Schweigen, um Gott zu hören

Die nachfolgenden Gedanken von Prof. Dr. Berthold Wald weisen auf ein modernes Phänomen hin: Noch Nutzloser als in zurückliegenden Epochen scheint dem modernen Menschen der Zugang zum Schweigen völlig abhanden gekommen zu sein.

Handy und Kopfhörer – Symbole unserer Zeit und Feinde des Schweigens

Vernunft und Vernehmen stehen schon wortgeschichtlich in direktem Zusammenhang. „‚Vernunft‘ kommt von ‚Vernehmen‘; niemand kann aber etwas vernehmen, wenn er nicht schweigt; nur der Schweigende hört.“ Auf dies Schweigen und Vernehmen und auf das schweigend Vernommene kommt Pieper schon sehr früh und dann immer wieder von neuem zu sprechen, nach kleineren Vorarbeiten zuerst in „Muße und Kult“ (1948). Muße versteht er als Haltung der „Nichtaktivität“, als „Haltung dessen, der nicht eingreift und redet, sondern dessen, der schweigt“, „der losläßt, der sich losläßt und überläßt“. Solche Nichtaktivität und solches Schweigen bedeutet, „daß der dem Seienden von Natur zugeordneten und ‚ent-sprechenden‘ Antwortkraft der Seele nicht ins Wort gefallen werde.“ Und solches Schweigen beansprucht den Menschen tiefer, als alle wissenschaftliche Objektivität.

Schweigen zu können heißt, den vielerlei Gestalten des Nicht-Schweigens keinen Resonanzraum zu öffnen: angefangen bei den täglichen Ablenkungen durch das mediale Infotainment, den demokratiepolitisch erwarteten Stellungnahmen zu allem und jedem bis hin zur empörten Ignoranz, wenn andere anders denken als man selbst.

Wie es viele Weisen des Nicht-Schweigens, der Vereitelung von Hören auf die Sprache der Dinge, gibt, so auch viele Weisen des schweigenden Vernehmens. In einer Pfingstbetrachtung, die 1955 zuerst als Leitartikel der „FAZ“ erscheint, nennt Pieper verschiedene Gestalten wahrhaft geistigen Lebens, worin „das Auge der Seele sich öffne zu der äußersten ihm möglichen Empfänglichkeit“ für die Dimension des Seins im Ganzen: „Zum Beispiel, wenn wir die Zeichen bedenken, die uns in der Dichtung, in der Musik und in allen bildenden Künsten vor Augen gebracht werden. Auch die Besinnung des Philosophierenden meint das Insgesamt der Welt“, und eben diese gleiche Welt schon als Gegenstand „irdischer Kontemplation“. „Vor allem aber ist die religiöse Kontemplation zu nennen, das betrachtende Sich-versenken in die Mysterien der Rede Gottes“, schließlich das Gebet, in welchem „das Schweigen entscheidender ist als die eigene worthafte Äußerung“.

Zu allen diesen Weisen, von der Wirklichkeit selbst erst in schweigendem Vernehmen berührt zu werden, gehört die Grenze des Erreichbaren ebenso wie das sich steigernde Verlangen, diese Grenze zu überschreiten. Die Berührung mit dem, was ist und geschieht, führt zur „Anerkennung des Geheimnischarakters der Welt“, dem einzig die „Heiterkeit des Nichtbegreifenkönnens“ entspricht. Das ist zugleich gegen einen „Fanatismus des Wahren“ (Konrad Weiß) gerichtet, welcher „das Vertrauen auf das Fragmenthafte, das eben das Leben und das Wesen der Geschichte bildet“, nicht aufzubringen vermag. Der Selbstbezug des Denkens dagegen, wie er für das neuzeitliche Philosophieren kennzeichnend ist, führt entweder in eine geschlossene Welt philosophischer „Systeme“ oder in die Auflösung allen Vernunftvertrauens. Auf die letzte Bedeutung des Wirklichkeitsganzen aufmerksam zu werden, geschieht auf diesem Weg gerade nicht. Und weil das bei Josef Pieper auf erregende Weise anders ist, darum führt jede philosophische Erörterung und jedes Buch Piepers seine Hörer und Leser zugleich in den Vorhof der Theologie und näher an die Schwelle zum Geheimnis des christlichen Glaubens heran.

Berthold Wald (Herausgeber der Werke Josef Piepers) in „Schweigen, um Gott zu hören“, zum 120. Geburtstag von Josef Pieper, am 4. Mai 2024. Erschienen in „Die Tagespost“ am 3. Mai 2024.

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Ein überzeugendes Zeugnis der Freimaurerei im Vatikan der 60er und 70er Jahre

Vor einigen Wochen wurde von katholisches.info das Buch „Murder in the 33rd Degree: The Gagnon Investigation into Vatican Freemasonry“ (Independently published, 2022) vorgestellt, von dem es keine deutsche, aber eine italienische Ausgabe gibt: „Massoneria vaticana. Logge, denaro e poteri occulti nell’inchiesta Gagnon – Freimaurerei im Vatikan. Logen, Geld und okkulte Mächte in der Gagnon-Untersuchung“ (Verona 2023, S. 218, Euro 20).

Prof. Roberto de Mattei schreibt in seiner Einleitung:

„Was sein Buch [des Autors] fesselnd macht, ist nicht nur der angenehme und fesselnde Erzählstil, sondern auch die genaue Beschreibung der Charaktere und vor allem die beunruhigende Geschichte, nämlich die Untersuchung der Freimaurerei im Vatikan, die von einem aufrechten Prälaten durchgeführt wurde. Ich habe einige der in Don Murrs Buch beschriebenen Fakten und Personen gekannt und kann die absolute historische Genauigkeit der Ereignisse, deren Zeuge er war, bestätigen. Sein Buch ist nicht nur eine Erinnerung, sondern ein wertvoller historischer Beitrag zum besseren Verständnis einer komplexen Realität wie der der römischen Kurie.“

Zwischen 1972 und 1974 hatten zwei bedeutende Kardinäle, Dino Staffa und Silvio Oddi, bei Paul VI. wiederholt Kardinal Sebastiano Baggio, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe, und Msgr. Annibale Bugnini, Sekretär der Kongregation für den Gottesdienst, beschuldigt, aktive Freimaurer zu sein. Die Infiltration der Freimaurerei in die Zentralregierung der Kirche schien umfassender zu sein, als man es sich hätte vorstellen können.

Auf Vorschlag von Kardinal Benelli beauftragte Paul VI. Msgr. Gagnon mit einer Untersuchung der Römischen Kurie, der sich dieser mit der ihm eigenen Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit widmete. Am 16. Mai 1978 kam es zu einem denkwürdigen Treffen zwischen Paul VI. und Msgr. Gagnon, der ihm das Ergebnis seiner Untersuchung der Römischen Kurie übergab und ihn auf den Ernst der Lage hinwies. Der Papst, müde und leidend, bat Gagnon, die Papiere zu bewahren und sie seinem Nachfolger zu übergeben. Den weiteren Verlauf schildert Murr in einem Zeugnis …

Quelle: katholisches.info

Freimaurerei im Vatikan – ein überzeugendes Zeugnis

Die damaligen rechtgläubigen Hirten der Kirche, Bischöfe und Priester, hätten es vielleicht nicht für möglich gehalten, dass die damaligen Ereignisse nochmals getoppt werden könnten.

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Kirche am Abgrund: Fasten für das Klima

„Klimafasten – Wenn Mutter Erde den Himmel verdrängt“

„Klimareligiöse Instrumentalisierung des christlichen Fastengedankens“

Neuer „Mittelpunkt“: Kirchliche Einladung zum Paradigmenwechsel.
Das leise Abrutschen in das Klima-Heidentum – schnurstracks an der Wirklichkeit vorbei

Eine Katholikin hat den Irrsinn beschrieben, mit dem MISEREOR und zahlreiche BISTÜMER zwar zum Fasten auffordern. Dies jedoch nicht wegen der Umkehr des eigenen Herzens hin zu Gott, sondern um die Erde zu retten.

Der Gedanke, dass dies häretisch sein könnte, kümmert die Macher in diesen Organisationen nicht. Diese Menschen huldigen dem Mainstream, dienen dem Teufel und verlachen Gott. Ihnen zu folgen ist gefährlich, denn wie soll es ausgehen, wenn Blinde Blinde führen?

Pachamama ließ grüßen, und Klimafasten hätte ihr sicher gefallen, der amazonischen Schamanin, die beim Weltwirtschaftsforum in Davos zum Thema „Klima und Natur“ ein heidnisches Ritual zur Beschwörung von Mutter Erde zelebrierte und mit ihrem plosiv ausgespuckten Atem einige geneigte Köpfe der globalistischen Elite beglückte! Doch die Fastenaktion für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit muß sich mit „Gottes nachhaltigem Segen“ begnügen.

So ver(wort)spielt nämlich die gemeinsame Aktion mehrerer Bistümer und Landeskirchen in ihrem 10. Jahr den Segen Gottes für die Fastenapostel nachhaltigen Klimaschutzes. Ein bißchen Mea culpa wegen der Beteiligung am sog. „menschengemachten Klimawandel“ und Verzicht zugunsten der „Armen, die unter uns leiden, v. a. im Globalen Süden“. Und dabei kann man auch noch „Spaß“ haben, z. B. mit „Freund*innen und Kolleg*innen (sic*) beim „Teilen von Fasten-Erfahrungen und Ideen“, in der Gemeindefastengruppe, beim politischen Nachtgebet oder gar beim Klimafrühstück und öko-fairen Abendessen. Einer gemeinsam gepflegten Selbstgerechtigkeit steht so nichts im Wege.

Suffizienz, Kühlschrankmanagement, Energie-Bewußtsein, Teilnahme bei der nächsten Klimademo, das sind nur einige der guten Taten, mit denen die Klimagerechten den tiefen Sinn christlichen Fastens konterkarieren, wo es um einen Verzicht aus Liebe zu Gott geht. Es ist ein zutiefst spirituelles Geschehen, das Buße und innere Einkehr voraussetzt. Wer dagegen auf ein paar Grad Heizungswärme verzichtet, um das Klima zu retten, ist der Erde näher als dem Himmel.

Da macht auch die sparsame schwäbische Hausfrau beim Klimafastenthema Ernährung (Diözese Rottenburg-Stuttgart, wo sonst) keine Ausnahme. Sie preist zwar die „Renaissance des Dampfkochtopfs“, aber sie findet Gott nicht wie die heilige Teresa von Avila auch bei der Küchenarbeit zwischen Kochtöpfen und heiligt so ihren Alltag, sondern bietet Tipps und Tricks für die nachhaltige Küche und Antworten zu so überaus relevanten Themen wie: Was tun mit einem ganzen Suppenhuhn? oder: Der Küchenschwamm – dein Ökosystem. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man sich den Bauch halten vor Lachen und sich dann bei der progressiven Diözese voller Ernst über das indietristische Haus-Frauenbild oder wahlweise die Unsichtbarmachung von Hausmännern beschweren. Oder beides. Exkurs Ende.

Es gibt sogar einen Trailer für die Fastenaktion, in dem der sog. Umweltbischof, Weihbischof Rolf Lohmann, Vorsitzender der Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, auftaucht und verkündet, daß er in der diesjährigen Fastenzeit bewußt auf einen nachhaltigen Konsum achtet und Gemüse, Obst und Käse vom Wochenmarkt ißt. Leider hat er sich vorgenommen, „das Thema auch in der Liturgie verantwortlich anzusprechen, z. B. in der Verkündigung“. Aber klimareligiöser Proselytismus fällt ja sicher nicht unter das Verdikt des Papstes.

Wenn schließlich „die Fastenzeit fast vorbei ist und der ’normale‘ Alltag zurückkehrt“, gilt es natürlich, seinen klimafreundlichen Lebensstil weiter zu perfektionieren und sein gutes Gewissen zu pflegen.

Es bleibt allerdings die Frage, wieso die Fastenzeit mit dem normalen Alltag enden soll und nicht mit der Auferstehung unseres Herrn und Erlösers an Ostern. Na ja, das kann schon passieren, wenn man weniger ins Evangelium schaut, als auf das Heizungsthermometer starrt, und im Kalenderjahr der selbsternannten Selbsterlöser nur noch die Klimademos zählen. Oder die Verheißungen der Glücksforschung, die zeigt, „daß ab einem gewissen Grad von materiellem Wohlstand die Zufriedenheit nicht weiter zunimmt“ und es damit „befreiend“ sein kann, weniger zu konsumieren.

Ziel ist dabei nicht der Himmel, sondern irdisches Glück und eine „lebenswerte Zukunft“. Es geht nicht um Aschermittwoch und Karfreitag und auch nicht um Beichte und Buße. Und eben auch nicht um Ostern. Denn der Auferstehung und unserer Erlösung geht Christi Opfer voraus, und die österliche Freude können wir nur in ihrer Fülle erfahren, wenn wir um unsere Erlösungsbedürftigkeit und irdische Endlichkeit wissen und uns durch Fasten und Buße auf Ostern vorbereiten.

Siehe katholisches 

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Pater Alfred Delp über die Wirklichkeit des Advents

Der Märtyrers Alfred Delp SJ wurde von Hitlers Schergen als Widerstandskämpfer ermordet. Sein letzter Advent auf Erden war im 1944. Er schrieb im Gefängnis mit gefesselten Händen seine berühmt gewordene Adventspredigt:

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Es fehlt vielleicht uns modernen Menschen nichts so sehr als die echte Erschütterung: wirklich da, wo das Leben fest ist, eine Festigkeit zu spüren, und da, wo es labil ist und unsicher ist und haltlos ist und grundlos ist, das auch zu wissen und das auch auszuhalten. Das ist vielleicht die allerletzte Antwort auf die Frage, warum uns Gott in diese Zeit geschickt hat und warum er diese Wirbel über die Erde gehen lässt und warum er uns so in Chaos hineinhält und ins Aussichtslose und ins Dunkle und warum von all dem kein Ende abzusehen ist: weil wir in einer ganz falschen und unechten Sicherheit auf der Erde gestanden haben.

Und jetzt lässt Gott die Erde einmal dröhnen, und jetzt schüttelt er einmal und erschüttert er einmal, nicht um eine falsche Angst hervorzurufen – ich spreche noch davon –, sondern um uns eines wieder zu lehren: das innerliche Bewegtwerden des Geistes. Vieles von dem, was heute geschieht, wäre nicht geschehen, wenn die Menschen in dieser inneren Bewegung und Unruhe des Herzens gewesen wären, in die der Mensch gerät vor Gott, dem Herrn, und dem klaren Blick auf die Dinge, wir sie sind; er hätte dann die Hand von vielen gelassen, was uns das Leben durcheinander gerührt hat und irgendwie zerschüttelt und zerschlagen hat; der Mensch hätte die inneren Instanzen gesehen, hätte die Grenzen gesehen und die Zuständigkeiten abstimmen können. Aber der Mensch stand auf dieser Erde mit einem falschen Pathos, mit einer falschen Sicherheit, mit einem inneren Wahn, der wirklich glaubte, dass die eigene Hand und der eigene Arm reicht, um Sterne vom Himmel zu holen und ewige Lichter in der Welt anzuzünden und von sich her die Gefahren zu wenden und die Nacht zu bannen und das innere Beben des Kosmos gleichsam auszuschalten und aufzuhalten und das Ganze einzuspannen und einzufügen in endgültige Ordnung, die nun stünde.

Das ist die erste Adventsbotschaft: Vor dem Letzten wird die Welt ins Beben geraten. Und nur da, wo der Mensch innerlich nicht an falschen Sicherheiten hängt, da wird sein Auge fähig sein, den Letzten zu sehen und den Dingen auf den Grund zu kommen und sich selbst und sein Leben zu bewahren vor diesen pädagogischen Schrecken und Schrecknissen, in die dann Gott, der Herr, die Welt versinken lassen muss, damit wir, wie Paulus sagt, vom Schlaf erwachen und sehen, es ist ab und zu Zeit zur Umkehr, es ist ab und zu Zeit, die Dinge zu ändern, es ist ab und zu Zeit, zu sagen: gut, es war Nacht, aber lasst es Nacht gewesen sein, und entschließen wir uns jetzt zum Tag, und zwar mit Entschlüssen, die eben kommen aus diesen erlebten Schrecknissen und aus diesen erlebten Zusammenhängen und die deswegen gerade in der Unsicherheit unerschütterlich sind.

Wenn wir das Leben noch einmal wandeln wollen und wenn noch einmal wirklich Advent werden soll, Advent der Heimat und Advent der Herzen, und Advent des Volkes und Advent der Völker, und in all dem ein Kommen des Herrn, dann ist das die eine große Advent-Frage für uns, ob wir aus diesen Erschütterungen heraus kommen mit dem Entschluss: Ja, aufstehen! Es ist Zeit, vom Schlafe zu erwachen. Es ist Zeit, dass irgendwie ein Wecken beginnt, und es ist Zeit, dass man die Dinge wieder stellt, wie sie von Gott, dem Herrn, gestellt sind. Und dass nun der einzelne sich daran begibt, mit der Unerschütterlichkeit, mit der der Herr kommen wird, das Leben da, wo es ihm offen liegt, wirklich in diese Ordnung zu fügen, und das Leben da, wo es sein Wort vernimmt, wirklich um die Botschaft nicht zu betrügen, und das Leben, wo es vor den eigenen Augen rebelliert zurechtzuweisen.

Es fehlen heute die Menschen, die aus den letzten Erschütterungen kommen mit dem Wissen und dem Bewusstsein: Die auf den Herrn schauen, die werden in einem letzten Punkt nicht angerührt, auch wenn man sie aus dem Erdkreis hinausjagt.

Und die Adventsbotschaft aus dieser Begegnung des Menschen mit dem Absoluten, mit dem Letzten, das Evangelium, war die Botschaft von der Erschütterung, dass am Ende die Welt erschüttert sein wird. Und dass dann der Menschensohn kommen wird, das was auch mehr als eine historische Prophezeiung, das war auch ein Gesetz, dass irgendwie Kommen Gottes und Erschütterung des Menschen zusammenhängen und dass dann, wenn der Mensch innerlich erschüttert ist, innerlich einer echten Erschütterung unfähig wird und stur wird und hart wird und oberflächlich wird und billig wird, dass dann Gott, der Herr, von sich aus die Weltgeschichte anrührt und uns beibringt, was das heißt, in die Erschütterung gestellt zu sein und innerlich angerührt zu werden. Und dass dann die große Frage an uns ist, ob wir noch einer echten Erschütterung fähig sind oder ob das so bleiben soll, dass wir tausend und tausend Dinge ansehen, dass wir wissen von den und wissen von jenen Dingen, die uns nicht schmecken, von Dingen, von denen wir wissen, sie sollen nicht sein, und dass wir uns an all das gewöhnen. An was haben wir uns schon gewöhnt im Lauf der Jahre, im Lauf der Wochen und Monate und stehen unerschüttert da, ungerührt, innerlich unbewegt!

Advent ist eine Zeit der Erschütterung, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst. Die Voraussetzung des erfüllten Advent ist der Verzicht auf die anmaßenden Gebärden und verführerischen Träume, mit denen und in denen sich der Mensch immer wieder etwas vormacht. Er zwingt so die Wirklichkeit, ihn mit Gewalt zu sich zu bringen, mit Gewalt und viel Not und Leid.

Das erschütterte Erwachen gehört durchaus in den Gedanken und das Erlebnis des Advents. Aber zugleich gehört viel mehr dazu. Das erst macht ja die heimliche Seligkeit dieser Zeiten aus und zündet das innere Licht in den Herzen an, dass der Advent gesegnet ist mit den Verheißungen des Herrn. Die Erschütterung, das Aufwachen: damit fängt das Leben ja erst an, des Advents fähig zu werden. Gerade in der Herbheit des Aufwachens, in der Hilflosigkeit des Zusichselbstkommens, in der Erbärmlichkeit des Grenzerlebnisses erreichen den Menschen die goldenen Fäden, die in diesen Zeiten zwischen Himmel und Erde gehen und der Welt eine Ahnung von der Fülle geben, zu der sie gerufen und fähig ist.

Der Mensch soll sich die reflexen Adventsüberlegungen ähnlicher Art nicht schenken. Er soll auch immer wieder einmal das innere Auge schauen und das Herz schweifen lassen. Er wird dem adventlichen Ernst und dem adventlichen Segen dann auch noch anders begegnen. Er wird Gestalten sehen, gelungene und gekonnte Menschen dieser Tage und aller Tage, in denen die Adventsbotschaft und der Adventssegen einfach da sind und leben und beglückend oder erschütternd, tröstend und erhebend den Menschen anrufen und anrühren.

Menschen dieser Tage und aller Tage habe ich gesagt. Drei Typen meine ich vorab: den Rufenden in der Wüste; den kündenden Engel; die gesegnete Frau.

Der Rufende in der Wüste. Wohl einer Zeit, die ehrlich von sich meinen darf, sie sei keine Wüste. Wehe aber einer Zeit, in der die Stimmen der Rufenden in der Wüste verstummt sind, überschrien vom Tageslärm oder verboten oder untergegangen im Fortschrittstaumel oder gehemmt und leiser geworden aus Furcht und Feigheit. Die Verwüstung wird bald so schrecklich und allseitig geschehen, dass den Menschen das geschriebene Wort Wüste wieder von selbst einfällt. Ich glaube, wir wissen das.

Aber immer noch erheben die rufenden Stimmen nicht ihre Klage und Anklage. Die Johannesgestalten dürfen keine Stunde im Bild des Lebens fehlen. Diese geprägten Menschen vom Blitz der Sendung und Berufung getroffen. Ihr Herz ist ihnen voraus, und deswegen ist ihr Auge so hellsichtig und ihr Urteil so unbestechlich. Sie rufen nicht um des Rufens willen oder der Stimme wegen. Oder weil sie den Menschen die schönen Stunden der Erde neideten, da sie ja selbst ausgemeindet sind aus den kleinen trauten Kreisen des Vordergrundes. Sie haben den großen Trost, den nur der kennt, der die innersten und äußersten Grenzen des Daseins abgeschritten ist.

Sie rufen den Segen und das Heil. Sie rufen den Menschen vor seine letzte Chance, während sie schon den Boden beben spüren und das Gebälk knistern und die festesten Berge innerlich wanken sehen und die Sterne des Himmels sogar in Ungeborgenheit hängend schauen. Sie rufen den Menschen in die Möglichkeit, die wandernde Wüste, die ihn überfallen und verschütten wird, aufzufangen durch die größere Kraft des bekehrten Herzens.

Ach Gott, der Mensch heute weiß es ganz praktisch wieder, was es heißt, Schutt wegzuräumen und Wege wieder eben zu machen. Er wird es noch lange Jahre wissen und tun müssen. Dass doch die rufenden Stimmen aufklingen, die die Wüste deuten und die Verwüstung von innen her überholen. Dass die Adventsgestalt des Johannes, des unerbittlichen Sendlings und Mahnboten im Namen Gottes, in unsern Trümmerwüsten kein Fremdling bleibe. Von diesen Gestalten hängt viel ab für unser Leben. Denn wie sollen wir hören, wenn keiner ruft und das Toben der wild gewordenen Zerstörung und Verblendung wirklich überbietet?

Der kündende Engel. Den diesjährigen Advent sehe ich so intensiv und ahnungsvoll wie noch nie. Wenn ich in meiner Zelle auf und ab gehe, drei Schritte hin und drei Schritte her, die Hände in Eisen, vor mir das ungewisse Schicksal, dann verstehe ich ganz anders als sonst die alten Verheißungen vom kommenden Herrn, der erlösen und befreien wird.

Und immer kommt mir dabei in die Erinnerung der Engel, den mir vor zwei Jahren zum Advent ein guter Mensch schenkte. Er trug das Spruchband: „Freuet euch, denn der Herr ist nahe.“ Den Engel hat die Bombe zerstört. Den guten Menschen hat die Bombe getötet, und ich spüre oft, dass er mir Engelsdienste tut.

Der Schrecken dieser Zeit wäre nicht auszuhalten – wie überhaupt der Schrecken, den uns unsere Erdensituation bereitet, wenn wir sie begreifen -, wenn nicht dieses andere Wissen uns immer wieder ermunterte und aufrichtete, das Wissen von den Verheißungen, die mitten im Schrecken gesprochen werden und gelten, und das Wissen von den leisen Engeln der Verkündigung, die ihre Segensbotschaft sprechen in die Not hinein und ihre Saat des Segens ausstreuen, die einmal aufgehen wird mitten in der Nacht. Es sind noch nicht die lauten Engel des Jubels und der Öffentlichkeit und der Erfüllung, die Engel des Advent. Still und unbemerkt kommen sie in die Kammern und vor die Herzen wie damals. Still bringen sie die Fragen Gottes und künden uns die Wunder Gottes, bei dem kein Ding unmöglich.

Der Advent ist trotz allem Ernst geborgene Zeit, weil an ihn eine Botschaft erging. Ach, wenn die Menschen einmal nichts mehr wissen von der Botschaft und den Verheißungen, wenn sie nur noch die vier Wände und die Kerkerfenster ihrer grauen Tage erleben und nicht mehr die leisen Sohlen der kündenden Engel vernehmen und ihr raunendes Wort uns die Seele nicht mehr erschüttert und erhebt zugleich, dann ist es geschehen um uns. Dann leben wir verlorene Zeit und sind tot, lange bevor sie uns etwas antun.

An den goldenen Samen Gotts glauben, den die Engel ausgestreut haben und noch immer noch den offenen Herzen anbieten, das ist das erste, was der Mensch zu seinem Leben tun muss. Und das andere: selbst als kündender Bote durch diese grauen Tage gehen. So viel Mut bedarf der Stärkung, so viel Verzweiflung der Tröstung, so viel Härte der milden Hand und der aufhellenden Deutung, so viel Einsamkeit schreit nach dem befreienden Wort, so viel Verlust und Schmerz sucht einen inneren Sinn. Gottes Boten wissen um den Segen, den der Herrgott auch in diese geschichtlichen Stunden hineingesät hat. Gläubig harren auf die Fruchtbarkeit der schweigenden Erde und die Fülle der kommenden Ernte, das heißt die Welt, auch diese Welt im Advent verstehen. Gläubig harren: aber nicht mehr, weil wir der Erde trauen oder unserm Stern oder dem Temperament und dem guten Mut, nur noch weil wir die Botschaften Gottes vernommen haben und von seinen kündenden Engeln wissen und selbst einem begegnet sind.

Die gesegnete Frau. Sie ist die tröstliche Gestalt des Advent. Dass die Verkündigung des Engels das bereite Herz fand und dass das Wort Fleisch wurde und im heiligen Raum des mütterlichen Herzens die Erde weit über sich hinauswuchs in die gottmenschliche Welt hinein: das ist die heilige Tröstung des Advent. Was nützen uns Ahnung und Erlebnis unserer Not, wenn keine Brücke geschlagen wird zum anderen Ufer? Was hilft uns der Schrecken über Irrung und Wirrung, wenn kein Licht aufleuchtet, das dem Dunkel gewachsen und überlegen bleibt? Was nützt uns der Schauder in der Kälte und Härte, in denen die Welt erfriert, je tiefer sie in sich selbst sich verliert und ertötet, wenn wir nicht zugleich von der Gnade erfahren, die mächtiger ist als die Gefährdung und die Verlorenheit?

Es haben die Dichter und Mythenerfinder und sonstige Geschichten- und Märchenerzähler der Menschheit immer wieder von den Müttern geredet. Sie haben einmal die Erde gemeint, ein andermal die Natur; sie haben die geheimnisvollen schöpferischen Brunnenstuben des Alls mit diesem Wort erschließen wollen und das quellende Lebensgeheimnis beschwören. In all dem lag und liegt Hunger und Ahnung und Sehnsucht und ein adventliches Warten auf diese gesegnete Frau.

Dass Gott einer Mutter Sohn wurde, dass eine Frau über die Erde gehen durfte, deren Schoß geweiht war zum heiligen Tempel und Tabernakel Gottes, das ist eigentlich die Vollendung der Erde und die Erfüllung ihrer Erwartungen.

So vielerlei adventlicher Trost geht von dieser verborgenen Gestalt der gesegneten und wartenden Maria aus. Dass dieses der Erde gegeben ward, diese Frucht zu bringen! Dass die Welt vor Gott erscheinen durfte mit der bergenden Wärme, aber auch der dienenden und darum so sicheren Zuständigkeit des mütterlichen Herzens!

Die grauen Horizonte müssen sich lichten. Nur der Vordergrund schreit so laut und aufdringlich. Weiter hinten, wo es um die eigentlichen Dinge geht, ist die Lage schon anders. Die Frau hat das Kind empfangen, es unter ihrem Herzen geborgen und hat den Sohn geboren. Die Welt ist in ein anderes Gesetz geraten. Das sind ja alles nicht nur die einmaligen geschichtlichen Ereignisse, auf denen unser Heil beruht. Das sind zugleich die typischen Gestalten und Geschehnisse, die die neue Ordnung der Dinge, des Lebens, unseres Daseins anzeigen.

Wir müssen heute mutig daran denken, dass die gesegnete Frau von Nazareth eine dieser erhellenden Gestalten ist. Tiefer im Sein tragen auch unsere Tage und unsere Schicksale den Segen und das Geheimnis Gottes. Es kommt nur darauf an zu warten und warten zu können, bis ihre Stunde kommt.

Dreimal Advent als heilige und zugleich symbolische Gestalt. Das soll keine idyllische Kleinmalerei sein, sondern eine Anrede an mich und an dich, lieber Freund, wenn dich diese Blätter je finden. Es soll dies aber nicht zuerst schön gesagt sein, sondern es soll die Wahrheit sein, an der ich mich messen und ausrichten und wieder aufrichten will, wenn die vordergründige Last dieser Tage zu schwer und verführerisch verwirrend wird!

Lasst uns also hinknien und um den dreifachen Adventsegen und die dreifache Weihe des Advent bitten.

Lasst uns bitten um die Offenheit und Willigkeit, die Mahnboten des Herrn zu hören, und durch die Umkehr der Herzen die Verwüstung des Lebens überwinden. Lasst uns die ernsten Worte der Rufenden nicht scheuen und unterschlagen, damit nicht die, die heute unsere Henker sind, morgen noch einmal unsere Ankläger sind wegen der verschwiegenen Wahrheit.

Und wieder lasst uns hinknien und bitten um die hellen Augen, die fähig sind, Gottes kündende Boten zu sehen, um die wachen Herzen, die kundig sind, die Worte der Verheißung zu vernehmen. Die Welt ist mehr als ihre Last und das Leben mehr als die Summe seiner grauen Tage. Die goldenen Fäden der echten Wirklichkeit schlagen schon überall durch. Lasst uns dies wissen und lasst uns selbst tröstender Bote sein. Durch den die Hoffnung wächst, der ist ein Mensch selbst der Hoffnung und der Verheißung.

Und noch einmal wollen wir knien und bitten um den Glauben an die mütterliche Weihe des Lebens in der Gestalt der gesegneten Frau von Nazareth. Das Leben ist den grausamen und unbarmherzigen Mächten entrissen, auch und heute und für immer. Lasst uns geduldig sein und warten, adventisch warten auf die Stunde, in der es dem Herrn gefällt, auch in dieser Nacht als Frucht und Geheimnis dieser Zeit neu zu erscheinen.

Advent ist Zeit der Verheißung, noch nicht der Erfüllung. Noch stehen wir mitten im Ganzen und in der logischen Unerbittlichkeit und Unabweisbarkeit des Schicksals. Noch sieht es für die gehaltenen Augen so aus, als ob die endgültigen Würfel doch da unten in diesen Tälern, auf diesen Kriegsfeldern, in diesen Lagern und Kerkern und Kellern geworfen würden. Der Wache spürt die anderen Kräfte am Werk, und er kann ihre Stunde erwarten.

Noch erfüllt der Lärm der Verwüstung und Vernichtung, das Geschrei der Selbstsicherheit und Anmaßung, das Weinen der Verzweiflung und Ohnmacht den Raum. Aber ringsherum am Horizont stehen schweigend die ewigen Dinge mit ihrer uralten Sehnsucht. Über ihnen liegt bereits das erste milde Licht der kommenden strahlenden Fülle. Von dorther erklingen erste Klänge wie von Schalmeien und singenden Knaben. Sie fügen sich noch nicht zu Lied und Melodie; es ist alles noch zu fern und erst verkündet und angesagt. Aber es geschieht. Dies ist heute. Und morgen werden die Engel laut jubelnd erzählen, was geschehen ist, und wir werden es wissen und werden selig sein, wenn wir im Advent geglaubt und getraut haben.

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Alfred Delp wuchst in Mannheim und Lampertheim-Hüttenfeld auf und entschied sich nach seiner evangelischen Konfirmation für den Katholizismus. Nach dem Abitur am Konvikt in Dieburg wurde er Jesuit, machte das Noviziat und studiert Philosophie. Zunächst Erzieher im Internat des Jesuitenkollegs in Feldkirch wird er anschließend Präfekt am Jesuitenkolleg in St. Blasien. Nach dem Theologiestudium wird Alfred Delp 1937 zum Priester geweiht. Als Kaplan in München ist er als begeisternder Redner und Prediger auch Redakteur und Autor in der jesuitischen Monatsschrift „Stimmen der Zeit“, die 1941 verboten wurde. Delp gehörte dem „Kreisauer Kreis“ um Helmuth James Graf von Moltke an. Am 28. Juli 1944 wird er von den Nationalsozialisten verhaftet, am 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

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Bischof Klaus Hemmerle über Weihbischof August Peters

Bischof Klaus Hemmerle (* 3. April 1929, † 23. Januar 1994) starb an einer Krebserkrankung, die ihn als Oberhirte von Aachen mehrere Monate sehr beeinträchtigte. Einige Jahre vor seinem Tod hat er seinem Weihbischof August Peters, der jünger war als er und ebenfalls an einer Krebserkrankung starb, einen Nachruf gewidmet. Darin kann man erkennen welche Hochachtung der damalige Bischof von Aachen August Peters entgegenbrachte.

Bereits am 3. November 2023 waren in der TAGESPOST drei Leserbriefe zu lesen, die mit harscher Kritik auf die Veröffentlichung von Namen verstorbener (angeblicher!?) Missbrauchstäter und Beschuldigter (!) durch das Bistum Aachen reagierten. Insbesondere die Worte des Cousins des Weihbischofs, Prof. Dr. Leo Peters, lassen aufhorchen. Daraus ein kurzer Abschnitt:

„Lange und gründlich habe ich mir überlegt, ob ich mich zu der bistumsinternen Anklage gegen meinen Vetter Weihbischof August Peters öffentlich äußern soll (DT vom 26. Oktober). Natürlich setze ich mich dabei der Gefahr des Vorwurfs aus, befangen zu sein. Dennoch stelle ich meine Zweifel an der Opportunität meiner folgenden Aussagen zurück.

Wenn es je einen Menschen gab, dessen Leben ich aufgrund langjähriger Kenntnis für heiligmäßig ansehe, dann ist es Weihbischof August Peters, ein Mensch, lauter, selbstlos, stets den Menschen, besonders den schwachen, kranken und armen zugewandt, immer seinen Wahlspruch vor Augen „Quaerite, ubi Christus est“ (Suchet wo Christus ist).

Ich glaube den erhobenen Vorwürfen nicht, weil sie dem Bild von ihm, das ich aus der persönlichen Nähe gewonnen habe, diametral widersprechen. Wie leichtfertig und kalt geht Bischof Helmut Dieser dagegen mit nicht nachprüfbar erhobenen Vorwürfen gegen einen hoch angesehenen Priester um, dessen angebliche Taten ein halbes Jahrhundert zurückliegen und gegen die der vor 37 Jahren verstorbene Weihbischof sich nicht mehr wehren kann! Unschuldsvermutung, normalerweise eine gängige Forderung, wird beiseite geschoben.

Die Bistumsspitze wäre gut beraten, sich nicht dem Eindruck selbstgerechter Saubermännermentalität auszusetzen und dem Verdacht, bei bestimmten Medien und kirchenkritischen Kreisen punkten zu wollen.“

Ein Katholik muss sich seiner Sündhaftigkeit immer bewusst sein. Das sollte sich auch in der Art und Weise seiner Äußerungen zeigen. Ja, es gibt menschliche Defizite, die möglicherweise irgendwann einmal öffentlich werden könnten. Gerade dann, wenn diese durch Enthüllungen aufgedeckt werden, sollten Christen nicht in Triumphgeheul verfallen. Niemand sollte an den Pranger gestellt werden. Denn vielleicht lenken wir durch unsere Finger, mit denen wir auf andere zeigen, nur von uns selbst ab. Sollen wir nicht zuerst den Balken im eigenen Auge entfernen, bevor wir den Splitter im Auge des anderen sehen wollen?

Wohl wissend, dass man bei jedem Menschen nur vor die Stirn blicken kann und niemanden wirklich kennt um womöglich seine Hand für jemanden ins Feuer legen kann, so schließe ich mich – selbst Zeuge der Person des Weihbischofs -, der Familie von August Peters an, die kundtut, Bischof Dieser wegen Verleumdung anzuzeigen.

Wir veröffentlichen nachstehend den Nachruf von Bischof Hemmerle um deutlich zu machen, wie verdächtig es ist, wenn Jahre später der Bischof von Aachen verkündet, August Peters habe sich an einem Mädchen vergangen.

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Bischof Klaus Hemmerle

Weihbischof August Peters [1931–1986]

Als im April 1981 bekannt wurde, daß Papst Johannes Paul II. den Pfarrer an Liebfrauen in Krefeld, August Peters, zum Weihbischof in Aachen ernannt habe, löste dies eine ungewöhnlich breite und starke Welle freudiger Zustimmung im gesamten Bistum Aachen aus. Nicht minder groß und allgemein war die Teilnahme, als er am 3. Mai 1986 im Alter von 55 Jahren heimgerufen wurde. Doch war da mehr und anderes als bloß die Trauer; denn Weihbischof August Peters blieb einfach „da“. Er ging dorthin, wo er mit seinem Herzen im Leben schon war, und die Transparenz seines Wesens und Wirkens für den nahen und liebenden Gott blieb in den Ungezählten Gegenwart, denen er Wegbegleiter und Freund gewesen war.

Daß Weihbischof August Peters im Bistum Aachen ein so herzliches Willkommen als Weihbischof fand, hat seine Wurzeln in derselben Strahlkraft seines Mensch- und Priesterseins, die ihn ohne besondere Funktionen und Positionen, ohne aufzählbare Publikationen oder Werke zu einem der am meisten in seinem Rat und Wort geschätzten Priester des gesamten Diözesanklerus hat werden lassen.

In der Tat ist an den äußeren Lebensdaten nicht viel Außergewöhnliches abzulesen: August Peters wurde am 27. Mai 1931 in Kaldenkirchen geboren, wuchs dort in einer gediegenen katholischen Familie auf, deren enges und vielfältiges Netz ihm zeitlebens kostbar und tragend blieb; sein Studium der Philosophie und Theologie persolvierte er ordnungsgemäß als Priesteramtskandidat des Bistums Aachen und wurde am 1. März 1958 in Aachen zum Priester geweiht. Sodann war er von 1958 bis 1963 Kaplan in Setterich. Im September 1963 trat er den Dienst als Kaplan in St. Hubert in Willich-Schiefbahn an. Dort wirkte er – seit 1968 als Pfarrvikar und von 1971 an als Titularpfarrer – bis zu seiner Ernennung 1980 zum Pfarrer der Pfarrei Liebfrauen in Krefeld. Seine außerordentliche Bereitschaft, einfach dazusein, wo er gebraucht wird, ließ ihn bei seinem hochgeschätzten Pfarrer Dr. Brück und in seiner geliebten Gemeinde Schiefbahn, St. Hubert, aushalten weit über die Zeiten hinaus, die normalerweise hierzulande für einen Kaplansdienst vorgesehen sind. Die Verleihung des Pfarrertitels und die Bestellung zum Dechanten änderten nichts daran: er war in Schiefbahn der brüderlich Mittragende, der sich in seelsorglichem Eifer verzehrte, ohne auf Rang und Macht zu achten. Seine kurze Tätigkeit als Pfarrer an Liebfrauen in Krefeld ließ ihn sofort die Herzen dieser Gemeinde gewinnen, der er für lange Zeit Hirte zu sein hoffte. So waren denn auch die Menschen in dieser Pfarre schier die einzigen, bei denen die Freude über den neuen Weihbischof sich mit dem Schmerz über einen zugemuteten Abschied verband.

Wo waren sodann die Lebensorte von August Peters als Weihbischof während der fünf Jahre, die er diesen Dienst ausfüllte? Es genügt keineswegs, seine Wohnung am Aachener Katschhof zu nennen. Sakramentskapelle und Bischofsgruft im Aachener Dom waren Schwerpunkte seines Daseins. In den Pfarreien des Bistums war er oft und mit Freude, in den vielen Sitzungen und Konferenzen innerhalb und außerhalb des Bistums war er treu, aber mit „leicht stöhnender“ Geduld. Wo Menschen verborgen Rat und Hilfe brauchten, wo Priester sich zur Suche geistlichen Weges und zur Pflege gemeinsamen Gebetes versammelten, wo es um das Bußsakrament und die Begleitung von Berufungswegen ging, da brachte er sein Herz und seine Zeit mit.

Diese knappen „Ortsangaben“ bezeichnen bereits mehr als die äußeren Daten seines Lebens, wo Antwort auf die Frage zu suchen ist: Was war das Geheimnis dieses Bischofs und Priesters, was hat ihn aus der Stille heraus zum Freund und Bruder so vieler werden lassen?

Ich möchte nun versuchen, aus den fünf mir so kostbaren Jahren unseres gemeinsamen Wirkens im bischöflichen Dienst, besonders aber aus seiner letzten schweren Leidenszeit, vielfältige Beobachtungen so zusammenzufügen, daß im Bild seiner Persönlichkeit eine Mitte, ein Grundansatz sichtbar wird.

Diese Mitte, dieser Grundansatz ist: August Peters hat ganz klein von sich selbst gedacht, aber viel mehr noch hat er groß von Gott und seiner Liebe gedacht. Klein von sich und groß von Gott denken, kritisch sich selbst und vertrauensvoll Gott sehen: das ist der einfache und in allem durchklingende Grundton seines Wesens. In einem wenige Monate vor seinem Sterben geschriebenen Brief an jene, die ihm nahe waren, drückt er das in unüberbietbarer Klarheit aus: „Das einzige absolut Sichere ist mir dies, daß ich im Tod nicht tiefer falle als in Gottes große, gute Hand! Zwar bin ich IHM ganz viel schuldig geblieben, doch glaube ich ganz fest, daß seine Liebe größer ist…“

Diese einfache und elementare Überzeugung, ja Erfahrung, die August Peters trug, entfaltete sich in einer Reihe von Eigenschaften und Haltungen, die das Ganze seines Wesens, Lebens und Wirkens prägen.

Da ist als erstes die Anbetung zu nennen. Im schon zitierten Brief schreibt er: „Vergeßt nicht die Anbetung! In der Anbetung habe ich die dichtesten Stunden meines Lebens erlebt.“ Anbetung, das heißt: sein eigenes Kleinsein hineinhalten in Gottes Größe, alles, was uns bedrängt und wichtig ist, was uns „groß“ erscheint, hineinhalten in die Wirklichkeit Gottes und es von hierher klein werden lassen; Anbetung läßt so durchdringen zu jener Gelassenheit, zu jenem Gleichgewicht, das uns über das bloße Agieren und Reagieren hinausführt. Genauso haben Ungezählte August Peters erlebt: er kam gewissermaßen „vom Berge der Anbetung“, fand aber gerade so hin zu den Niederungen des Lebens, dorthin, wo die Menschen mit ihren Sorgen sind.

Dem Wort „Anbetung“ steht ein zweites zur Seite: Treue. Wenn es wirklich auf Gott ankommt, wenn Gott wirklich groß, ja der einzig Große ist, wenn er die Liebe ist, dann wäre es Schizophrenie, Anbetung auf einige Augenblicke zu beschränken und im übrigen „nebenan“ ein neutrales Leben zu führen. Treue als Durchtragen empfangener Gnaden und getroffener Entscheidungen, Konsequenz in der Anlage und im Gehen des Lebensweges, Gewissenhaftigkeit im Erfüllen des einmal Übernommenen, dies war ein festes Gerüst, welches das durch Verstehen und Freundlichkeit durchstimmte Menschsein von August Peters hielt und trug und zugleich ihn zum Orientierungspunkt und Maßstab für viele werden ließ.

Es mag überraschen, wenn nach Anbetung und Treue als nächstes Stichwort ein scheinbar andersartiges fällt: Humor. August Peters lachte gerne, vermochte die schlagfertige Bemerkung, die aufdeckt, aber nicht bloßstellt. Humor im Sinne von Weihbischof Peters ist die Freiheit des Kleinen, der sich vom großen Gott geliebt weiß und deswegen sich, wie er ist, ihm zumutet. In anderer Wendung: Humor ist jenes freundliche Lächeln, das Barmherzigkeit erst ganz barmherzig sein läßt.

Die liebende Annahme des eigenen Kleinseins vor dem großen Gott prägte auch und gerade den Stil der Seelsorge von August Peters. Weil er sich selbst klein wußte, war er einer unverstellten und unmittelbaren Nähe zu allen und gerade zu den Kleinsten und Schwächsten fähig. Sie hatten einen besonderen Platz in seinem Herzen und in seiner Sorge.

Er hatte nicht den Ballast eigener Ideologien und selbstgezimmerter Ideale, die ihn den anderen nicht verstehen ließen oder dem anderen sich auferlegten. Er wurde so ein hinhörender, von sich selbst freier Mutmacher, Wegbegleiter, Freund. Er selber kannte den kleinen Weg und war deswegen gefragt und glaubwürdig als Ratgeber und Wegweiser.

Die Kehrseite seiner gelebten Solidarität mit den Kleinen und mit allen, die seinen Rat und seine Hilfe brauchten, war freilich der Sinn für die Größe Gottes, der ihn zum Schützer des Heiligen, zum sensiblen Sachwalter der auch gegen den Strom gängiger Meinungen zu wahrenden Werte und Wahrheiten machte. Rechthabende Enge war ihm fremd, leichtfertiger Umgang mit der Wirklichkeit des Heiligen und auch mit den Gütern der Überlieferung aber verletzte ihn, betraf ihn. Die Gleichzeitigkeit seiner Zuwendung zu den Kleinen und seiner Ehrfurcht vor dem Großen schärfte in ihm die Gabe der Unterscheidung.

Der große Gott und das kleine Ich – dies prägte auch den Lebensstil von August Peters, der von Einfachheit und Anspruchslosigkeit, von Liebe zur evangelischen Armut geprägt war. Diese Liebe zur Armut aber machte ihn nicht zum herben Asketen, sondern ließ ihn fähig bleiben und vielleicht sogar immer mehr werden, die Geschenke, die Gott in den Alltag hineinlegte, mit der Dankbarkeit und Freude des Kindes anzunehmen. Ich erinnere mich da an eine Reise, die wir gemeinsam zu machen hatten; auf dem Rückweg suchten wir, nahe meiner Freiburger Heimat, ein Restaurant zum Abendessen. Ich machte beiläufig darauf aufmerksam, daß wir soeben an einer recht guten Adresse für Feinschmecker vorbeikämen, doch daß dies wohl nichts für uns wäre. Er stellte die Frage: „Warum nicht?“ und hatte noch lange Zeit nachher immer wieder Freude, von der dort mit Genuß verzehrten „badischen Schneckensuppe“ zu plaudern.

Wer von einem Menschen sprechen will, der muß von dessen Freunden sprechen. Sie geben mit die beste „Definition“ seines Wesens. August Peters hatte viele Freunde, und – hiervon war schon die Rede – es waren die Kleinen und Schwachen und Unscheinbaren, jene, die Trost und Rat und Hilfe brauchten, aber auch viele, die mit ihm gemeinsam einen geistlichen Weg suchten. Einer besonderen „Kategorie“ von Freunden wandte sich August Peters in seinem zitierten Abschiedsbrief zu. Er schrieb von jenen, auf deren Gemeinschaft er sich freute und denen er im Angesicht des Todes entgegenging. Außer Jesus und seiner Mutter stehen da die Namen: Paulus, Augustinus, Franz von Assisi, Charles de Foucauld. In Paulus und Augustinus blitzen sofort die beiden Pole auf, die das Wesen von August Peters bestimmen: der allein große Gott – das durch Ohnmacht und Sünde gekennzeichnete, aber von Gottes Erbarmen gerettete und geheilte Ich. Es war dieselbe Grundstruktur in diesen beiden Heiligen, die August Peters anzog. Natürlich ist dies auch die Grundstruktur eines Franz von Assisi; doch was bei ihm das Herz von August Peters in Schwingungen versetzte, ist jene unverwechselbare Freude, die ihn gerade als den „kleinen Bruder Franz“ angesichts der Größe Gottes erfüllte und mit allen Geschöpfen liebend verbunden sein ließ. Und diese Linie führt weiter zum Namen von Charles de Foucauld, der sich selbst den „kleinen universalen Bruder“ nannte. In der Spiritualität von Charles de Foucauld fand Weihbischof Peters die Freunde, die mit ihm gemeinsam den Weg gingen; hier war seine geistliche Quelle. Charles de Foucauld, das heißt: das Leben teilen mit den Ärmsten und Schwächsten, mehr wirken durch Sein als durch Tun, ganz gleichförmig werden mit dem kleinen und armen Jesus, leben aus der Anbetung, Verweilen vor dem eucharistischen Herrn, der zum Maß, zum Bild und zur Kraft des eigenen Lebens wird.

Solche geistliche Freundschaft, die über die engen Räume unseres Lebens hier und jetzt hinausführt, ließ August Peters aber nicht die Erdung verlieren. Die eigene Heimat, die eigene Familie, die unmittelbaren Nächsten gehörten für ihn zum „heiligen Lebensraum“, von dem er sich nicht selbstmächtig abkoppelte, sondern den er mit neuer Liebe und Hingabe übernahm. So wurde August Peters zum Geschenk für die Seinen, zum Geschenk für die Menschen vom Niederrhein, zum Geschenk für das Bistum Aachen, freilich immer mit dem Blick, der weiter sieht. Weltkirche, Einsatz für die Glaubensnot und Brotnot der Dritten Welt, das gehörte in seinem Leben, Denken, Wirken untrennbar „dazu“.

Fast immer, wenn von August Peters, seinem Weg, seiner unverwechselbaren Persönlichkeit die Rede ist, spielt eine zentrale Rolle das Leitwort, das er sich für seinen bischöflichen Dienst gewählt hat: „Suchet, wo Christus ist!“ (vgl. Kol 3,1). Aber wer ist denn dieser Christus, zu dessen Suche Weihbischof Peters aufgebrochen ist und auf dessen Spuren er Ungezählte geführt hat und führt? Er ist jener, in dem der große Gott und der kleine Mensch zugleich da ist. Er ist jener, der uns in den Kleinen und Schwachen, in den Nahen und Fernen, der uns in der Stille der Anbetung und im Leben seiner Heiligen begegnet. Er ist derjenige, der sich zutiefst und zuletzt von August Peters suchen und finden ließ in jenen Monaten eines abgründigen, in tiefer Bereitschaft angenommenen, zur letzten Reife führenden Leidens, in welchem sich Zeugnis und Erbe, Sein und Wirkung von August Peters vollendet haben.

Quelle:  https://www.klaus-hemmerle.de/de/werk/weihbischof-august-peters-1931-1986.html#/reader/0

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Besinnung zum Krieg

Dies ist nicht der erste Krieg zwischen Israel und Hamas-Terroristen.
Und es gibt keine Garantie, dass es das letzte Mal sein wird.

Es gibt keine Garantie dafür, dass Israel die Hamas so entscheidend besiegen kann, wie es aus deren Sicht nötig erscheint.

Es ist auch nicht klar, wie ein Sieg über die Hamas letztendlich aussehen könnte oder was er bewirken würde.

Würde ein solcher Sieg die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland plötzlich dazu veranlassen, einen dauerhaften Frieden mit Israel anzustreben?
Unwahrscheinlich.
Würde es alle Möglichkeiten eines palästinensischen Terrorismus ausschließen?
Unwahrscheinlich.
Würde es dem Rest des Nahen Ostens Frieden und Stabilität bringen?
Sehr unwahrscheinlich.
Würde es dazu führen, dass Iran seine Ambitionen auf regionale Vorherrschaft und seinen scheinbar unausrottbaren Hass auf Israel aufgibt?
Absolut unwahrscheinlich.

Kein Frieden in Sicht.

Also, was tun?

Krieg führen, Reden, Demonstrieren …?

Oder doch
Beten?

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Wolfgang Waldstein (+ 17. Oktober) : „Mein Leben“

Heute, Dienstag den 31. Oktober 2023, beginnt um 10:30 Uhr in der Rektoratskirche St. Sebastian in Salzburg das Requiem für Wolfgang Waldstein. Anschließend wird er auf dem Friedhof in Aigen (Salzburg) beigesetzt.

Das Requiem zelebriert sein Enkelsohn Pater Edmund Waldstein OCist.
Predigen wird Monsignore Michael Schmitz.

Aus der Ferne gedenken wir seiner Seele und erinnern uns an sein Leben. Hier meine Buchempfehlung, die am 22. August 2016 bei kathnews erschienen ist.

Wolfgang Waldstein. Mein Leben – Erinnerungen

In wenigen Tagen, am 28. August 2016, vollendet Prof. Dr. Wolfgang Waldstein sein 88. Lebensjahr, wozu ihm der Schreiber dieser Zeilen von Herzen gratuliert. Zu diesem Anlass wurde bei „kathtv.org“ ein Interview veröffentlicht, welches Frau Gisela Geirhos vom Media-Maria-Verlag, mit ihm führen konnte. Dieses Gespräch ist hier abrufbar http://kathtv.org/nc/kategorien/detail/video/prof-dr-waldstein-ein-bewegtes-leben/ (Prof. Dr. Waldstein-Ein bewegtes Leben) und es ist gleichzeitig eine willkommene und gute Ergänzung zu dem autobiographischen Buch: „Wolfgang Waldstein. Mein Leben – Erinnerungen“, das im Jahre 2013 beim Media-Maria-Verlag erschienen ist.

Nur wenigen Wissenschaftlern und Denkern wird die große Ehre zuteil, von einem Papst in einer wichtigen Ansprache mit Wohlwollen zitiert zu werden. 2011 war dies der Fall, als Papst Benedikt XVI. im Berliner Reichstagsgebäude eine Rede hielt, in der er auf die Bedeutung des Naturrechts hinwies und diesbezüglich auf einem Buch des einstigen österreichischen Professors für römisches Recht, Wolfgang Waldstein, aufbaute. Mitte 2013 hatte Waldstein dann unter dem Titel „Mein Leben. Erinnerungen“ im „Media Maria Verlag“ einige autobiografische Fragmente vorgelegt, um die es an dieser Stelle gehen soll. Jene Aufzeichnungen wurden übrigens, wie Waldstein im Vorwort betont, vom damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, angeregt, nachdem er zum Essen beim Ehepaar Waldstein zu Gast gewesen war.

Wolfgang Waldstein erblickte am 27. August 1928 in Finnland das Licht der Welt, wo er dann die ersten Lebensjahre verbrachte – wenn auch an ständig wechselnden Wohnorten. Wegen des gerade ausgebrochenen Krieges der Sowjetunion gegen Finnland wanderte die Familie – der Vater, in Russland geboren, aber zu jener Zeit staatenlos, hatte österreichische Wurzeln – 1939 nach Salzburg aus. Waldstein schildert ausführlich die Erlebnisse aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Mehrfach gab es Situationen, in denen er gerade noch seine eigene Haut retten konnte. Über die Erfahrungen, als gegen Kriegsende Salzburg bombardiert wurde, schreibt Waldstein beispielsweise: „Ich rannte um mein Leben zum Eingang des Stollens hinauf. Als ich den Eingang erreichte, warf mich der Luftdruck der hinter mir detonierenden Bomben geradezu in den Stollen hinein. Das hinter mir dröhnende Inferno erfüllte mich mit unendlicher Dankbarkeit dafür, dass ich den Stollen lebend erreicht hatte.“

Nach dem Krieg muss Waldstein, der eigentlich studieren will, erst einmal Geld verdienen, um sich sein rechtswissenschaftliches Studium in Innsbruck zu finanzieren. In jener Zeit lernt er auch seine spätere Ehefrau kennen, mit der er sich innerhalb weniger Wochen bereits verlobt. Die akademische Laufbahn, wenn auch nicht ohne Hindernisse, entwickelt sich doch recht zielstrebig für den jungen Juristen. 1965 wurde er zum Professor für römisches Recht an die neugegründete rechtswissenschaftliche Fakultät in Salzburg berufen. Entsprechend erlebt Waldstein dort auch die desaströsen Umstände der 1968er-Revolution, wie sie zumeist genannt wird. 1992 erfolgte auf eigenen Wunsch die Versetzung in den Ruhestand, was anscheinend auch diversen untragbaren universitären „Reformen“ geschuldet war. Dieser Ruhestand währte indes nur kurze Zeit, bevor Waldstein an der Lateranuniversität in Rom zu lehren begann.

Ungefähr zur gleichen Zeit wurde Waldstein auch Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben. In diesem Zusammenhang würde man eigentlich die größte „Rechtgläubigkeit“ erwarten, doch macht Waldstein deutlich, dass er hier auch immer wieder Kämpfe zu bestehen hatte. Besonders interessant sind hier seine Ausführungen zur Debatte um den sogenannten „Hirntod“.

Zwei wichtige Wirkungsfelder des Professors für römisches Recht werden in seinen Erinnerungen deutlich: das Naturrecht und die angedeutete Arbeit für den Lebensschutz. Leider wird ein drittes Feld kaum erwähnt, obwohl es mindestens ebenso wichtig ist: der Einsatz für die überlieferte Liturgie. Waldstein veröffentlichte etwa das wichtige Buch „Hirtensorge und Liturgiereform“, war involviert bei „Pro Missa Tridentina“ und verfasste Beiträge für die „Una Voce Korrespondenz“. In dem Buch haben diese Tatsachen leider keinen Platz gefunden; dankenswerterweise wurden sie in dem o. g. Interview, wenn auch nur kurz, thematisiert. Empfehlenswert ist das Buch „Wolfgang Waldstein. Mein Leben – Erinnerungen“ allemal.

Wolfgang Waldstein
Mein Leben – Erinnerungen
Media-Maria-Verlag 2013
240 Seiten; 17,95Euro
ISBN 978-3-9815943-4-8

Wolfgang Waldstein auf dem Gipfel des Dachstein. Foto https://sancrucensis.wordpress.com/2020/06/29/wolfgang-waldsteins-jurisprudence/

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Über die Lehre und die Kirche

„Die Zuhörer der Predigt machen die Prediger.
Das göttliche Wort ist nicht aus Genie oder fleißiger Arbeit entstanden.
Es ist ein Geschenk Gottes, der weht, wohin er will.

Das göttliche Wort gehorcht nicht, es selbst ist es, das befiehlt,
und deshalb spricht es nicht, wenn es befohlen wird,
sondern wenn es will.

Und Gott spricht gerne, wenn die Menschen bereit sind, zuzuhören.
Suchet die wahre Lehre, und Gott wird Prediger erwecken;
Bereitet den Acker, und der Sämann wird nicht versagen.

Wenn sie es nicht tun und im Gegenteil nach menschlichen Fabeln suchen,
wird Gott den Wolken den Regen verbieten
und die gesunde Lehre von den Lippen seiner Prediger nehmen.

Dann werden Propheten kommen und sagen:
Frieden, Frieden, und du wirst keinen Frieden finden;
dass sie sagen werden: Herr, Herr,
und der Herr hat sie nicht beauftragt, zu predigen.
Der Lehrer erhält, was der Hörer verdient.‘“

„Diese Strenge der Kirche liegt in ihrem Urgeiste;
niemals wird dieser erlöschen, und sie wird ihn immerdar
der Erschlaffung entgegenstellen.
Was hilft es uns, mit dem Konzilien die Verweichlichung der Ketzer zu verabscheuen,
welche jenen heiligen Ernst der Genugtuung abgeschafft haben,
wenn wir in gleich schlaffes Wesen versinken,
und dasjenige, wozu wir uns mit Worten bekennen,
in der Tat selbst ableugnen?“

[Jacques Bénigne Bossuet (1627-1704), Erzieher, Autor, Bischof]

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Das Gewissen des Amtsträgers

Aus einer Predigt des hl. Bernhard an die Äbte seines Ordens

… Eng ist nämlich der Weg, und ein solcher ist ein Hindernis für die, die voran- und fortschreiten wollen. Daher kommt es, dass sie ihn ständig anklagen und tadeln, dass sie die Trägheit seiner Lauheit nicht ertragen können, dass sie ihn gleichsam mit Sporen drängen und mit den Händen stoßen. So geschieht zwangsläufig eines von beiden: entweder er geht weiter oder er geht zugrunde. Unter keinen Umständen darf man deshalb stehenbleiben; doch das Zurückblicken oder Sich-Vergleichen mit anderen ist noch viel schädlicher. Hingegen müssen wir in aller Demut laufen und uns beeilen, damit sich nicht etwa der von uns entfernt, der wie ein Held ausgezogen ist, um seine Bahn zu durcheilen (Ps 18,6). Wenn wir besonnen sind, halten wir ihn uns ständig vor Augen und werden, von seinem Duft angezogen, leichter und schneller laufen.

Der Weg auf der Brücke aber wird sich für die nicht als zu eng erweisen, die auf ihm laufen wollen. Aus dreierlei Holz ist er nämlich zusammengefügt, so dass der Fuß derer, die sich in vollkommener Weise darauf stützen wollen, nicht unterwegs ins Rutschen kommt. Gemeint sind damit aber die körperliche Buße, die Armut an weltlichen Gütern und die Demut des Gehorsams.

Denn „wir müssen durch viele Drangsale in das Reich Gottes gelangen“ (Apg 14,21). „Wer“ aber „reich werden will“ in dieser Welt, „gerät in Versuchungen und Schlingen des Teufels.“ ( 1 Tim 6,9) Und wen der Ungehorsam von seinem Gott entfernt hat, kehrt ohne Zweifel durch den Gehorsam geradewegs zu ihm zurück. Daher ist es notwendig, dass all dies ineinandergefügt wird. Denn die körperliche Buße kann weder im Reichtum dauerhaft noch ohne Gehorsam richtig geordnet sein; die Armut aber kann in Genuss und Eigensinn gar keinen Sinn haben; und der Gehorsam ist in Reichtum und Genuss weder dauerhaft noch ehrenwert.

Wenn du dies aber in rechter Weise miteinander verbunden hast, so sieh nach, ob du nicht drei Gefahren dieses Meeres ausgewichen bist: Fleischeslust, Augenlust und Hoffart des Lebens (1 Joh 2,16). Du musst es in rechter Weise miteinander verbunden haben – das betone ich, so dass du dich bei der Buße vor dem Knoten der Ungeduld, bei der Armut vor der Ängstlichkeit der Begierde und beim Gehorsam vor dem Muttermal des Eigenwillens in acht nimmst. Denn die Murrenden wurden von Schlangen umgebracht (1 Kor 10,9 f.), und „wer reich werden will“ – es heißt nicht, wer es ist, sondern „wer es werden will -, gerät in die Schlinge des Teufels.“ ( 1 Tim 6,9) Doch was bringt es auch, wenn du vielleicht, was ferne sei, zwar keine Reichtümer, sondern nur das, was zur Armut gehört, mit solcher Inbrunst begehrst oder sogar noch glühender, als die Weltleute nach Reichtümern verlangen?

Was macht es schon aus, wonach man verlangt, wenn das Streben in gleicher Weise verkehrt ist, außer dass es noch erträglicher scheinen kann, am meisten nach dem zu verlangen, was offensichtlich mehr wert ist. Wer also offen oder versteckt danach strebt, dass ihm der geistliche Vater das aufträgt, was seinem Willen entspricht, der täuscht sich selbst, auch wenn er sich vielleicht zu seinem angeblichen Gehorsam beglückwünscht. Keineswegs gehorcht er nämlich in diesem Punkt dem Vorsteher, vielmehr muss ihm der Vorsteher zu Willen sein.

Da uns aber nach dem Wort des Erlösers mit dem Maß zugeteilt wird, mit dem wir messen (Mt 7,2), ist es gut für den Menschen, darin ein Höchstmaß zu geben, damit er zur Zahl derer gehört, denen ein reiches, volles, gehäuftes und überfließendes Maß in ihren Schoß geschüttet wird.

Es genügt nämlich zum Heil, die Mühen des Leibes geduldig zu tragen; das Höchstmaß ist es jedoch, sie sogar freudig in der Glut des Geistes zu umarmen.

Es kann genügen, nichts Überflüssiges zu begehren, doch auch dann nicht zu murren, wenn das Notwendige vielleicht fehlt. Das Höchstmaß ist es jedoch, dabei sogar zu jubeln und mit Freude danach zu suchen, wie eher ein anderer das Notwendige erhalten und man selbst Mangel leiden könnte.

Es genügt auch zum Heil, wenn du weder durch Unwillen noch durch Heuchelei den Sinn des Vorgesetzten gegen seinen Willen zu dem hinlenken möchtest, was du begehrst; das Höchstmaß ist es jedoch, auch das zu fliehen, woran der Eigenwillen fühlbar Gefallen findet, soweit man es freilich mit gutem Gewissen tun kann.

… Doch zusammen mit der reinen Absicht braucht es auch einen tadellosen Lebenswandel, so dass er, der als Vorbild für die Herde eingesetzt ist, mit dem Tun und Lehren selbst beginnt und nach der Regel unseres Lehrmeisters „in seinem Handeln zeigt, was er seine Jünger lehrt, dass man nicht tun darf, was mit dem Gebot Gottes unvereinbar ist.“ (RB 2,13) Sonst könnte vielleicht ein Bruder, den er tadelt, leise murren und sagen: „Arzt, heile dich selbst!“ (Lk 4,23) Ein solcher Anlass bedeutet den schlimmsten Schaden für den Vorsteher und das schlimmste Verderben für die Untergebenen.

Nicht, weil ich mich selber genug davor hüte, spreche ich so. Nein, die Wahrheit selbst ruft mir und allen in gleicher Weise zu, dass einer, der das Vorsteheramt verwaltet, untadelig sein muss, so dass er mit ruhigem Gewissen mit dem Herrn denen antworten kann, die ihn schmähen: „Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen?“ (Joh 8,46) Nicht weil er in diesem elenden Leben ganz ohne Sünde sein könnte, sondern weil er als Lehrer unbedingt meiden muss, was er an den Jüngern tadelt.

Wie er in seinem Lebenswandel ist, so muss er daher auch in seinen geheimen Gedanken sein. Er darf nicht nach außen hin demütig, innen in seinem Herzen aber überheblich sein, sich auf seine Weisheit, Tugend oder Heiligkeit etwas einbilden, denn das wäre ohne Zweifel ein geheuchelter Glaube, wenn er nicht, wie es die Demut seines Lebenswandels zeigt, allein auf die Güte Gottes vertraut.

(Hl. Bernhard von Clairvaux)

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55 Jahre Enzyklika Humanae Vitae

Am 25. Juli 1968 unterzeichnet Papst Paul VI. die Enzyklika Humanae Vitae, die bis zum heutigen Tag (auch innerhalb der Kirche) großen Widerspruch erfährt. Es ist Zeit, diesen wichtigen Text wieder oder neu zu lesen und zu bedenken.

Hier nur ein kurzer Abschnitt aus dem Text:

Ernste Folgen der Methoden einer künstlichen Geburtenregelung

17. Verständige Menschen können sich noch besser von der Wahrheit der kirchlichen Lehre überzeugen, wenn sie ihr Augenmerk auf die Folgen der Methoden der künstlichen Geburtenregelung richten. Man sollte vor allem bedenken, wie bei solcher Handlungsweise sich ein breiter und leichter Weg einerseits zur ehelichen Untreue, anderseits zur allgemeinen Aufweichung der sittlichen Zucht auftun könnte. Man braucht nicht viel Erfahrung, um zu wissen, wie schwach der Mensch ist, und um zu begreifen, daß der Mensch – besonders der Jugendliche, der gegenüber seiner Triebwelt so verwundbar ist – anspornender Hilfe bedarf, um das Sittengesetz zu beobachten, und daß es unverantwortlich wäre, wenn man ihm die Verletzung des Gesetzes selbst erleichterte. Auch muß man wohl befürchten: Männer, die sich an empfängnisverhütende Mittel gewöhnt haben, könnten die Ehrfurcht vor der Frau verlieren, und, ohne auf ihr körperliches Wohl und seelisches Gleichgewicht Rücksicht zu nehmen, sie zum bloßen Werkzeug ihrer Triebbefriedigung erniedrigen und nicht mehr als Partnerin ansehen, der man Achtung und Liebe schuldet. Schließlich ist sehr zu bedenken, welch gefährliche Macht man auf diese Weise jenen staatlichen Behörden in die Hand gäbe, die sich über sittliche Grundsätze hinwegsetzen. Wer könnte es Staatsregierungen verwehren, zur Überwindung der Schwierigkeiten ihrer Nationen für sich in Anspruch zu nehmen, was man Ehegatten als erlaubte Lösung ihrer Familienprobleme zugesteht? Wer könnte Regierungen hindern, empfängnisverhütende Methoden zu fördern, die ihnen am wirksamsten zu sein scheinen, ja sogar ihre Anwendung allgemein vorzuschreiben, wo immer es ihnen notwendig erscheint? Auf diese Weise könnte es geschehen, daß man, um Schwierigkeiten persönlicher, familiärer oder sozialer Art, die sich aus der Befolgung des göttlichen Gesetzes ergeben, zu vermeiden, es dem Ermessen staatlicher Behörden zugestände, sich in die ganz persönliche und intime Aufgabe der Eheleute einzumischen. Will man nicht den Dienst an der Weitergabe des Lebens menschlicher Willkür überlassen, dann muß man für die Verfügungsmacht des Menschen über den eigenen Körper und seine natürlichen Funktionen unüberschreitbare Grenzen anerkennen, die von niemand, sei es Privatperson oder öffentliche Autorität, verletzt werden dürfen. Diese Grenzen bestimmen sich einzig aus der Ehrfurcht, die dem menschlichen Leibe in seiner Ganzheit und seinen natürlichen Funktionen geschuldet wird: und zwar entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen und dem recht verstandenen sogenannten Ganzheitsprinzip, so wie es Unser Vorgänger Pius XII. erläutert hat (21).

Die Kirche als Garant der wahren Werte des Menschen

18. Es ist vorauszusehen, daß vielleicht nicht alle diese überkommene Lehre ohne weiteres annehmen werden; es werden sich, verstärkt durch die modernen Kommunikationsmittel, zu viele Gegenstimmen gegen das Wort der Kirche erheben. Die Kirche aber, die es nicht überrascht, daß sie ebenso wie ihr göttlicher Stifter gesetzt ist „zum Zeichen, dem widersprochen wird (22)“, steht dennoch zu ihrem Auftrag, das gesamte Sittengesetz, das natürliche und evangelische, demütig, aber auch fest zu verkünden. …

ENZYKLIKA … HUMANAE VITAE

Paul VI. stand nach Humanae Vitae buchstäblich im Regen.

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