„Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot.“

In dieser Erzählung Lesung: 4Rg 4,25-38 / 2Kön 4,31ff] fällt auf, dass der Knabe nicht durch den Stab des Propheten Elisäus dem Leben wiedergegeben wird, sondern durch den leisen Hauch seines Mundes. Dies ist eine Mahnung für die Oberen und ganz allgemein auch für unsere Beziehungen zu den Mitmenschen. Starke Mittel sind nicht immer die wirksamsten, denn wie der hl. Bischof von Genf [Franz von Sales] geistreich bemerkt, fängt man mit einem Löffel Honig mehr Fliegen, als mit einem Fass voll Essig.

[Blick auf das lehrreichen Verhalten des Propheten Elisäus bei der Totenerweckung] – Der Seher legt sich sanft auf den Toten, sein Angesicht, seine Hände, seine Füße, berühren die des Knaben, er schmiegt sich ihm ganz an, wird klein mit dem Kleinen und gibt so dem todesstarren Körper neue Lebenskraft. Ein schönes Beispiel zarter Diskretion! Ein Oberer bedarf vor allem einer gewissen klugen Anpassungsgabe, wenn er Gutes wirken will. Er messe an den Kräften des Untergebenen, der seine Befehle ausführen soll, klug ab, was dieser zu leisten imstande ist. Es wäre falsch, wenn er ausschließlich das im Auge haben wollte, was eigentlich geschehen sollte; er muss vorsichtig abwägen, was sich tatsächlich erreichen lässt.

[Evangelium Lk 7,11-16] – Die Auferweckung des Jünglings von Naim. Die Witwe ist ein Symbol der Kirche, die durch Gebet und Tränen vom Herrn die Bekehrung der Sünder und ihre Auferstehung zum Leben der Gnade erfleht. Die Träger unserer Totenbahre sind die Sinne und Leidenschaften, die unsere Seele verwirren, so dass sie wie vom Schwindel erfasst, leblos dahinsinkt, ohne es recht zu wissen. Die erste Gnade, die Gott uns schenkt, heißt die verderblichen Träger stille stehen; — hat sich dann das Toben der Leidenschaften gelegt, so herrscht tiefe Ruhe in der Seele und beginnt sie über sich nachzudenken. Wie notwendig ist es, dass die göttliche Gnade zuerst all unsere Illusionen zerstört, die uns vortäuschen, was wir in Wirklichkeit nicht sind. Wir gleichen in diesem Punkte dem Engel in der Apokalypse, zu dem Gott sprach: „Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot.“

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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Mittwoch „In mediana“

Scrutinium „in aperitione aurium

[Unter Scrutinium ist hier die Untersuchung zu verstehen, welche mit einem zu einem geistlichen Amte Berufenen vorgenommen wird, ehe demselben das Amt übertragen wird. Das Scrutinium bezieht sich auf die Befähigung des Kandidaten in Bezug auf Kenntnisse, Alter, Lebenswandel usw. Sie steht dem Bischofe zu, welcher mit derselben aber auch jeden andern ordinierten Geistlichen beauftragen kann. Nach der Bestimmung des tridentinischen Konzil soll ein wiederholtes Scrutinium stattfinden.]

Zusammenkunft: St. Mennas Stationskirche: St. Paul

Die Kirche des hl. Mennas wurde wahrscheinlich im 4. Jahrhundert von der alexandrinischen Kolonie in Rom errichtet, und zwar beim ersten Meilenstein an der via Ostiensis – auf dem linken Tiberufer. Ihr gegenüber, auf dem anderen Ufer, lag an der via Portuensis ein anderes Heiligtum der Alexandriner, den hl. Märtyrern Cyrus und Johannes geweiht. Die einfachen Landleute hegten eine große Verehrung für das ägyptische Heiligtum. Noch im 7. Jahrhundert fand am Festtag des Märtyrers, dem 11. November, eine Stationsfeier statt, bei der auch der hl. Gregor d. Gr. einmal predigte.

Heute ist die Stationsfeier in St. Paul, da Pauli Bekehrung auf dem Wege nach Damaskus ein Vorbild für die Katechumenen war. Die heutige Feier wird auch „in aperitione aurium“ genannt, denn im geistigen Sinne wiederholt sich das Wunder, das Jesus einst am Taubstummen wirkte. Unter feierlichen Zeremonien erklärte der Papst den Taufkandidaten zum ersten Male das Glaubensbekenntnis, das Gebet des Herrn und den Anfang der vier Evangelien. Die Ohren der Katechumenen, bisher der Wahrheit verschlossen, öffneten sich, um zum ersten Male Worte des ewigen Lebens zu vernehmen.

Das ganze Meßformular nimmt auf die bevorstehende Taufe Bezug.

INTROITUS (Ez 36,23-26). Wenn die Gerechtigkeit der verletzten Heiligkeit Gottes Sühne gefunden hat, dann wird er sein in alle Teile der Welt verstreutes Volk wieder sammeln und über seine Gläubigen ein reines Wasser und einen neuen Geist ausgießen.

KOLLEKTE:
„O Gott, du gewährst um des Fastens willen den Gerechten den verdienten Lohn und den Sündern Verzeihung: erbarme dich unser, die in Demut zu dir flehen, und laß uns durch das Bekenntnis unserer Schuld die Nachlassung der Sünden erlangen.“

Nun ließ in den alten Zeiten der Diakon die Katechumenen in die Basilika zur Zeremonie der aperitio aurium herein. Der Ritus war nach den Ordines Romani folgender:

Diakon:
Catechumeni procedant“ (die Katechumenen sollen vortreten). Ein Akolyth verliest sodann die einzelnen mit Namen, worauf der Diakon die Männer auf die rechte, die Frauen auf die linke Seite stellt und spricht: „Orate, electi, flectite genua.“ Alle knien nieder und ein Katechumene betet (wahrscheinlich) in aller Namen das Vaterunser.

Diakon:
„Levate, complete orationem vestram in unum et dicite: Amen.“
(Erhebt euch, beendet euer Gebet und sprecht: Amen.)

Katechumenen:
Amen.

Diakon zu den Paten:
„Signale illos“ (macht das hl. Kreuzzeichen auf die Stirn der Katechumenen), zu den Katechumenen „accedite ad benedictionem“ (tretet heran, um den Segen zu empfangen).

Die Paten bezeichnen die Stirn ihrer Patenkinder mit dem Kreuzzeichen und sprechen:
„Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Das gleiche tut sodann ein Akolyth, ursprünglich wohl ein Exorzist, zuerst bei den Männern; er legt jedem die Hände auf und spricht mit erhobener Stimme, gleichsam als wollte er einen Befehl aussprechen, den folgenden

1. EXORZISMUS:
„O Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, Gott, der du deinen Diener Moses auf dem Sinai erschienen bist, das Volk Israel aus Ägypten geführt und ihm den Engel deines Erbarmens Tag und Nacht als Schutzwehr gegeben hast, wir bitten dich, o Herr, sende uns deinen hl. Engel, damit er gleicherweise diese deine Diener schütze und sie zur Gnade deiner hl. Taufe gelangen lasse.“
„So vernimm denn, verfluchter Teufel, dein Urteil, und gib die Ehre dem lebendigen und wahren Gott, gib die Ehre Jesus Christus, seinem Sohne, Und dem Heiligen Geiste, und laß ab von diesem Diener Gottes; denn unser Herr und Gott Jesus Christus hat ihn gnädig berufen zu seiner Freundschaft, seiner heiligenden Gnade und zum Segensquell der Taufe. Und dieses Zeichen des hl. Kreuzes, das wir seiner Stirne einprägen, sollst du, verfluchter Teufel, nie anzutasten wagen.“
Den gleichen Ritus vollzog man dann an den Frauen, nur hieß hier der Exorzismus:
„O Gott des Himmels und der Erde, Gott der Engel und Erzengel, Gott der Propheten und Märtyrer, Gott aller Gerechten, Gott, dessen Herrlichkeit jede Zunge im Himmel, auf Erden Und in der Unterwelt bekennt, ich flehe zu dir, beschütze diese deine Dienerinnen und mache sie der Gnade deiner Taufe teilhaft. So vernimm denn …“

Nun wiederholt der Diakon seine Aufforderung: „Orate electi“, und der ganze erste Teil der Zeremonie wird nochmals vorgenommen: ein anderer Akolyth macht das Kreuzzeichen, legt die Hände auf und spricht den

2. EXORZISMUS:
„Höre, verfluchter Teufel, ich beschwöre dich beim Namen des allmächtigen Gottes und unseres Erlösers Jesus Christus, fahre aus, du voll elender Bosheit, Opfer deines eigenen Neides. Du sollst nichts mehr gemein haben mit diesen Dienern Gottes, die sich schon von himmlischen Gedanken nähren und bereit sind, dir und der Welt abzuschwören, um die unsterbliche Seligkeit zu erwerben. Gib Ehre dem Heiligen Geist, der bald herabsteigen wird. Möge er kommen von den Höhen des Himmels, um deine trügerischen Listen zu vereiteln, und die Herzen, gereinigt und geheiligt, im himmlischen Quell, zu einem Tempel und einer Wohnung Gottes zu machen. Dann werden diese Diener Gottes, frei von jedem Makel alter Schuld, Gott ewig danken und in Ewigkeit seinen hl. Namen preisen. Durch unsern Herrn Jesus Christus, der am Jüngsten Tage kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten und diese gegenwärtige Welt.“
Für die Frauen hieß der Exorzismus:
„Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, Gott, der du das Volk Israel geleitet und Susanna aus den Händen der Verleumder errettet hast, ich bitte und beschwöre dich, befreie diese deine Dienerinnen, und lasse sie huldvoll zur Gnade deiner hl. Taufe gelangen. So Vernimm denn …“

Zum dritten Male wird der Ritus vorgenommen und dabei der folgende Exorzismus angewendet:

3. EXORZISMUS:
„Ich beschwöre dich, unreiner Geist, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes: fahre aus von diesen Dienern Gottes, denn er selbst befiehlt es dir, Verfluchter, Verdammter, der mit den Füßen über das Meer wandelte und dem versinkenden Petrus die rettende Hand reichte. So vernimm …“
Für die Frauen lautete der Exorzismus: „Ich beschwöre dich, unreiner Geist, beim Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geist: fahre aus und entferne dich von diesen Dienerinnen Gottes, denn er selbst befiehlt es dir, Verfluchter, Verdammter, er, der dem Blindgeborenen die Augen öffnete und den vier Tage im Grabe ruhenden Lazarus ins Leben zurückrief. So vernimm …“

Nach diesen von Akolythen gesprochenen Exorzismen trat ein Priester herzu.

Diakon:
„Orate, electi …“ (wie früher). Die Paten bezeichnen neuerdings ihre Patenkinder mit dem Kreuzzeichen, der Priester tut das nämliche, legt sodann jedem einzelnen die Hände auf und betet den 4. Exorzismus. — Zum Unterschied von den Exorzisten jedoch, die den Teufel direkt beschwören, würdigt der Priester den bösen Feind keines Wortes, sondern er wendet sich geradewegs an Gott, dessen Diener er ist. —

4. EXORZISMUS:
„Ich rufe deine unergründliche und allgerechte Vatergüte herab, heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott, du Schöpfer des Lichtes und der Wahrheit, über diese deine Diener und Dienerinnen. Erleuchte sie gnädig, laß sie dich wahrhaft erkennen, reinige und heilige sie, gib ihnen die wahre Wissenschaft, laß sie der Gnade deiner Taufe würdig werden und unerschüttert festhalten an der Hoffnung, am Vorsatz das Rechte zu tun, an der empfangenen hl. Lehre, damit sie würdig deine Gnade empfangen können.“

Diakon:
„Orate, electi …“, dann zu den Paten gewandt: „Signate illos …“, zu den Katechumenen: „Erhebt euch in Ordnung, haltet Stillschweigen.“

Seit dem 9. Jahrhundert sind für den heutigen Tag, ebenso wie für alle Tage von größerer Bedeutung, zwei Lesungen aus dem Alten Testamente aufgezeichnet, und zwar die gleichen, wie in unserm jetzigen Missale. Ursprünglich las man diese bereits beim ersten Skrutinium in der vorhergehenden Woche, weshalb die Ordines Romani für die heutige Stationsfeier der „aperitio aurium“ die Abschnitte aus Isaias 55: „Audite audientes me et comedite bonum“ und aus dem Kolosserbrief (3,9ff.): „Exspoliantes vos veterem hominem“ festsetzten.

In der 1. Lesung spricht der Prophet von den lieblichen Führungen Gottes, von seiner Barmherzigkeit und mütterlichen Fürsorge für die Seelen. Zum Schluß singt man ein Responsorium aus dem 33. Psalm, das für die Katechumenen gedacht ist: es Verheißt ihnen die Zulassung zur hl. Taufe, Erleuchtung, Sicherheit und hl. Gottesliebe:
„Kommt, ihr Kinder, hört mir zu; die Gottesfurcht will ich euch lehren.
V. Gehet hin zu ihm, ihr sollt licht werden, und eure Stirn soll frei bleiben von Scham.“
Ein Gebet aus dem Munde des Priesters bildet den Abschluß des Graduale:
„Gib, wir bitten dich, allmächtiger Gott, daß uns, die durch die Feier der Fasten sich in Zucht halten, dies hl. Fastenopfer selbst auch Freude schaffe, damit wir nach Zähmung der irdischen Begierden leichter das Himmlische erfassen.“
Solche Gesinnungen stärkten die Märtyrer, Anachoreten und Büßer; um Jesu willen nahmen sie harte Prüfungen auf sich; die Gnade und innerer Herzensfriede, eine Gabe des Heiligen Geistes, hielt sie aufrecht.

In der 2. Lesung (Kol 3,9-17) erklärt der Apostel die Taufzeremonien in symbolischer Weise: die Katechumenen sollen den alten Menschen mit all seinen bösen Neigungen ablegen Und dafür einen neuen Menschen, Jesus Christus, anziehen. Die Tugenden, die im neuen Stande geübt werden sollen, sind Demut, Geduld und vor allem Liebe, die Vorstufe zur Heiligkeit. Die Seele des Christen soll einer Zither gleichen, auf welcher der Hl. Geist ununterbrochen himmlische Harmonien spielt, deren Grundmotiv Jesus Christus ist.

Das GRADUALE (Ps 32,12.6) besingt das Glück eines Volkes, welches der göttliche Logos sich zum Erbe erkor:
„Selig das Volk, dessen Gott der Herr ist, das Volk, das der Herr sich erkor zum Erbteil.
V. Das Wort des Herrn schuf die Himmel, der Hauch seines Mundes ihr ganzes Heer.“

Nun ziehen aus dem Sacrarium (Sakristei) vier Diakone in die Kirche. Jeder trägt eine Evangelienrolle in der Hand und legt sie an einer Ecke des Altars nieder. Der Bischof ergreift sodann das Wort, um den Taufkandidaten das Verständnis des Evangeliums zu erschließen:

„Teure Söhne! Bevor ihr das Evangelium, die Großtaten Gottes vernehmt, wollen wir es euch im allgemeinen erklären, und zwar sein Wesen, seinen Ursprung, seinen Inhalt und warum es nicht mehr als vier Evangelien gibt; wir müssen dann auch sprechen Von ihren Verfassern, wer diese waren, und wie sie vom Propheten unter Eingebung des Heiligen Geistes vorher verkündet wurden. All das müssen wir euch kurz darlegen, damit euch kein Zweifel darüber bleibe; ihr seid ja gekommen, damit eure Ohren sich der Wahrheit erschließen. Die neuen Lehren, die ihr nun vernehmt, dürfen euch nicht verwirren: Evangelium heißt frohe Botschaft. Eine solche ist die Kunde vom Erscheinen unseres Herrn Jesus Christus. Es trägt diesen Namen, weil es uns verkündet, daß jener, der einst durch den Mund der Propheten gesprochen hat, am Ende der Zeiten selbst in Menschengestalt erschienen ist, nach den Worten der Schrift: ,Ich, der bisher nur durch die Propheten redete, bin nun selbst gekommen.’1) Die Erklärung des Evangeliums und der Personen ihrer Verfasser beginnen wir mit Auslegung der Symbole der einzelnen Evangelisten. Ezechiel schreibt: ,Ihre Gesichter aber waren so gestaltet: vorn ein Menschengesicht, auf der Rechten ein Löwenangesicht, auf der Linken ein Stierangesicht, und nach oben ein Adlerangesicht.‘ Zweifellos sind dies die Symbole der Evangelisten. Ihre Namen sind Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.“

Diakon:
„Schweiget still und hört mit Aufmerksamkeit zu.“
„Beginn des hl. Evangeliums Jesu Christi nach Matthäus. Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids … denn er wird sein Volk von dessen Sünden erlösen.“ (I,1-21.)

Bischof:
„Teure Söhne. Wir wollen euch nicht lange hinhalten und erklären euch deshalb sogleich das Symbol und die Art der Darstellung eines jeden Evangelisten. Warum wird wohl Matthäus unter dem Symbol eines Menschen dargestellt? Weil sein Evangelium mit der ausführlichen Beschreibung der Geburt unseres Erlösers und einer genauen Genealogie anfängt: ,Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.‘ Wie ihr seht, wird dem Evangelisten nicht ohne gute Gründe das Symbol des Menschen zugeteilt, denn er beginnt seine Erzählung mit der menschlichen Geburt Christi. Eben deswegen trägt Matthäus dieses besondere Kennzeichen.“

Diakon:
„Schweiget still …“
„Das hl. Evangelium Jesu Christi nach Markus. Die frohe Botschaft … er wird euch mit dem Heiligen Geiste taufen.“ (I,1-8.)

Bischof:
„Das Symbol des Evangelisten Markus ist der Löwe, weil er seinen Bericht mit dem Leben des hl. Johannes in der Wüste beginnt. Er sagt nämlich: ,Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn.‘ Dies Symbol paßt auch noch aus einem anderen Grunde auf St. Markus: der Löwe ist König der Tiere und niemand vermag ihn zu überwältigen. Das Bild des Löwen findet in der Schrift vielfache Anwendung, z. B.: ,Ein junger Löwe ist Juda, zur Beute bist du heraufgestiegen, mein Sohn! Du ruhst gelagert wie ein Löwe und wie eine Löwin. Wer darf ihn reizen?‘“

Diakon:
„Haltet Ruhe …“
„Das hl. Evangelium Jesu Christi nach Lukas. In den Tagen des Herodes … und so dem Herrn ein williges Volk zu bereiten.“ (I,5-17.)

Bischof:
„Der hl. Lukas hat als Sinnbild den Stier, denn ähnlich wie dieser wurde auch unser Erlöser Jesus Christus als Opfer geschlachtet. Der Verfasser beginnt sein Evangelium mit der Erzählung von Johannes dem Täufer, der seinen Eltern Zacharias und Elisabeth noch in hohem Alter geschenkt wurde. Lukas wird mit vollem Recht durch den Stier symbolisiert: die beiden Hörner bedeuten das Alte und Neue Testament, die Hufe die vier Evangelien; zwar scheint ihr Anfang schwach und gering, doch sind sie voller Lehre und Weisheit.“

Diakon:
„Haltet Stillschweigen …“
„Das hl. Evangelium Jesu Christi nach Johannes. Im Anfang war das Wort … voll Gnade und Wahrheit.“ (I,1-14.)

Bischof:
„Johannes gleicht dem Adler, der sich hoch in die Lüfte erhebt. Er sagt nämlich: ,1m Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dies war im Anfang bei Gott.‘ Von Jesus aber spricht David: ,In Jugendkraft wirst gleich dem Adler du erneuert‘, dies ist: die Jugendkraft unseres Herrn Jesus Christus, der von den Toten auferstand und zum Himmel auffuhr. So rühmt sich auch die Kirche, die euch gezeugt und die euch noch in ihrem Mutterschoße trägt, mit vollem Rechte; sie sieht ja, wie all ihr Wünschen und Sehnen nach der Erneuerung des christlichen Glaubens sich erfüllt, wenn ihr am hl. Osterfeste durch die hl. Taufe das Leben der Gnade erlangt. Auch ihr vermögt gleich allen Heiligen die Belohnung zu erringen, die verheißen ist den geistigen Kindern Jesu Christi, unseres Herrn, der lebt und regiert in alle Ewigkeit.“

Traditio Symboli.

Nach der Einführung der Katechumenen in das Verständnis des hl. Evangeliums wurden sie über das Glaubensbekenntnis belehrt, das anfänglich nur eine bei der Taufe gebräuchliche Zusammenfassung der christlichen Glaubenswahrheiten war. Dieses Glaubensbekenntnis lernten die Taufkandidaten auswendig und sagten es dann am Karsamstag öffentlich auf. Solange die Arkandisziplin bestand, durfte das Credo nicht auf Pergament oder Papier geschrieben werden, sondern man mußte es im Gedächtnis behalten, gleich einer geistlichen Waffe zur Verteidigung bei Versuchungen und Gefahren. Auch heute noch gebraucht die Kirche mehrmals im Tage das Credo: bei der hl. Messe und am Anfang und Schluß des Chorgebetes. Im Mittelalter pflegte man das Glaubensbekenntnis den Sterbenden vorzubeten.

Bischof:
„Meine Teuren! Bevor ihr das Sakrament der Taufe empfangt und durch Vermittlung des Heiligen Geistes zu neuem Leben wiedergeboren werdet, nehmt jetzt mit eurem ganzen Herzen den Glauben an, durch den ihr geheiligt werden sollt. Bekehrt euch aufrichtig, ändert euren Sinn und wendet euch zu Gott, damit er sein Licht eurem Geiste eingieße, denn jetzt sollt ihr eingeweiht werden in die hl. Geheimnisse des evangelischen Glaubensbekenntnisses, das vom Herrn inspiriert Und von den Aposteln verkündet wurde; es ist zwar kurz, aber voll tiefer Geheimnisse. Der Heilige Geist, der den ersten Lehrern der Kirche die hl. Worte eingab, hat die hl. Glaubenslehren in so klaren Und genauen Ausdrücken festgelegt, damit das, was ihr glauben und zum ständigen Gegenstand eurer Betrachtungen machen sollt, eurem Verstände nicht dunkel bleibe noch euer Gedächtnis ermüde. Verwendet daher große Sorgfalt auf die Erlernung des Symbolums, das wir euch jetzt so lehren, wie es einst uns gelehrt wurde. Schreibt es nicht auf ein vergängliches Blatt, sondern auf die Seiten eures Herzens. Vernehmt jetzt das hl. Glaubensbekenntnis, das ihr bereits in eure Herzen aufgenommen habt.“

Im 6. Jahrhundert war die Taufe der Erwachsenen eine Seltenheit geworden, man empfing das Sakrament der Wiedergeburt meist schon im Kindesalter. In diesem Falle nahm dann ein Akolyth einen der kleinen Täuflinge auf den Arm oder bei der Hand und stellte ihn dem Bischof vor; dieser richtete die folgenden Fragen an ihn.

Bischof:
„In welcher Sprache bekennen sie unseren Herrn Jesus Christus?“

Akolyth:
„In der griechischen.“

Bischof:
„Sprich also ihren Glauben aus, so wie sie ihn bekennen.“

Die Bevölkerung Roms umfaßte damals eine ansehnliche Zahl byzantinischer Hofleute und Beamte. Ihretwegen antwortete der Akolyth:
„Ich glaube …“ (niceno-konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis), griechisch.

Bischof:
„Teure Söhne (zu den Byzantinern), ihr habt nun das Symbolum griechisch gehört, vernehmt es nun auch lateinisch.“

Der Akolyth stellt hierauf die lateinischen Täuflinge vor.

Bischof:
„In welcher Sprache bekennen sie unsern Herrn Jesus Christus?“

Akolyth:
„In der lateinischen.“

Bischof:
„Sprich also ihren Glauben aus, so wie sie ihn bekennen.“

Akolyth:
„Ich glaube …“ (das gleiche Glaubensbekenntnis lateinisch rezitiert).

Bischof:
„Hier habt ihr, Geliebte, die kurze Zusammenfassung eures Glaubens, den Wortlaut des Symbolums, der nicht nach Regeln der gewöhnlichen menschlichen Sprache abgefaßt, sondern von Gott so eingegeben ist. Ein jeder kann diese Lehren verstehen und halten. Denn hier wird verkündet, daß Vater und Sohn eins im Wesen und gleich in der Macht sind, daß der eingeborene Sohn Gottes dem Fleische nach von der Jungfrau Maria unter Mitwirkung des Heiligen Geistes geboren wurde, seine Kreuzigung, sein Begräbnis, seine Auferstehung am dritten Tage und seine Himmelfahrt, hier bekennt man, daß er zur Rechten des Vaters aller Macht und Herrlichkeit sitzt und daß er einst kommen wird zu richten die Lebendigen und die Toten. Dem Heiligen Geiste wird die gleiche unteilbare göttliche Wesenheit, wie dem Vater und dem Sohne zugeschrieben. Hier werden wir belehrt über den übernatürlichen Beruf der Kirche, die Nachlassung der Sünden und die Auferstehung des Leibes. Ihr also, Geliebte, die ihr dem alten Adam ähnlich wäret, erneuert euch jetzt nach dem Vorbilde des neuen Menschen (Jesus), aus fleischlichen Menschen werdet geistige, aus irdischen himmlische. Glaubt fest und unerschütterlich, daß die Auferstehung Christi einst auch an uns allen sich erfüllen wird, denn was am Haupte geschehen ist, wird auch an den Gliedern in Erfüllung gehen. Das Sakrament der Taufe, das ihr bald empfangen werdet, drückt ja in seinen Zeremonien die Auferstehungshoffnung aus; denn gerade in ihm werden Tod und Auferstehung bildlich dargestellt. Der alte Mensch stirbt und es ersteht ein neuer Mensch, der Sünder steigt in das Wasser hinab und es steigt der Gerechte aus den Fluten empor. Es wird zurückgestoßen, der uns zum Tode führen will, und aufgenommen, der uns das Leben gibt. Durch seine Gnade seid ihr Kinder Gottes, geboren nicht aus dem Fleische, sondern aus der Kraft des Heiligen Geistes. Präget also dieses kurze, aber vollständige Gebet eures Glaubens so fest in eure Herzen ein, daß es euch in allen Lebenslagen eine Schutzwehr ist. Die wahren Streiter Jesu Christi erfahren stets die unbesiegbare Kraft dieser Waffe gegen alle Nachstellungen des Feindes. Der böse Geist, der nie abläßt die Menschen in Versuchung zu führen, finde euch stets gewappnet mit diesem Bekenntnis, damit ihr den Feind, dem ihr jetzt widersaget, besiegt, und die Gnade Gottes, dem ihr jetzt Treue gelobt, bis zum Ende unversehrt und unbefleckt bewahrt. So werdet ihr durch den, der euch die Sünden nachläßt, die Herrlichkeit der Auferstehung erlangen.
Ihr habt jetzt, meine Teuren, das Bekenntnis des katholischen Glaubens vernommen. Prägt es nach dem Verlassen dieses hl. Ortes eurem Gedächtnis ein, ohne eine Silbe daran zu verändern. Die Barmherzigkeit Gottes vermag alles; sie führe euch Dürstende zum Glauben Und zur hl. Taufe, und lasse uns, die wir euch die göttlichen Geheimnisse gelehrt, mit euch, die ihr sie vernommen, gleicherweise zum ewigen Leben gelangen. Durch denselben unsern Herrn Jesus Christus, der lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Diakon:
„Seid ruhig und gebt acht.“

(Vielleicht folgte an dieser Stelle der Abschnitt aus dem Evangelium, der das Vaterunser enthält.)

Das Vaterunser.

Bischof:
„Unser Herr und Heiland Jesus Christus gab seinen Jüngern nebst anderen Vorschriften des ewigen Heils, als sie ihn eines Tages fragten, wie sie beten sollten, jene Formel, die ihr soeben vernommen und wohl verstanden habt. Höret noch, wie die Jünger Jesu Gott den allmächtigen Vater bitten sollten. Der Heiland sagte: ,Wenn du beten willst, so geh in dein Kämmerlein, schließe die Türe zu und bete dann zu deinem Vater.‘ Mit dem Ausdruck Kämmerlein meint Jesus nicht einen bestimmten Raum des Hauses, sondern deutet damit an, daß ihm alle Geheimnisse unseres Herzens bekannt sind. Er will sodann, daß wir die Türe schließen, wenn wir zum Vater beten: wir sollen wie mit einem mystischen Schlüssel die Pforten des Herzens schließen und so den bösen Gedanken den Zugang zum Herzen verwehren; wir sollen die Lippen in Schweigen verharrend schließen, damit der Geist ungestört mit Gott verkehre. Gott schaut nämlich auf das Herz und nicht auf den Mund des Betenden. Verschließen wir daher mit dem Schlüssel des Glaubens unser Herz gegen die Nachstellungen des bösen Feindes und öffnen wir es nur Gott, dem es als Tempel geweiht ist; er selbst sei unser Anwalt, wenn wir beten. Jesus Christus, das ewige Wort und die Weisheit Gottes, hat uns das folgende Gebet gelehrt, damit wir also sprechen sollen.“

(Der Bischof erklärt nun das Gebet des Herrn.)

„Vater unser, der du bist im Himmel.“ Welche Vertraulichkeit und Ungezwungenheit liegt in diesen Worten! Ihr müßt daher so leben, daß ihr in Wahrheit Gotteskinder und Brüder Jesu Christi seid. Wenn ihr aber eure Pflichten nicht erfüllt, wie könnt ihr Gott dann noch euren Vater nennen? Deshalb, Teuerste, zeigt euch würdig der Kindschaft Gottes, denn es steht geschrieben, daß er „allen, die an ihn glauben, Macht gab, Kinder Gottes zu werden.“

„Geheiligt werde dein Name.“ Gott ist in sich selbst ewig, heilig, und wird es nicht erst durch unser Bekenntnis. Wir bitten ihn, daß sein Name in uns geheiligt werde, damit wir durch die Taufe rein gewaschen, unser Leben in Reinheit verbringen.

„Zu uns komme dein Reich.“ Wann ist Gott nicht Herrscher, da seine Herrschaft von Ewigkeit her besteht? Wenn wir sagen; zu uns komme dein Reich, so möchten wir, daß unser Reich, das von Gott versprochene und von Christus durch sein Leiden Und Blut erkaufte messianische Reich, zu uns komme.

„Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden.“ Dein Wille werde erfüllt, so daß wir gewissenhaft auf Erden ausführen, was du im Himmel befiehlst.

„Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Bei diesen Worten sollen wir an die geistige Nahrung der Seele denken, denn unser wahres Brot ist Christus, der von sich sagt: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“ Wir sagen „tägliches Brot“, da wir stets von Sünden rein sein müssen, um die himmlische Speise würdig zu genießen.

„Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ In dieser Bitte werden wir gemahnt, daß wir die Verzeihung unserer Sünden nur erlangen, wenn Wir zuvor auch unseren Beleidigern vergeben. Der Heiland sagt nämlich im Evangelium: „Wenn ihr aber den Menschen nicht verzeiht, so wird euch euer Vater eure Fehler auch nicht verzeihen.“

„Und führe uns nicht in Versuchung.“ Laß nicht zu, daß der Urheber des Bösen, der Versucher, uns zur Sünde verleite, denn die Schrift sagt: nicht Gott verführt zum Bösen, sondern der Teufel; um ihn zu vertreiben, gibt der Heiland den Rat: „Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet.“

„Sondern erlöse uns von dem Übel.“ Diese Worte sind hinzugefügt, weil der Apostel spricht: „Wir wissen nicht, um was wir bitten sollen. Wir müssen also den einen allmächtigen Gott anflehen, daß er uns die Kraft verleihe, dem zu entfliehen, was wir als schwache Menschen allein nicht meiden können. Durch Jesus Christus, unsern Herrn, der mit dem Heiligen Geiste lebt und regiert, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.“

Diakon:
„Haltet Ordnung, gebt Acht, haltet Stillschweigen.“

Bischof:
„Habt ihr nun, Geliebte, den erhabenen und tiefen Sinn des Gebetes des Herrn verstanden? Dann geht hin und betrachtet es bei euch selbst, damit ihr vollkommen seid in Christo und die erbetene Gnade erlangt. Gott, der Allmächtige, führe euch, die ihr den Glauben verlangt, zum Bade der Wiedergeburt, uns aber, eure Lehrer im hl. Glauben, lasse er mit euch zum ewigen Leben gelangen, der da mit dem Vater in Einheit des Heiligen Geistes lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit.“

Damit schließt der erste Teil der Messe.

Man begann nun die Feier der hl. Geheimnisse, an denen teilzunehmen die Arkandisziplin Exkommunizierten, Büßern und Katechumenen verwehrte. Die Ostiarier begaben sich an die Türen, der Subdiakon bewachte den Eingang zum Chor und der Diakon rief:
„Die Katechumenen sollen sich zurückziehen! Wer noch Katechumene ist, ziehe sich zurück! Alle Katechumenen sollen sich entfernen!“

Nach ihrer Entfernung beginnt das hl. Opfer. Eltern und Paten bringen hierbei an Stelle ihrer Kinder und Patenkinder die Opfergaben dar und lassen deren Namen in die Liste der Opfernden eintragen.

OFFERTORIUM (Ps 65,8-9,20). Es ist ganz und gar ein Dankgebet an den Herrn für die Berufung zur hl. Taufe und zum heiligen erhabenen Stande eines Christen:
„Preiset, ihr Völker, den Herrn, unsern Gott, laßt laut sein Lob erschallen. Er gab meiner Seele das Leben und ließ meine Füße nicht straucheln. Gepriesen sei der Herr, der mein Gebet nicht verworfen und seine Barmherzigkeit nicht von mir gewandt hat.“

SEKRET:
„In Demut bitten wir dich, allmächtiger Gott: dies Opfer tilge unsere Sünden; denn alsdann schenkst du uns wahre Gesundheit der Seele und des Leibes.“

COMMUNIO (Jo 9,11), aus dem heutigen Evangelium von der Heilung des Blindgeborenen. Der Speichel des Herrn, der dem Blinden das Augenlicht wiedergibt, ist ein Symbol des Taufwassers, das dem Täufling übernatürliches Licht bringt:
„Der Herr bereitete einen Teig aus dem Speichel, und strich ihn mir auf die Augen. Da ging ich hin, wusch mich, sah und glaubte an Gott.“

Nach der Kommunion verkündete der Archidiakon Tag und Ort des nächsten Skrutiniums.

POSTCOMMUNIO:
„Das Heilige, das wir empfangen haben, Herr, unser Gott, sei uns Nahrung für die Seele und erwirke uns Schutz und Hilfe für den Leib.“

SEGEN ÜBER DAS VOLK:
„Öffne, erbarmend, o Herr, dein Ohr unserm demütigen Flehen, und damit du den Bittenden gewähren kannst, was sie begehren, laß sie verlangen, was dir wohlgefällig ist.“

Heutzutage ist viel die Rede von der Berufung zum Priester- und Ordensstande, aber man spricht kaum mehr von der Berufung zum christlichen Leben, das uns durch die Gnade des Taufsakraments geschenkt worden ist. Und doch ist der Ordensstand nur volle Entfaltung und höchste Vollendung des christlichen Lebens durch die evangelischen Räte der Vollkommenheit. Es gibt nicht ein doppeltes Christentum, wie einige Protestanten der Neuzeit behaupten, ein evangelisches und ein monastisches, sondern in dem einen christlichen Leben werden die bei der Taufe abgelegten Gelübde in der Ordensprofeß auf die idealste und vollkommenste Weise verwirklicht. Der Ordensmann, der Mönch, ist also nichts anderes, als ein vollkommener Christ, ein Mann, der mit seinen Taufgelöbnissen gegenüber Christus wahrhaft Ernst macht, und der seinem Erlöser auf dem engen, aber sicheren Wege der evangelischen Räte nachfolgt. Mit diesen Worten soll nicht gesagt sein, daß der Christ in der Welt nicht auch einem heiligen Stande angehört und nicht zum Streben nach Vollkommenheit in seinem Stande verpflichtet ist. Im Gegenteil, je weniger Sicherheit und Hilfsmittel er im Weltleben hat, mit umso größerer Sorgfalt muß er seinen Beruf als Christ hüten und seine Taufgelübde in die Tat umsetzen. Das Sakrament der Wiedergeburt ist für jeden Gläubigen eine Art von hl. Ordensprofeß; das Katechumenat ist dabei das Noviziat, die Tauf-gelübde gleichen den Ordensgelübden, das Taufkleid ist das Ordenskleid, und das Evangelium ist die Ordensregel, die befolgt werden muß.

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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Gottes allmächtiger Ratschluß

In der Terminologie der römischen Kirche führt die Woche nach dem 4. Fastensonntag die Bezeichnung „in mediana“, wohl deshalb, weil das heutige Evangelium mit den Worten beginnt „die festo mediante“

[Evangelium Jo 7,14-31] Die Verwandten Jesu hätten gern gesehen, wenn der Heiland durch Wunder und Beredsamkeit hervorgetreten wäre, besonders am hohen Fest in Jerusalem. Er hingegen liebte die demütige Verborgenheit; und als er nach Jerusalem hinaufstieg, geschah das ohne Gepränge, das auf den Messias hätte hindeuten können. Er suchte nicht sich und seinen Ruhm, sondern einzig die Ehre des Vaters.

Den Juden, die stets Zeichen und Wunder verlangten, gab er einen eindrucksvollen Beweis seiner Gottheit dadurch, daß er sich trotz all ihres Hasses in der Öffentlichkeit zeigte, predigte und die Kranken heilte. Denn bis zu der vom Vater bestimmten Stunde konnte ihm niemand auch nur ein Haar krümmen. Als dann aber die hl. Stunde gekommen war, konnten die Juden in der Passion Christi nur das tun, was ihnen der Heilige Geist viele Jahrhunderte vorher durch den Mund der Propheten zugewiesen hatte. Die kleinsten Einzelheiten der Zeit, Orte und Personen waren vorausgesagt, so daß St. Petrus später in seinem Gebete sprechen konnte, der Hohe Rat habe an Jesus gehandelt, „wie es Gottes allmächtiger Ratschluß vorausbestimmte“.

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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O Gott, erhöre mein Gebet

Zusammenkunft: St. Stephanus auf dem Mons Coelius
Stationskirche: Kirche der hl. Vier Gekrönten

Wir kennen bereits die große Rundkirche auf dem Coelius, welche dem hl. Erzmartyrer Stephanus geweiht war, von der Stationsfeier am 26. Dezember her. Sie liegt nicht ganz 100 m von der Basilika der hl. Vier Gekrönten entfernt, die auch heute noch gleich einer Feste auf dem unwirtlichen Coelius aufragt. Die Legende von den Vier Gekrönten, die lange Zeit hindurch ziemlich unklar war, hat jetzt ihre völlige Klärung gefunden. Wir müssen drei verschiedene Gruppen von Märtyrern unterscheiden: eine erste Gruppe von römischen Märtyrern: Klemens, Simpronianus, Klaudius und Nikostratus, die im Cömeterium „ad duas lauros“ an der via Labicana, also unfern der kaiserlichen Residenz, bestattet waren, und deren Gruft mit Graffiti vor nicht langer Zeit ans Licht kamen. Zu diesen gesellt sich eine zweite Gruppe panonischer Bildhauer, die in die Save gestürzt wurden, und schließlich eine dritte Gruppe von vier Märtyrern aus Albano. Die Reliquien der Vier Gekrönten ruhen im Hypogäum unter dem Hochaltare. Die Kirche ist nicht mehr diejenige des 5. Jahrhunderts. Papst Paschal II. (1099-1118) baute sie bedeutend kleiner wieder auf, nachdem das alte Gotteshaus durch die Normannen eingeäschert worden war. Hier wird auch das Haupt des hl. Sebastian in einem alten, kostbaren Reliquiar aufbewahrt.

[Introitus Ps 53, 3-4)
„Gott, in deinem Namen rette mich,
in deiner Kraft befreie mich.
O Gott, erhöre mein Gebet,
vernimm die Worte meines Mundes.“

Schon zeigt sich am fernen Horizonte der Berg von Golgotha. Das Gebet des Gotteslammes, das so inständig um Hilfe zu Gott fleht, ist eine Einleitung zum blutigen Drama des Karfreitags.

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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4. Fasten-Sonntag

Stationskirche: Zum hl. Kreuz in Jerusalem

Wie die griechischen Kirchen am 4. Fastensonntag ein Fest zu Ehren des hl. Kreuzes, so feierte auch die römische Liturgie am heutigen Sonntag, genannt „in vigesima“, das Andenken an das Siegeszeichen unserer Erlösung. Als Stationskirche wurde die Basilika in sedibus sessoriis gewählt, da sich dortselbst seit den Zeiten der hl. Helena eine größere Kreuzpartikel befand.

Der ehrwürdige Bau mit seinen Heiligtümern ante Crucem und post Crucem ist eine freie Nachbildung des Martyrion in Jerusalem. Sein ursprünglicher Name lautete Basilica Heleniana oder gewöhnlich Sancta Hierusalem; daher die vielfachen Anspielungen auf Jerusalem im heutigen Meßformular.

Der Papst pflegte im Mittelalter, wenn er sich zur Stationskirche begab, eine goldene Rose in der Hand zu tragen; die mystische Bedeutung derselben erklärte er dann später dem versammelten Volke. Nach der Rückkehr erhielt der römische Stadtpräfekt die Rose zum Geschenk. Daraus bildete sich der heute noch bestehende Brauch die goldene, vom Papste gesegnete Rose einem katholischen Fürsten als Ehrengabe zu senden.

Der Sonntagsfeier wegen war heute das Fasten aufgehoben – doch beobachteten die alten Christen streng die ganze Fastenzeit hindurch die Abstinenz von den Fleischspeisen, wie das auch heute noch die Russen und Orientalen tun; – es ist, als lade uns die Kirche ein, die Bußübungen ein wenig zu unterbrechen, um sie dann wieder mit größerem Eifer fortzusetzen.

Das Evangelium [(Jo 6,1-15] erzählt deshalb von der wunderbaren Speisung der Fünftausend in der Wüste. Die Speise wird zum Bild für das Wort Gottes, welches Nahrung unserer Seele ist, aber auch zum Bilde für die irdischen Güter, welche uns die göttliche Vorsehung in so reicher Fülle spendet, denn man darf nicht, wie der übertriebene Spiritualismus, voneinander trennen, was Gott verbunden hat. Die Natur stützt und trägt die übernatürliche Ordnung der Gnade. Auch wenn wir unsere ungeordneten Begierlichkeiten abtöten, müssen wir stets den vernünftigen Forderungen unserer schwachen Menschennatur Rechnung tragen. Deshalb dringen die Lehrer des geistlichen Lebens mit größtem Nachdruck auf die Tugend der Diskretion, welche die rechte Mitte zwischen den zwei Extremen hält. Doch gilt diese Regel nicht für Seelen, die von der Gnade ganz besonders bevorzugt sind. Im allgemeinen aber kann man sagen, daß Seelen, die in geistlichen Dingen zu hoch hinauf wollen, schließlich das Wort bestätigen: „Wer zu hoch fliegen will, fällt leicht tief.“

[Offertorium Ps 134,3.6]
„Lobt den Herrn, denn er ist gut;
lobsingt seinem Namen, denn er ist süß.
Alles, was er will, vollbringt er
im Himmel und auf Erden.“

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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Gott suchen, welch herrliches Lebensziel!

Bekehrung der Ehebrecherin durch den Heiland [Evangelium Jo 8,1-11] schließt sich an die vorausgegangene Lesung an [Dn 13,1-9, 15-17, 19-30, 33-62]. Beide Schilderungen berichten vom gleichen Vergehen, doch ist die Stellung der Angeklagten sehr verschieden. Das eine Mal rettet Gott die unschuldige Susanna, im anderen Falle beschämt der Heiland die Ankläger der Ehebrecherin durch seine erbarmungsvolle Liebe, gewährt ihr Vergebung und bekehrt sie. Die Menschen vergessen manche Vergehen nie, und kennen dafür keine Verzeihung. Wie ganz anders handelt dagegen der Heilige Geist, der durch seine Gnade die Sündenmakel abwäscht, die Seele erneuert, sie in den früheren Gnadenzustand wieder einsetzt und aus einer armen Sünderin eine Magdalena, eine Pelagia, eine Margareta von Cortona macht.

Wieso durfte Jesus zur Ehebrecherin sagen: „So will auch ich dich nicht verdammen?“ Hatte er etwa die Unkeuschheit nicht verboten? Zweifellos; doch widersteht Gott dem Sünder nur so lange, als dieser an der Sünde hängt. Bereut und verabscheut der Schuldige seinen Fehltritt und söhnt er sich durch die Reue mit Gott aus, so verdammt Gott ihn nicht mehr, sondern nimmt ihn in Gnaden auf. Welch ein Trost für die armen Gefallenen und für all jene, welche vergeblich eine Wiederherstellung ihrer Ehre vor den Menschen erhoffen, ist nicht das Wort des Herrn:

„So will auch ich dich nicht verurteilen.“

„Gott strecke seine Hand über uns aus
und verleihe uns,
ihn mit ganzem Herzen zu suchen.“

Gott suchen, welch herrliches Lebensziel!

Gott suchen heißt nur nach ihm allein verlangen,
den Weg der göttlichen Gebote zu wandeln.

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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Mit der Muttergottes gegen Krieg

DAS WEIHEGEBET für Russland und Ukraine

Offizielle deutsche Übersetzung

Papst Franziskus: Akt der Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens

O Maria, Mutter Gottes, die du auch unsere Mutter bist, wir kommen zu dir in dieser Stunde der Bedrängnis. Du bist Mutter, du liebst uns und du kennst uns. Dir ist nicht verborgen, was uns im Herzen bewegt. Mutter der Barmherzigkeit, wie oft haben wir deine zärtliche Fürsorge erfahren, deine friedenbringende Gegenwart, denn du geleitest uns immer zu Jesus, dem Fürsten des Friedens.

Wir aber sind vom Weg des Friedens abgekommen. Wir haben die Lehren aus den Tragödien des letzten Jahrhunderts und das Opfer der Millionen in den Weltkriegen Gefallenen vergessen. Wir haben die Verpflichtungen, die wir als Gemeinschaft der Nationen eingegangen sind, nicht erfüllt, und wir verraten die Träume der Völker vom Frieden und die Hoffnungen der jungen Menschen. Wir sind an Gier erkrankt, wir haben uns in nationalistischen Interessen verschlossen, wir haben zugelassen, dass Gleichgültigkeit und Egoismus uns lähmen. Wir haben Gott nicht beachtet, wir haben es vorgezogen, mit unseren Lügen zu leben, Aggressionen zu nähren, Leben zu unterdrücken und Waffen zu horten. Dabei haben wir vergessen, dass wir die Hüter unserer Nächsten und unseres gemeinsamen Hauses sind. Mit Kriegen haben wir den Garten der Erde verwüstet, mit unseren Sünden haben wir das Herz unseres Vaters verletzt, der will, dass wir Brüder und Schwestern sind. Wir sind allen und allem gegenüber gleichgültig geworden, außer uns selbst. Und schamerfüllt sagen wir: Vergib uns, Herr!

Im Elend der Sünde, in unserer Erschöpfung und Hinfälligkeit, in der geheimnisvollen Ungerechtigkeit des Bösen und des Krieges erinnerst du, heilige Mutter, uns daran, dass Gott uns nicht verlässt, sondern stets mit Liebe auf uns schaut, mit dem Wunsch, uns zu vergeben und uns aufzurichten. Er selbst hat dich uns geschenkt und der Kirche und der ganzen Menschheit in deinem Unbefleckten Herzen eine Zuflucht geschaffen. Aufgrund der Liebe Gottes bist du bei uns und auch durch die schwierigsten Momente der Geschichte geleitest du uns voll Zärtlichkeit.

So kommen wir zu dir und klopfen an die Tür deines Herzens, wir, deine geliebten Kinder, die du zu allen Zeiten unermüdlich aufsuchst und zur Umkehr einlädst. Komm in dieser dunklen Stunde zu uns, um uns beizustehen und uns zu trösten. Sag uns immer wieder neu: „Bin ich denn nicht da, ich, die ich deine Mutter bin?“ Du kannst die Verstrickungen unseres Herzens und die Knoten unserer Zeit lösen. Wir setzen unser Vertrauen in dich. Wir sind gewiss, dass du, besonders in Zeiten der Prüfung, unser Flehen nicht verschmähst und uns zu Hilfe kommst.

So hast du dich auch in Kana in Galiläa verhalten, als du erwirkt hast, dass Jesus eingriff, noch ehe seine Stunde gekommen war. So hast du der Welt sein erstes Zeichen vermittelt. Als sich die Festesfreude in Trübsal verwandelt hatte, sagtest du zu ihm: „Sie haben keinen Wein mehr“ (Joh 2,3). Verwende dich erneut für uns, o Mutter, denn heute ist uns der Wein der Hoffnung ausgegangen, die Freude ist geschwunden, die Geschwisterlichkeit verwässert. Wir haben die Menschlichkeit verloren, wir haben den Frieden verspielt. Wir sind zu aller Gewalt und Zerstörung fähig geworden. Wir bedürfen dringend deines mütterlichen Eingreifens.

Nimm an, o Mutter, unser Gebet.
Du Stern des Meeres, lass uns im Sturm des Krieges nicht untergehen.
Du Arche des Neuen Bundes, zeige uns Möglichkeiten und Wege der Versöhnung.
Führe, „du Irdische im Himmel“, die Welt wieder zu göttlicher Eintracht.
Beende den Hass, besänftige die Rachsucht, lehre uns Vergebung.
Befreie uns von Krieg, bewahre die Welt angesichts der nuklearen Bedrohung.
Du Königin vom Rosenkranz, erwecke in uns wieder das Bedürfnis zu beten und zu lieben.
Du Königin der Menschheitsfamilie, zeige den Völkern den Weg der Geschwisterlichkeit.
Du Königin des Friedens, erbitte der Welt den Frieden.

Deine Traurigkeit, o Mutter, erweiche unsere verhärteten Herzen. Die Tränen, die du für uns vergossen hast, mögen dieses Tal wieder aufblühen lassen, das unser Hass verdorren ließ. Lass uns, bei allem Lärm der Waffen, durch dein Gebet zum Frieden finden. Liebkose mit deinen mütterlichen Händen alle, die leiden und vor den Bomben fliehen. Lass alle, die ihr Zuhause und ihr Land verlassen müssen, in deiner mütterlichen Umarmung Trost finden. Dein betrübtes Herz erwecke in uns Mitgefühl und dränge uns, unsere Türen zu öffnen und uns der verwundeten und verstoßenen Menschen anzunehmen.

Heilige Mutter Gottes, als du unter dem Kreuz gestanden bist, sagte Jesus, als er den Jünger neben dir sah: „Siehe, dein Sohn“ (Joh 19,26). Damit hat er dir einen jeden von uns anvertraut. Dann sagte er zu dem Jünger, und somit zu einem jeden von uns: „Siehe, deine Mutter“ (V. 27). Mutter, wir wollen dich heute in unser Leben und in unsere Geschichte bereitwillig aufnehmen. Die erschöpfte und verstörte Menschheit steht in dieser Stunde mit dir unter dem Kreuz. Und sie verspürt die Notwendigkeit, sich dir anzuvertrauen und sich durch dich Christus zu weihen. Das ukrainische Volk und das russische Volk, die dich liebevoll verehren, kommen zu dir, und dein Herz schlägt für sie und für alle Völker, die unter Krieg, Hunger, Ungerechtigkeit und Armut leiden.

Mutter Gottes, die du auch unsere Mutter bist, dir vertrauen wir uns an und feierlich weihen wir die Kirche und die ganze Menschheit, insbesondere Russland und die Ukraine, deinem Unbefleckten Herzen. Nimm diesen unseren Weiheakt an, den wir mit Vertrauen und Liebe vollziehen. Gib, dass der Krieg aufhört und schenke der Welt den Frieden. Durch dein von Herzen kommendes Ja trat der Fürst des Friedens ein in die Geschichte; wir vertrauen darauf, dass der Friede auch jetzt wieder über dein Herz zu uns kommt. Dir also weihen wir die Zukunft der ganzen Menschheitsfamilie, die Nöte und Erwartungen der Völker, die Ängste und Hoffnungen der Welt.

Die göttliche Barmherzigkeit ergieße sich durch dich über die Erde und der liebliche Herzschlag des Friedens bestimme wieder unsere Tage. Frau des Ja, auf die der Heilige Geist herabkam, lass uns miteinander wieder in die Harmonie Gottes finden. Stille den Durst unserer Herzen, du „strömender Quell der Hoffnung“. Du hast das Menschsein in Jesus eingewoben, so mach auch uns zu Handwerkern der Gemeinschaft. Du bist auf unseren Wegen gewandelt, geleite uns auf den Pfaden des Friedens. Amen.

 

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Anbeten: „Durch unsern Herrn Jesus Christus“

Das Bild, wie Moses Wasser aus dem Felsen schlägt [Lesung 4 Mos 20,1-13], war den alten Christen wohlbekannt; sie sahen es ungezählte Male an den Wänden und Arkosolien der Katakomben. Moses trägt dabei in Rom oft die Züge des hl. Petrus. Außerdem findet sich auf Glasgefäßen, die zu Toten-mahlen benutzt wurden, verschiedene Darstellungen dieser Art, sogar mit der Umschrift Petrus. Das Wasser aus dem Felsen war ein Symbol des Bades der Wiedergeburt, dessen erster Spender in Rom der Apostelfürst war. Diese Parallele zwischen Moses und Petrus in der frühchristlichen Kunst ist ein außerordentlich bedeutsames Zeugnis zugunsten des römischen Primats. Es besagt ja nichts anderes, als daß der galiläische Fischer erster Papst und Stellvertreter Jesu Christi war, gleichwie Moses der erste Prophet und Gesetzgeber des Alten Bundes; in Petri Namen und Auftrag Weiden alle übrigen Hirten der Kirche die ihnen anvertrauten Herden.

Wie Tertullian berichtet, spendete Petrus in Rom die hl. Taufe in den Wassern des Tiber. Tatsächlich bringt eine Tradition des 4. Jahrhunderts eine Kathedra im coemeterium maius an der via Nomentana und die nahe bei der Begräbnisstätte gelegenen „Nymphae“ in Verbindung mit der Taufe, die der Apostel an diesem Orte spendete. Jedenfalls tauften die Päpste, lange bevor das Baptisterium beim Lateran bestand, beim Apostelgrabe auf dem vatikanischen Hügel. Das Bad der Wiedergeburt beim Grabe des Apostelfürsten und durch Petri Nachfolger vollzogen, erschien so wichtig und ehrenvoll für die römische Kirche, daß diese Tatsache in Versen am Baptisterium des Damasus bei St. Petrus verherrlicht wurde:

Zwiefache Ehre verlieh Christus dem Sitz des Apostels.
Himmelspforte sollte er sein, dessen Wunsche gemäß.
Ihm hat Christus vertraut
die Pforten des himmlischen Reiches,
Der auch auf Erden bewahrt
die andere Pforte
zum Himmel.

Jesus verkündet heute der bekehrten Samariterin das neue Lebensprogramm für die wahren Verehrer Gottes: Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit, gleich, ob auf Sion oder auf Garizim. In vollkommener Weise kann nur einer Gott die schuldige Verehrung erweisen: Jesus Christus, der Hohepriester des Neuen Bundes. Er allein betet den Vater in der Wahrheit an, denn nur er kennt ihn ganz; er allein betet ihn im Geiste an, denn auf ihm ruht der Heilige Geist mit der ganzen Fülle seiner Gaben. Wollen wir Gott einen vollkommenen Dienst erweisen, so müssen wir uns mit dem Gottmenschen vereinigen; durch und mit ihm vermögen wir dem Vater das Opfer des Geistes und Herzens darzubringen. Die Kirche beschließt deshalb all ihre Gebete mit der Bitte an den Vater: „Durch unsern Herrn Jesus Christus“ — Anbetung in der Wahrheit, — „der mir dir lebt und regiert in Einheit mit dem Heiligen Geiste“ — Anbetung im Geiste. —

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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In Heiligkeit erstarken und nach Gottes Geboten wandeln

[Communio Ps 118, 4-5]
„Du hast befohlen, deine Gebote genau zu halten.
O möchten meine Wege dahin gehen,
daß ich bewahre deine Satzungen.“

Die Barmherzigkeit Gottes bewirke, daß die Herde Christi nicht nur an Zahl zunehme, sondern auch in Heiligkeit erstarke und stets nach Gottes Geboten wandle.

Woher mag es kommen, daß in so vielen alten Heiligtümern der Märtyrer, selbst an den Gräbern der Apostel heute nicht mehr Gnaden und Wunder in so großer Zahl geschehen, wie in den ersten Jahrhunderten des Christentums? — Der Herr verfährt mit uns, wie einst mit dem auserwählten Volke. Unserer Sünden, und besonders unseres schwachen Glaubens wegen, hüllt er sich in Schweigen, wie ehemals im Hause des Herodes. Die Heiligtümer, die jedem Christenherzen teuer sind, werden entweiht und verfallen; es wiederholt sich das gleiche wie beim Berge Silo und Sion, auf denen einst die Bundeslade ruhte. Gleiche Ursachen haben gleiche Wirkungen zur Folge.

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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Im Geist und in der Wahrheit

[Evangelium Mt 15,1-20] – Jesus beantwortet die wichtigen Fragen der Pharisäer über die Beobachtungen der jüdischen Satzungen mit dem Vorwurf, daß sie ja selbst mit ihren Übungen den Dekalog umgingen. Als Beispiel führt er an, daß Kinder nach der Lehre des Talmud zum Nutzen der Diener des Heiligtums ihren eigenen Eltern den Lebensunterhalt entziehen dürften. Die Vollkommenheit der Pharisäer bestand in der Beobachtung vieler äußerer Vorschriften, während in den Augen Jesu nur die Verehrung Gottes im Geist und in der Wahrheit sittlichen Wert hat. Die äußeren Zeremonien sind durchaus nicht überflüssig, denn der ganze Mensch, bestehend aus Leib und Seele, soll Gott anbeten und ihm dienen; so entspricht es seiner Natur. Doch fällt die Hauptaufgabe der Seele zu, die berufen ist, den Vater „in spiritu ei veritate“ anzubeten. Der Leib ist nur Werkzeug und Hilfe dazu.

[Offertorium Ps 108, 21]
„Herr, tu an mir ein Werk deiner Barmherzigkeit
um deines Namens willen,
denn voll der Liebe ist deine Barmherzigkeit.“

Barmherzigkeit ist der letzte und entscheidende Grund für die Liebe Gottes zum Menschen. Nicht unsere Verdienste und unser Verhalten machen uns liebenswert; Gott liebt uns auch ohne von uns etwas zu empfangen; er liebt, weil er die Liebe ist, und dadurch wirkt er in uns die seiner Liebe entsprechenden Tugenden. Er macht uns gut und „gleichförmig dem Bilde seiner Güte“.

Achtung und Ehrfurcht vor der Autorität des Vaters, der ersten Autorität nach der Ordnung der Natur, ist wesentliche Bedingung und Fundament aller sozialen Ordnung. Das Kind — in vielen Dingen bleiben die Menschen immer Kinder — muß, ehe es selbständig denken gelernt hat, der Autorität dessen glauben, der es lehrt und leitet. Ohne ein solches Vertrauen hört jede Erziehung und jeder Fortschritt auf. Wenn einmal die moderne Gesellschaft den ganzen Schrecken der Anarchie einsehen wird, in die sie geraten ist, dann wird sie die tiefsten Ursachen für den Umsturz aller sozialen Ordnung darin finden, daß sie an die Stelle des Dekalogs den Egoismus und die Staatsvergötterung gesetzt hat.

(Ildefons Schuster. Liber Sacramentorum III.)

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