(über die letzten Jahre in der Trappistenabtei Mariawald, bevor der „frische Wind des 2. Vatikanischen Konzils den Mief der Jahrhunderte“ Begann hinauszuwehen; darüber schreibt ein ehemaliger Mönch dieses Klosters, der 1966 eingetreten ist:)
Im Werktagsvesper-Hymnus Deus creator omnium sangen wir Gott zu:
Te cordis ima concinant,
te vox canora concrepet,
was sich mit keiner Übersetzung derart prägnant und zugleich poetisch wiedergeben lässt und jedenfalls heißt:
»Der tiefste Grund unseres Herzens singe dir zu,
unsere Stimme schmettere dir Lieder.«
Das Singen aus voller Kehle war nicht nur eine emotionale, sondern geradezu körperliche Erfahrung:
Man wurde selbst zum Klangkörper; es war, als vibriere man von Kopf bis Fuß, schaukle leibhaftig auf den sanften Wellen der Choralmelodien, die nicht betäuben, sondern eher eine spirituelle Sensibilität und Wachheit wecken – jene sobria ebrietas, »nüchterne Trunkenheit«, von der in einem Hymnus und in etlichen spirituellen Werken der Mönche die Rede ist.
(aus: Bernardin Schellenberger „Gott suchen-sich selbst finden. Erfahrungen mit der Regel Benedikts“. Kapitel: Das Stundengebet)
Bernardin Schellenberger
Gott suchen – sich selbst finden – Erfahrungen mit der Regel Benedikts
Verlag der Ideen 2016
ISBN: 978-3942006217
432 Seiten; 24,90 Euro
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