Verwirrende Äußerungen eines Jein-Sagers

Woher kommen diese oft widersprüchlichen Versionen über vermeintliche Äußerungen des Papstes?“ Diese Frage stellt sich Guido Horst, der Rom-Korrespondent der TAGESPOST. Als Antwort schreibt er:

Jorge Mario Bergoglio, […] hat nicht nur viele Gedanken seines politischen Vorbilds Juan Domingo Perón übernommen – etwa die starke Fixierung auf das „Volk“ –, sondern auch manche von dessen Methoden. Und Perón war bekannt dafür, dass er direkt hintereinander zwei Leuten recht geben konnte, die völlig konträre Meinungen vertraten, und einem Dritten, der ihn auf diesen Widerspruch aufmerksam machte, ebenfalls einfach sagte: „Da hast Du recht“.

Das würde erklären, warum es immer wieder vorkommt, dass Gesprächspartner nach Begegnungen oder Telefonaten mit Franziskus Meinungen des Papstes wiedergeben, die so gar nicht in das Bild passen, das man sich von ihm gemacht hatte. Die „Interviews“ mit dem greisen Journalisten Eugenio Scalfari sind unvergessen. Man mag es auch jesuitische Schlauheit nennen, dass Franziskus dazu neigt, jedem das zu sagen, was der Andere gerade hören möchte – und dann zu machen, war er wirklich will. Oder aber einen Widerspruch einfach einmal stehen zu lassen, ohne ihn sofort aufzulösen und die daraus folgende Unschärfe in Kauf zu nehmen.

(Guido Horst: Der Jein-Sager, TAGESPOST 15. April 2021)

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