zu sein. „Er war schon sehr alt, als ich ihn kennenlernte“, schrieb sie, obwohl er damals erst siebenundfünfzig Jahre zählte. Er muß wohl viel älter gewirkt haben. „Er war so mager, daß er aussah, als bestünde er aus Baumwurzeln“, schreibt Teresa auf ihre anschauliche Weise.

Das Brevier schreibt ihm schon zu Lebzeiten viele Wunder zu, allerdings mag manches davon Legende sein. Sicher ist, daß er immer einen nüchternen, klaren Kopf behielt. So klagte einmal ein Ordensbruder über die Schlechtigkeit der Welt. Diesem antwortete Petrus:

„Dem läßt sich leicht abhelfen, du und ich müssen zunächst sein, was wir sein sollen; damit rücken wir die Dinge ins rechte Geleise, soweit sie uns selbst betreffen. Wenn ein jeder das tut, wird bald alles in Ordnung kommen. Leider aber reden wir immer nur davon, die anderen zu bessern; wir selber bessern uns nicht.“

Teresa hatte daran gedacht, für den von ihr reformierten Orden der Karmelitinnen völlige Armut vorzuschreiben; aber verschiedene Theologen rieten ihr dringend ab. Petrus dagegen schrieb ihr:

„Ich muß gestehen, ich bin überrascht, daß Sie gelehrte Männer über eine Frage entscheiden lassen, von der sie nichts verstehen. Für Zwistigkeiten und Gewissensfälle sind Kirchenrechtler und Theologen zuständig, aber die Fragen des vollkommenen Lebens muß man den Menschen überlassen, die dieses Leben führen. Um in einer Sache Entscheidungen zu treffen, muß man etwas davon verstehen, und es ist nicht Sache der Gelehrten, zu entscheiden, ob Sie und ich den evangelischen Räten folgen sollen. Die Mißstände in den Klöstern, die keine Einkünfte haben, rühren daher, daß man dort die Armut bloß erträgt, nicht aber sie ersehnt.“

Petrus von Alcantara starb am 18. Oktober 1562 zu Arenas in der Diözese Avila. Teresa von Avila erzählt, er sei ihr nach seinem Tod erschienen und sei ihr nützlicher gewesen als zu Lebzeiten. Auch Christus sei ihr erschienen und habe ihr gesagt, er verweigere keine Bitte, die man im Namen des heiligen Petrus von Alcantara an ihn richte.

Im Jahre 1622, wurde er selig- und sieben Jahre später heiliggesprochen. Der Zweig der Reform, den er gegründet hatte, die sogenannten „Alcantariner“, wurde 1897 von Papst Leo XIII. mit den anderen Zweigen der franziskanischen Observanz vereinigt.

(vgl.: Die Heiligen in ihrer Zeit, Mainz 1966)

+

 

3 Kommentare zu „Petrus von Alcantara – 19. Oktober

  1. Ja, dass Leo XIII. die Ordenszweige damals vereinigte, ist in meinen Augen gerade mit Blick auf die Alkantariner bedauerlich.

    Außerdem hätte das Bestehen mehrerer Zweige vielleicht die Chance erhöht, dass nach dem II. Vaticanum vielleicht auch einer in vollständiger Traditionstreue auch in der Liturgie verharrt hätte.

    Like

  2. Auch der Heilige Paul vom Kreuz hat am 18. Oktober (allerdings 1775) seinen Todestag.
    Vermutlich hätte er mit seinem Charisma der Passion Jesu Christi bei dem derzeitigen Papst ebenfalls keine Chance gehabt.

    Like

  3. Neben einem solchen Heiligen komm ich mir vor wie ein armseliger Wurm. Wenn er im Bezug auf die Schlechtigkeit der Welt sagt: „Dem läßt sich leicht abhelfen, du und ich müssen zunächst sein, was wir sein sollen; damit rücken wir die Dinge ins rechte Geleise, soweit sie uns selbst betreffen. Wenn ein jeder das tut, wird bald alles in Ordnung kommen“, dann weiß ich, warum es rund um uns so drunter und drüber geht.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar