Wer mir nachfolgt

Wer mir nachfolgt, wandelt nicht im Dunkel,
spricht der Herr (Joh 8,12).
Das sind Worte Christi.
Sie spornen uns an, sein Leben und seinen Wandel nachzuahmen,
wenn wir wahrhaft erleuchtet
und von aller Blindheit des Herzens befreit werden möchten.
Unsere höchste Aufgabe
sei die Betrachtung des Lebens Jesu Christi.

(Thomas von Kempen. Von der Nachfolge Christi)

+

Sed libera nos a malo.

Erlöse uns von dem und den Bösen,
– vor allem Übel.

Die gotische Kunst verwendete häufig den monströsen Mund, das Maul des Tieres, um die Hölle darzustellen. In diesem Jüngsten Gericht aus einem Manuskript des 15. Jahrhunderts sehen wir, wie die Verdammten in den Rachen der Hölle geworfen werden, während die Gerechten von Petrus im himmlischen Jerusalem begrüßt werden .

Petrus an der Himmelspforte, wo er die Geretteten empfängt –
und der Teufel, die Verdammten in den Höllenschlund wirft.

Miniatur. Frontispiz der Bußpsalmen. 15. Jh. – Miniature pleine page frontispice des Psaumes pénitentiaux

In der siebten (und letzten!) Bitte des „Vaterunser“ bitten wir Gott, unseren Vater, darum, dass er uns vor dem Bösen und dem Teufel (der von Anfang an ein Mörder ist und für unsere Vernichtung „arbeitet“), errettet.

„Werft all eure Sorge auf ihn, denn ihm liegt an euch!
Seid nüchtern und wachsam!
Euer Widersacher, der Teufel,
geht umher wie ein brüllender Löwe
und sucht, wen er verschlinge.“ (1 Petr 5,7-8)

Petrus erinnert hier an den Feind unserer Erlösung. Er fordert uns auf, wachsam und nüchtern zu sein, und nur dem Willen Gottes zu folgen. Er lehrt uns, dass wir darum beten sollen! Denn nur durch das Gebet gelangen wir zum himmlischen Vater. Wachsam sein und beten hilft uns, dass wir geistig gestärkt werden, wodurch wir befreit werden von Unglück und der Katastrophe den ewigen Tod zu erleiden.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
+
Pater noster qui es in cælis:
sanctificetur Nomen Tuum;
adveniat Regnum Tuum;
fiat voluntas Tua,
sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum quotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a Malo.

+

 

Die einzige positiv-schöne Gestalt

„Das Schöne ist das Ideal“, schreibt Dostojewski in einem Brief an seine Nichte Sofija Alexandrowna:

Es gibt in der Welt
nur eine einzige positiv-schöne Gestalt:
Christus,
diese unendlich schöne Gestalt
ist ohne Zweifel ein ewiges Wunder.

Das ganze Evangelium Johannis ist von diesem Gedanken erfüllt: Johannes sieht das Wunder in der Fleischwerdung, in der Erscheinung des Schönen …“ (Brief vom 1. Januar 1868).

Noch aufschlußreicher sind Dostojewskis Meditationen „über Christus“, die er an der Bahre seiner ersten Frau niederschrieb. In ihnen erfaßt er Christus als ein

„für die Ewigkeit bestimmtes Ideal,
dem der Mensch zustrebt“,

und sieht die Erscheinung Christi als „das Ideal des Menschen im Fleische“. Christus ist demzufolge
das Spiegelbild Gottes auf Erden.

(Aus: Norbert Clasen. „Es gibt in der Welt nur eine einzige positiv-schöne Gestalt: Christus …“ – Zum 200. Geburtstag des großen russischen Dichters Fjodor M. Dostojewski am 11. November 1821. – KIRCHLICHE UMSCHAU, November 2021, Seite 28ff)

Ausschnitt: Kirchliche Umscha 11,2021, S.32

+

 

Pater Daniel Bartels – RIP

Am 7. August 2020 ist Pater Daniel Bartels ISPN gestorben. RIP –
Diesem Priester des Instituts St. Philipp Neri in Berlin hat Clemens Victor Oldendorf einen wunderbaren Nachruf verfasst.

U. a. lesen wir:

Bei den Benediktinern ist es üblich, den Nachruf als einen Lebensabriss zu gestalten, der als Toten- oder Sterbechronik bezeichnet wird. Und so kann man nicht nur das Wort, das der heilige Philipp an seinem eigenen Todestag gesprochen hat, zitieren: „Am Ende muss man doch sterben“, sondern auch die Zeilen der Sterbechronik Pater Suitbert Bäumers auf Daniel Bartels, den lieben Verstorbenen, der heute zu Grabe getragen wird, anwenden, wo es heißt: „An der Vigil von Mariä Himmelfahrt geleiteten wir alsdann, nachdem wir in einfach würdiger Feier nach den herrlichen Melodien der hl. Liturgie das Totenoffizium und Requiem gesungen, unseren teuren Mitbruder in die stille Gruft […]. Drei Stunden später hatte der Hochaltar sein Trauerkleid abgelegt und prangte im schönsten Schmuck der Kerzen und Blumen. Das Requiem aeternam dona ei, Domine ward vom jubelnden Assumpta est Maria in coelum, gaudent Angeli abgelöst und senkte auch Trost und Frieden in unsere betrübten Herzen. Ja, wir vertrauen fest, daß Maria ihres treuen Dieners nicht vergessen hat, daß sie ihn wird eingeladen haben zur Teilnahme an ihrem Hochfeste im Himmel.

Quelle kathnews

+

 

Von den Werken, welche aus Liebe verrichtet werden.

1. Man muss um keinen Preis und keinem Menschen zuliebe jemals etwas Böses tun; man muss aber auch bisweilen ein gutes Werk zum Nutzen eines Dürftigen ohne Bedenken unterlassen oder auch mit einem besseren verwechseln. Denn wenn dieses geschieht, wird das gute Werk nicht unterbleiben, sondern nur in ein besseres verändert. Ohne Liebe nützt das äußerliche Werk nichts; alles aber, was aus Liebe geschieht, so gering und verächtlich es immer sein mag, wird doch verdienstlich. Denn Gott sieht mehr auf die Gesinnung, mit welcher jemand etwas verrichtet, als auf das Werk, welches verrichtet wird.

2. Wer viel liebt, tut viel; wer die Sache wohl verrichtet, wirkt viel; derjenige aber verrichtet die Sache wohl, welcher mehr auf den allgemeinen Nutzen, als auf seinen Willen sieht. Es scheint oft etwas Liebe zu sein und ist doch nur eine Begierde des Fleisches, weil die natürliche Neigung, der eigene Wille, die Hoffnung einer Vergeltung, die Begierde zur Bequemlichkeit, selten fehlen.

3. Wer eine wahre und vollkommene Liebe hat, der sucht in keiner Sache sich selbst, sondern verlangt nur, dass Gott in allen verherrlicht werde. Er beneidet keinen, weil er keine eigene Freude zu haben trachtet und sich in sich selbst nicht erfreuen will, sondern mit Hintansetzung aller anderen Güter nur in Gott seine Glückseligkeit zu finden wünscht. Er schreibt niemand etwas Gutes zu, sondern führt alles auf Gott zurück, von welchem alles ursprünglich herkommt und in welchem endlich alle Heiligen eine vollkommene glückselige Ruhe genießen. O wenn jemand auch nur einen Funken der wahren Liebe hätte, so würde er in der Tat erkennen, dass alles Irdische voll Eitelkeit ist.

NACHFOLGE CHRISTI – Thomas von Kempen

+

 

In der katholischen Kirche zu Hause

Je mehr ich die klare geistige Harmonie der katholischen Lehre und ihre volle Übereinstimmung mit dem innersten Geiste der Bibel erkannte, desto mehr fand ich mich in den allen offenstehenden katholischen Gotteshäusern zurecht.

Ich fürchtete nicht mehr, Christo die Treue zu brechen, dort, wo man ihm die ewige Anbetung bringt, sondern setze mich mit Dank und Liebe allen Segensströmen aus und folge so mit der Gemeinde in anbetendem Schweigen der heiligen Messe.

Alle Andacht konzentriert sich auf das Opfer auf dem Altare.

Jeder folgte dem wohlbekannten Gang, kannte den Sinn jeder Handlung, jeder Segnung, jeder Wendung des Priesters – jeder wußte, was das Glöcklein sagte, es bedurfte der hörbaren Worte nicht … Alles fiel nieder: „Der Herr ist in seinem heiligen Tempel, es sei vor ihm stille alle Welt“.

(aus: Meine Heimkehr. Ein Bekenntnis von Ingeborg Magnussen. Verlag Kühlen 1926)

+

 

Von der Vorsicht bei seinen Geschäften …

Erstes Buch der Nachfolge Christi von Thomas von Kempen – Viertes Kapitel

(4) Von der Vorsicht bei seinen Geschäften und Unternehmungen.

1. Nicht jedem Worte und Einfalle muss man glauben, sondern die Sache sorgfältig und ohne Übereilung mit Gott beraten. Oft wird leider das Böse von anderen leichter geglaubt und nachgesprochen als das Gute; so schwach sind wir. Aber vollkommene Männer glauben nicht leicht einer jeden Erzählung, weil sie die menschliche Schwachheit kennen, welche zum Bösen so geneigt ist und sich in Worten gar oft verfehlt.

2. Es ist eine große Weisheit, wenn man sich in seinen Geschäften nicht übereilt und auf seinem eigenen Sinne nicht hartnäckig beharrt. Diese Weisheit lehrt uns auch, dass wir nicht allen Worten der Menschen glauben und dass wir dasjenige, was wir gehört oder geglaubt haben, nicht sogleich wieder anderen erzählen. Frage einen weisen und gewissenhaften Menschen um Rat und suche viel eher bei einem Verständigen Belehrung, als dass du deinen eigenen Einfällen folgest. Ein frommes Leben macht den Menschen weise in Gott und erfahren in vielen Dingen. Je demütiger einer in seinem Herzen ist und je vollkommener er sich Gott unterwirft, desto weiser und ruhiger wird er in allen Vorfällen sein.

+

 

Von der Lehre der Wahrheit

Erstes Buch der Nachfolge Christi von Thomas von Kempen – Drittes Kapitel

(3) Von der Lehre der Wahrheit.

1. Glückselig ist jener Mensch, welchen die Wahrheit selbst lehrt und zwar nicht durch bloße Vorstellungen und vorübergehende Worte, sondern wie sie in sich selbst ist. Unsere Meinung und unser Sinn betrügt uns oft und ist sehr kurzsichtig. Was für einen Nutzen bringen mühsame Untersuchungen über verborgene und dunkle Sachen, wegen welcher wir am Gerichtstage nicht werden zur Rede gestellt werden, wenn wir dieselben schon nicht gewusst haben? Es ist eine große Torheit, wenn wir das Nützliche und Notwendige vernachlässigen und freiwillig auf vorwitzige und schädliche Dinge aufmerken. Wir haben Augen, aber wir sehen nicht.

2. Und warum sollen wir uns lange über Streitigkeiten aufhalten, ob dieses oder jenes in dem allgemeinen Begriffe enthalten sei oder ob es zu einer besonderen Gattung gehöre? Jener, zu welchem das ewige Wort redet, wird von vielen zweifelhaften Meinungen befreit. Aus einem Worte ist alles, und alles gibt diesem Wort Zeugnis; und dieses Wort ist der Anfang und Ursprung, welcher zu uns redet. Ohne dieses Wort hat niemand einen Verstand, und es ist auch niemand fähig, ein vernünftiges Urteil zu fällen. Wer, statt auf andere Sachen zu sehen, sein einziges Augenmerk auf dieses richtet, wer alles auf dieses bezieht und alles in diesem betrachtet, der kann in seinem Herzen beständig sein und ruhig in Gott verharren. O Gott, Du ewige Wahrheit! Vereinige und mache mich eins mit Dir durch das Band der ewigen Liebe. Das viele Lesen und Hören macht mir oft einen Ekel; in Dir ist alles, was ich will und verlange. Alle Lehrer sollen schweigen und alle Geschöpfe vor Deinem Angesichte verstummen; rede Du allein zu mir!

3. Je mehr einer in sich selbst gesammelt ist und je mehr bei ihm innerlich alles nur auf einen Gegenstand abzielt, desto mehrere und höhere Dinge wird er ohne Mühe verstehen, weil er das Licht der Erkenntnis von oben herab empfängt. Eine reine, aufrichtige und beständige Seele wird auch bei vielen Geschäften nicht zerstreut, weil sie alles zur Ehre Gottes verrichtet und sich bestrebt, ihre Absichten von aller Eigenliebe rein zu erhalten. Wer hindert und beunruhigt dich mehr als die unabgetöteten Neigungen deines eigenen Herzens? Ein gottesfürchtiger und andächtiger Mensch bringt die äußerlichen Werke, welche er verrichten muss, zuerst in seinen Gedanken in Ordnung; er lässt sich von ihnen nicht zu Begierden einer sündhaften Neigung dahinreißen, sondern er weiß dieselbe nach dem Urteile der rechten Vernunft einzurichten. Wer muss einen härteren Kampf aushalten, als welcher sich bemüht, sich selbst zu überwinden? Und dieses sollte unser Geschäft sein, dass wir nämlich uns selbst überwinden, täglich mehr Herrschaft über uns selbst gewinnen und in der Tugend immer größere Fortschritte machen.

4. Auch die höchste Vollkommenheit, zu welcher man in diesem Leben gelangt, ist noch mit einiger Unvollkommenheit verbunden; denn alle unsere Einsichten und Kenntnisse sind nicht von aller Dunkelheit frei. Die demütige Erkenntnis seiner selbst führt viel sicherer zu Gott, als die tiefste Erforschung der Wissenschaft. Zwar darf man die Wissenschaft oder die Kenntnis irgendeiner Sache nicht tadeln; sie sind in sich selbst gut und von Gott angeordnet: doch ist ein gutes Gewissen und ein tugendhaftes Leben allzeit höher zu schätzen. Weil aber viele mehr bedacht sind, viel zu wissen, als gottselig zu leben: so geraten sie in viele Irrtümer und haben von ihren Bemühungen keinen oder doch nur wenig Nutzen.

5. O wenn doch diese Leute einen ebenso großen Fleiß anwenden würden, die Laster auszurotten und die die Tugenden einzupflanzen, als sie sich Mühe geben, spitzfindige Fragen aufzuwerfen, so würde nicht so viel Böses geschehen und kein so großes Ärgernis unter dem Volke herrschen, man würde auch in Klöstern keine so große Freiheit wahrnehmen. An dem letzten Gerichtstage wird man uns gewiss nicht fragen was wir gelesen, sondern was wir getan haben, nicht wie zierlich wir gesprochen, sondern wie gottesfürchtig wir gelebt haben. Sage mir, wo sind nun alle jene Herren und jene erleuchteten Lehrer, welche du wohl kanntest, da sie noch lebten, und welche wegen ihrer Wissenschaft so berühmt waren? Ihre Einkünfte besitzen nun andere; und vielleicht denken diese nicht einmal mehr an sie. In ihrem Leben schienen sie groß zu sein, und jetzt schweigt man von ihnen.

6. O wie geschwind vergeht die Herrlichkeit der Welt! Wollte Gott, sie hätten ihr Leben nach ihrer Wissenschaft eingerichtet, dann würden sie mit Nutzen studiert und gelesen haben. Wie viele gehen in der Welt wegen ihrer eitlen Wissenschaft zugrunde, weil sie sich um den Dienst Gottes wenig bekümmern und weil sie lieber groß als demütig sein wollen, so gehen sie mit lauter eitlen Gedanken um. Wahrhaft groß ist, wer eine große Liebe hat; wahrhaft groß , wer in seinen Augen klein ist und alle Ehrenstufen für nichts achtet; wahrhaft bescheiden ist, wer alles Irdische für nichts achtet, damit er Christus gewinne; und wahrhaft gelehrt ist, wer seinen eigenen Willen verlässt und den Willen Gottes tut.

+