Heilige Messen für die Armen Seelen im Fegfeuer

 

Nikolaus von Tolentino erlebte sich ins Fegefeuer versetzt. Er erblickte eine weite Ebene, in der unzählige Arme Seelen in einem Flammenmeer leidvoll geläutert wurden. Da hörte er einen Mitbruder sagen:

„Siehe, das sind die, die mich zu dir geschickt haben. Weil du Gott wohlgefällig bist, haben wir das feste Vertrauen, dass wir durch das Hl. Messopfer, das du für uns darbringen wirst, aus unserer Qual befreit werden.“

Tief erschüttert über das, was er geschaut hatte, begab sich Nikolaus am nächsten Morgen zu seinem Oberen und erbat sich die Erlaubnis, die ganze Woche über die Hl. Messe für die Armen Seelen feiern zu dürfen.

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Wert und Größe des heiligen Messopfers

Was wäre, wenn auf der Welt die Sonne nicht schiene?
Es gäbe nur noch Finsternis, Schrecken, Unfruchtbarkeit und Elend.

Und was würde aus uns ohne das heilige Messopfer?
Wir wären eines jeglichen Gutes beraubt, allen Übeln und allen Pfeilen des Zornes Gottes ausgesetzt.

Man wundert sich, dass Gott gewissermaßen seine Art und Weise, die Menschen zu regieren, geändert hat.

Einst nahm er die Bezeichnung „Gott der Heerscharen“ an, sprach er zu den Volksmassen aus den Wolken, den Blitzstrahl in der Hand, und bestrafte alle Vergehen mit rigoroser Gerechtigkeit. Für einen einzigen Ehebruch ließ er fünfundzwanzigtausend Mann des Stammes Benjamin durch das Schwert töten, für die Sünde des Hochmuts, die David beging, indem er die Zählung seines Volkes veranstaltete, raffte er in kurzer Zeit sechzigtausend Personen durch die Pest hinweg. Für einen neugierigen und unehrerbietigen Blick auf die Bundeslade von Seiten der Bethsamiter ließ er mehr als fünfundzwanzigtausend von ihnen niedermetzeln.

Und jetzt erträgt er geduldig nicht nur die Eitelkeiten und Leichtfertigkeiten, sondern sogar die frevlerischsten Ehebrüche, die größten Schändlichkeiten und die entsetzlichsten Gotteslästerungen, die so viele Christen jeden Augenblick gegen seinen heiligen Namen ausstoßen.

Woher kommt dieser Unterschied in der Art der Führung der Menschen? Sind denn die Werke unserer Undankbarkeit heute entschuldbarer als einst?

Wer wollte dies zu behaupten wagen? Die unermesslichen Wohltaten, die wir empfingen, machen uns im Gegenteil in unvergleichlich höherem Grad schuldig. Das Geheimnis einer so rührenden Milde, – der Grund dafür, – geht vom Altar aus; er ist im Opfer des für uns bei der heiligen Messe hingegebenen Jesus, der unser Sühneopfer geworden ist, zu suchen. Ja, hier ist die Sonne der katholischen Kirche, welche die Wolken zerteilt und dem Himmel seine Heiterkeit zurückgibt; hier ist der Regenbogen, der die Unwetter der Ewigen Gerechtigkeit besänftigt. Was mich betrifft, zweifle ich kaum daran: Ohne die heilige Messe wäre die Welt zur gegenwärtigen Stunde schon in den tiefsten Abgrund gestürzt, dahin gebracht vom furchtbaren Gewicht so vieler Missetaten. Da ist die Messe der siegreiche Rettungsanker, der sie noch hält. Sehen Sie also nun ein, wie unerlässlich für uns das göttliche Opfer ist!

Zu wenig wäre es aber, dies zu begreifen, verstünde man nicht, in ihm zu suchen, was es uns bietet. Wenn wir die heilige Messe besuchen, wollen wir nachahmen, was der große Alfonso von Albuquerque, einer der Entdecker Amerikas, tat: Der Geschichtsschreiber Osorio erzählt, dieser berühmte Kapitän habe, als er sich mit einem Teil seiner Armee auf einem Schiff befand, das die tobenden Gewalten des Meeres dem Untergang zutrieben, ein kleines Kind, das dabei war, in die Arme genommen, es zum Himmel emporgehoben und ausgerufen: „Wenn wir auch Sünder sind, o mein Gott, so hat dieses unschuldige Geschöpf dich doch noch niemals beleidigt. Im Namen seiner Unschuld schone die Schuldigen!“ Da ereignete sich etwas Wunderbares: Der Blick des Herrn verweilte mit Wohlgefallen auf dem Kind, der Ozean beruhigte sich, die Gefahr schwand und die Mannschaft vertauschte ihre Todesängste gegen Freudenrufe und Danksagungen.

Was wird Gott Vater wohl für uns tun, wenn der Priester in dem Augenblick, da er die heilige Hostie zu ihm emporhebt, ihm in ihr seinen Sohn, die unvollkommene Unschuld, zeigt, emporhebt, aufopfert?

Wird seine Barmherzigkeit uns wohl irgendetwas abschlagen können?

Wird sie dieser inständigen Bitte widerstehen können, die Fluten, die uns bedrängen, nicht zu beruhigen, all unseren Nöten nicht zu Hilfe zu kommen?

Ohne dieses wunderbare göttliche Opfer, für uns zunächst am Kreuz hingeopfert, dann täglich auf unseren Altären, wäre alles zu Ende, alle wäre verloren und jeder von uns könnte zu seinem Bruder im Sterben sagen: „Auf Wiedersehen in der Hölle! Die Hölle wird uns vereinen!“

Nun aber, reich geworden durch diesen Schatz, die Frucht der heiligen Messe in Händen, strömt in uns ein Übermaß von Hoffnung. Das Paradies ist unser, nur eines könnte uns daraus vertreiben: unsere ausgemachte Bosheit. Verehren wir daher liebevoll die heiligen Altäre! Umhüllen wir sie mit Weihrauch und Wohlgerüchen; umgeben wir sie jedoch vor allem mit Verehrung und Hochachtung, denn sie verhelfen uns zu so vielen und kostbaren Gütern.

Warum tut ihr es nicht den Engeln gleich, die nach den Worten des heiligen Chrysostomus während der Feier der heiligen Messe in Scharen vom Himmel herabkommen, und die in heiliger Ehrfurcht im Altarraum verweilen, wo sie auf den Beginn der Messe warten, um für uns erfolgreiche Fürbitte einlegen zu können: Denn sie wissen genau, dass dies die gelegenste Zeit und der günstigste Augenblick ist, um die Gnaden des Himmels zu erlangen.

So selten und kostbar er tatsächlich auch sein mag, ein Schatz kann nur die gebührende Beachtung finden, insofern man ihn kennt. Hier liegt zweifelsohne der Grund, warum das hochheilige Opfer der Messe von einer großen Zahl von Christen durchaus nicht die seinem wirklichen Wert entsprechende Hochschätzung erfährt; es ist der schönste Reichtum, der göttlichste Ruhm der Kirche Gottes; aber es ist ein verborgener Schatz, den zu wenige kennen. Wüssten alle, um welch eine Perle des himmlischen Paradieses es sich hier handelt, es fände sich auf Erden kein einziger Mensch, der nicht gern alles, was er hienieden besitzt, dafür hingeben würde!

Wissen wir eigentlich, was die heilige Messe wirklich ist? Sie ist nichts weniger als die Sonne des Christentums, die Seele des Glaubens, das Herz der Religion Jesu Christi. Alle Riten, alle Zeremonien, alle Sakramente beziehen sich darauf. Sie ist mit einem Wort die Zusammenfassung all dessen, was es an Schönem und Gutem in der Kirche Gottes gibt. Dieses Opfer ist wahrhaft das verehrungswürdigste und vollkommenste; und damit ein solcher Schatz die Hochachtung erhalte, die er verdient, wollen wir hier in wenigen Worten eine seiner großen Qualitäten in Augenschein nehmen. Eine, sage ich, denn alle zu umfassen, wäre ein für den menschlichen Verstand unmögliches Unterfangen.

Die heilige Messe ist „das größte Wunder der göttlichen Allmacht“. Vielleicht sind wir erstaunt über dieses Wort, die heilige Messe sei ein Werk voller Wunder. Ist denn die durch die Worte des Priesters, eines schlichten Sterblichen, bewirkte Wandlung nicht in der Tat ein all unseres Staunens wertes Wunder? Wer, nicht nur unter den Menschen, sondern auch unter den Engeln, kann eine solche Macht erklären?

Wer könnte sich vorstellen, dass die Stimme eines Menschen, der nicht einmal die Kraft besitzt, einen Strohhalm von der Erde hochzuheben, ohne ihn mit der Hand zu ergreifen, von Gott die wunderbare Vollmacht erhalten hat, den Sohn Gottes selbst vom Himmel auf die Erde herabkommen zu lassen? Dies ist eine Gewalt, größer als Berge zu versetzen, das Meer auszutrocknen und die Himmel zu erschüttern. Die Worte, die der Priester bei der Konsekration ausspricht, sind in einem gewissen Sinn ebenso mächtig wie jenes erste Fiat, mit dem Gott alle Dinge aus dem Nichts hervorholte; es scheint sogar, dass sie noch jenes zweite Fiat übertreffen, mit dem die heilige Jungfrau in ihrem Schoß das Ewige Wort empfing.

(Msgr. Georg Zinnbauer, Regensburg. – 20.01.1938–18.10.2022)

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Hl. Pius V., Papst und Bekenner

Papst Pius V. regierte von 1566 bis 1572, er wurde 1712 von Klemens XI. heiliggesprochen.
Unter seinem Pontifikat erhielt die „tridentinische Liturgie“ ihre feste Gestalt.

Bischof Pius,
Diener der Diener Gottes zum ewigen Gedächtnis

Seit Unserer Berufung zum höchsten Apostolischen Amt richten wir gern Unseren Sinn, Unsere Kräfte und alle Unsere Überlegungen auf die Reinerhaltung des Kirchlichen Kultes und bemühen Uns, das dazu Nötige in die Wege zu leiten und mit Gottes Beistand mit allem Eifer wirksam zu machen.

Nun hatten Wir gemäss den Beschlüssen des Heiligen Konzils von Trient über die Herausgabe und die Verbesserung der Heiligen Bücher, nämlich des Katechismus, des Missales und des Breviers zu verfügen. Nachdem mit Gottes Zustimmung der Katechismus zur Belehrung des Volkes herausgegeben und das Brevier zum schuldigen Gotteslob verbessert worden war, mussten Wir Uns, damit dem Brevier das Missale gebührend entspreche (da es sich gar sehr geziemt, dass in der Kirche Gott auf einheitliche Art gelobt und die Messe auf einheitliche Art gefeiert werde), der noch verbliebenen Aufgabe zuwenden: das Missale selbst herauszugeben.

Wir hielten es darum für richtig, diese Bürde ausgesuchten Gelehrten zu übertragen. Nach sorgfältiger Untersuchung der alten Bücher Unserer Vatikanischen Bibliothek sowie anderer, von überall herbeigeholter, verbesserter und unverderbter Handschriften, ebenso auch der Überlegungen der Alten und der Schriften anerkannter Autoren, die Uns Aufzeichnungen über die heilige Einrichtung der Riten hinterlassen haben, stellten diese gelehrten Männer das Missale nach Vorschrift und Ritus der Heiligen Väter wieder her.

Damit alle aus dieser Arbeit Nutzen zögen, haben Wir, nachdem Wir es geprüft und verbessert hatten, nach reiflicher Überlegung angeordnet, dass es möglichst bald in Rom gedruckt und herausgegeben werde.

Die Priester im besonderen sollen daraus erkennen, welche Gebete sie von jetzt an bei der Messfeier verwenden und welche Riten und Zeremonien sie dabei einhalten müssen. Damit aber alle das von der Heiligen Römischen Kirche, der Mutter und Lehrerin der übrigen Kirchen, Überlieferte überall erfassen und beachten, setzen Wir durch diese Unsere ewig gültige Konstitution unter Androhung Unseres Unwillens als Strafe fest und ordnen an: fürderhin soll in allen kommenden Zeiten auf dem christlichen Erdkreis in allen Patriarchalkirchen, Kathedralen, Kollegiaten und Pfarreien, in allen weltlichen, klösterlichen – welchen Ordens und welcher Regel sie auch seien, ob Männer- oder Frauenklöster – in allen militärischen und ungebundenen Kirchen oder Kapellen, in denen die Messe des Konvents laut mit Chor oder still nach dem Ritus der Römischen Kirche gefeiert zu werden pflegt oder gefeiert werden sollte, nicht anders als nach dem von Uns herausgegebenen Missale gesungen oder gelesen werden, auch wenn diese Kirchen irgendwelche Ausnahmen geniessen, durch ein Indult des Apostolischen Stuhles, durch Gewohnheitsrecht oder Privileg, ja durch Eid oder Apostolische Bestätigung oder irgendwelche andere Besonderheiten bevorzugt sind – ausser wenn sie gleich von ihrer vom Apostolischen Stuhl gutgeheissenen Errichtung an oder aus Tradition bei der Messfeier einen mindestens zweihundertjährigen Ritus in eben diesen Kirchen ohne Unterbrechung eingehalten haben. Diesen letzteren nehmen Wir keineswegs das genannte Sonderrecht oder die Tradition bei der Messfeier, doch gestatten Wir, falls das von Uns herausgegebene Missale mehr gefällt, dass die Messen mit Zustimmung des Bischofs oder Prälaten und des gesamten Kapitels, ungeachtet anderer Bestimmungen, nach Unserem Missale gefeiert werden.

Allen anderen genannten Kirchen jedoch benehmen Wir damit den Gebrauch ihrer Missalien, verwerfen sie von Grund auf und vollständig und setzen fest, dass diesem Unseren gerade herausgegebenen Missale niemals etwas hinzugefügt, weggenommen oder an ihm verändert werden dürfe.

Streng befehlen Wir jedem einzelnen Patriarchen und Verwalter der vorgenannten Kirchen, allen anderen Personen, gleich welchen Ranges sie auch seien, in der Tugend des heiligen Gehorsams: sie sollen die bisher gewohnten Weisen und Riten (auch die aus noch so alten Messbüchern) in Zukunft ganz und gar aufgeben, völlig verwerfen und die Messe nach Ritus, Weise und Norm Unseres Messbuches singen und lesen, und sie sollen nicht wagen, bei der Messfeier andere Zeremonien und Gebete als die in diesem Missale enthaltenen hinzuzufügen oder vorzulesen.

Und dass sie in allen Kirchen bei der gesungenen oder gelesenen Messe ohne Gewissensskrupel oder Furcht vor irgendwelchen Strafen, Urteilen und Rügen von nun an ausschliesslich diesem Missale folgen, es unbefangen und rechtens zu gebrauchen imstande und ermächtigt sind, dazu geben Wir kraft Unserer Apostolischen Vollmacht für jetzt und für ewig Unsere Bewilligung und Erlaubnis.

Ebenso setzen Wir fest und erklären: Kein Vorsteher, Verwalter, Kanoniker, Kaplan oder anderer Weltpriester und kein Mönch gleich welchen Ordens darf angehalten werden, die Messe anders als wie von Uns festgesetzt zu feiern, noch darf er von irgendjemandem gezwungen und veranlasst werden, dieses Missale zu verändern, noch kann das vorliegende Schreiben irgendwann je widerrufen oder modifiziert werden, sondern es bleibt für immer im vollen Umfang rechtskräftig bestehen.


Damit sind alle gegenteiligen früheren Bestimmungen, Apostolischen Konstitutionen und Ordinationen, alle allgemeinen oder besonderen Konstitutionen und Ordinationen von Provinzial- oder Synodalkonzilien, ebenso die Statuten und Gewohnheiten der oben erwähnten Kirchen, auch wenn ihr Brauch zwar durch eine sehr alte und ehrwürdige Vorschrift gestützt, aber nicht älter als zweihundert Jahre ist, ausser Kraft gesetzt.

Von der Veröffentlichung dieser Unserer Konstitution und des Missales an sollen die Priester an der römischen Kurie angehalten werden, nach einem Monat, die diesseits der Alpen nach drei, die jenseits der Alpen nach sechs Monaten, oder sobald sie dieses Missale käuflich erwerben können, die Messe danach zu singen oder zu lesen.


Damit es überall auf der Erde unverderbt und von Fehlern und Irrtümern rein bewahrt werde, verbieten Wir kraft Apostolischer Vollmacht mit dem vorliegenden Schreiben allen Buchdruckern in Unserem (und von S. R. E. [Sanctae Romanae Ecclesiae]) mittelbaren und unmittelbaren Herrschaftsbereich bei Strafe des Bücherverlusts und von an die Apostolische Kammer zu zahlenden hundert Golddukaten, den anderen Buchdruckern aber in allen Teilen der Erde bei Strafe der Exkommunikation im weiten Sinne und anderen Strafen nach unserem Schiedsspruch: dass sie sich ohne Unsere bzw die ausdrücklich dazu erteilte Erlaubnis eines von Uns an dem betretenden Ort zu bestellenden Apostolischen Kommissars nicht unterstehen sollen, zu drucken, zu verkaufen und überhaupt anzunehmen, ausser wenn vorher durch eben diesen Kommissar eben diesem Buchdrucker volle Gewissheit gegeben worden ist, dass das Messbuchexemplar, welches die Norm für den Druck weiterer Exemplare zu sein hat, mit dem in Rom im Erstdruck hergestellten Missale verglichen worden sei, mit ihm übereinstimme und in gar nichts abweiche.

In Anbetracht der Schwierigkeit, das vorliegende Schreiben an alle Orte des christlichen Erdkreises und gerade in der ersten Zeit zur Kenntnis aller zu bringen, schreiben Wir vor: Es soll in herkömmlicher Weise an den Türflügeln der Basilika des Apostelfürsten und der Apostolischen Kanzlei und an der Spitze des Campus Florae öffentlich angeschlagen werden; man soll auch den gedruckten Exemplaren dieses Schreibens, die von einem öffentlichen Notar handschriftlich unterzeichnet und mit dem Siegel eines kirchlichen Würdenträgers versehen sind, bei allen Völkern und an allen Orten geradewegs denselben unbezweifelten Glauben schenken, wie man ihn dem vorliegenden Schreiben schenken würde, wäre es sichtbar ausgestellt.


Überhaupt keinem Menschen also sei es erlaubt, dieses Blatt, auf dem Erlaubnis, Beschluss, Anordnung, Auftrag, Vorschrift, Bewilligung, Indult, Erklärung, Wille, Festsetzung und Verbot von Uns aufgezeichnet sind, zu verletzen oder ihm im unbesonnenem Wagnis zuwiderzuhandeln. 
 
Wenn aber jemand sich herausnehmen sollte, dies anzutasten, so soll er wissen, dass er den Zorn des Allmächtigen Gottes und Seiner Heiligen Apostel Petrus und Paulus auf sich ziehen wird.
Gegeben zu Rom bei Sankt Peter im fünfzehnhundertsiebzigsten Jahre der Geburt des Herrn

am 14. Juli im Fünften Jahre Unseres Pontifikats
Pius V. PP.

Bulle Quo primum von Papst Pius V.
zur Einführung des Römischen Messbuches 14. Juli 1570

(Quelle: Übersetzt von Professor Peter Schilling, April 1971)

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Besser klein als garnicht

Wenn die Einzelzelebration der Heiligen Messe im Petersdom, der größten Kirche der Welt, nicht mehr möglich sein soll, dann können leider keine Heilige Messen mehr in der außerodentlichen Form des Römischen Ritus stattfinden. Dies ist bedauerlich!

Doch beachten wir, dass jede Darbringung des Heiligen Messopfers den gleichen Wert darstellt. Somit ist auch die Zelebration am kleinsten Altar der Welt, sei er in einer Kirche, einer Kapelle oder einer Wohnung, genauso wertvoll und wichtig, wie die Heilige Messe am größten und schönsten Altar der Welt. Und, – die Heilige Messe ist auch gleich wertvoll, ob ihr nun hunderte Gläubige beiwohnen oder nur  ein Ministrant.

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Der Priester betritt die Opferstätte

Die Seele gewappnet mit dem Helm der schützenden und wehrenden Gnade, gekleidet in das Gewand der heiligmachenden Gnade, umgürtet mit Kampfbereitschaft gegen die sinnlichen Triebe, erfüllt mit frohem Leidensmut, sehnend ausschauend nach der verheißene Unsterblichkeit, bereit, uns mit Christus zum Opfer zu machen, finden wir uns vor dem Altar zum heiligen Opfer ein.

Es ist gut, unseren Platz möglichst nahe dem Altar zu wählen, jedenfalls aber so, daß wir der heiligen Handlung genau folgen können. …

Der Priester tritt an den Altar, entblößt das Haupt und macht eine tiefe Verneigung. Sie ist ein Zeichen der Ehrfurcht vor Christus, dessen Sinnbild der Altar ist, dessen Opferplatte, …, die Zeichen seiner heiligen fünf Wunden trägt.

Wird auf dem Altar das Allerheiligste Sakrament aufbewahrt, ist also Christus nicht bloß im Symbol, sondern wahrhaft, wirklich und wesentlich zugegen, so macht der Priester statt der Verneigung die Kniebeugung.

Wunderschön hat der heilige Petrus die Gesinnungen ausgedrückt, in denen wir vor dem Altare erscheinen sollen:

»Nahet euch ihm, dem lebendigen Steine, der zwar von den Menschen verworfen, von Gott aber auserwählt zu Ehren gebracht worden ist, und bauet euch selbst als lebendige Steine auf ihn zum geistigen Hause, zum heiligen Priestertum, um geistige Opfer darzubringen, welche Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus« (1. Petr. 2,4,5.)

(Joseph Minichthaler)

Stufengebet

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Sonntag – Kommunionempfang oder?

Am 21. Juni hat DIE TAGESPOST einen Beitrag von Pater Sven Leo Conrad FSSP veröffentlicht. Dieser hat sich darin Überlegungen über den „Empfang der Eucharistie in Form der Mundkommunion im Kontrast zur Handkommunion“ angestellt.

Er stellt folgendes fest, dass es „schlicht um die Frage“ gehe, „ob Mundkommunion und Handkommunion ihrer äußeren Form nach wirklich ebenso würdig“ sind.

Kein geringerer als der hl. Papst Paul VI. war eindeutig anderer Meinung. In dem von ihm angeordneten und gutgeheißenen Schreiben Memoriale Domini, mit dem die Kongregation für den Gottesdienst 1969 die Handkommunion als Sonderfall ermöglicht, heißt es über die Mundkommunion, sie „gewährleist[e] auch zuverlässiger die erforderliche Ehrfurcht und die geziemende Würde bei der Spendung der heiligen Kommunion.“ Zudem verhindere sie die Profanierung kleinster Teilchen. Wer hier eine scholastische Spitzfindigkeit vermutet, der sei auf die Kirchenväter verwiesen, an die auch Memoriale Domini erinnert: „Nimm es entgegen! Aber achte darauf, dass dir nichts verlorengehe“ (Cyrill v. Jerusalem). Die Einführung der Handkommunion steht theologiegeschichtlich ohne Zweifel im Kontext jener „nicht geringe[n] Verwirrung bezüglich der Glaubenswahrheiten“ über die Eucharistie, die Paul VI. in seiner Enzyklika Mysterium fidei beklagt. Man kann kaum leugnen, daß dieser Papst die neue Praxis konzediert hat, weil sie im Ungehorsam schon geübt wurde. Damals legte der Hl. Stuhl den Bischöfen „die schwere Last“ auf, „[j]egliche Gefahr einer Minderung der Ehrfurcht oder falschen Auffassung über die allerheiligste Eucharistie … abzuwenden“.

Quelle

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„Summorum Pontificum“ – Negatives

Die Feier von heiligen Messen im klassischen römischen Ritus wird an manchen Stellen immer noch unterdrückt, erschwert, die Information darüber, wann wer wo zelebriert, untersagt. Das reicht von der „Bestrafung“ traditioneller Gottesdienstgemeinden durch Rücknahme der Genehmigung zur Feier der alten Messe – weil die Gläubigen etwa mit einer Petition gegen irgendetwas protestiert haben – bis zur Forderung an junge Männer, die Priester werden wollen, alle im Internet publizierten Artikel, in denen sie sich positiv zur außerordentlichen Form des römischen Ritus äußern, zu löschen beziehungsweise löschen zu lassen.

Monika Rheinschmitt im Interview mit CNA

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Zuerst wurden die Kreuzzeichen gestrichen

Schon während des 2. Vatikanischen Konzils, unmittelbar nach der Verabschiedung der Konstitution über die heilige Liturgie SACROSANCTUM CONCILIUM (SC) wurden in Pfarrkirchen und Klosterkirchen die ersten Veränderungen eingeführt. Es waren nicht nur etwa ein Teil der Gebete, die die Ministranten zu verrichten hatten, die wegfielen, ohne dass dies ein Kirchenbesucher gemerkt haben müsste. Ein weiterer Handstreich, den die Gläubigen nicht mitbekamen, geschah im Missale des Priesters auf dem Altar. Tatsächlich wurden von den Priestern (!!!) buchstäblich im Handstreich, nämlich mit einem Schreibstift, die vorgeschriebenen Kreuzzeichen aus dem CANON der Heiligen Messe ausgestrichen, getilgt. Dabei berief man sich auf Art. 25 SC: „Die liturgischen Bücher sollen baldigst revidiert werden; dazu sollen aus den verschiedenen Gebieten des Erdkreises Fachleute herangezogen und Bischöfe befragt werden.

Nur ein kleiner Handstreich. – Missale Romanum.

(Tridentinisches Konzil, 22. Sitzung 17. Sept. 1532:
Die Lehre vom Opfer der Messe):

„4 . Kapitel: Vom Kanon der Heiligen Messe
Und da es sich geziemt, dass das Heilige heilig verwaltet werde und dieses unter allen das heiligste Opfer ist, so hat die Katholische Kirche, damit es würdig und ehrfurchtsvoll aufgeopfert und empfangen werde, vor vielen Jahrhunderten den heiligen Kanon eingeführt, von allen Irrtum so rein, dass nichts zu ihm enthalten ist, welches nicht ganz vorzüglich von Heiligkeit und Frömmigkeit duftend, die Gemüter der Opfernden zu Gott erhebe. Da ja derselbige sowohl aus Worten des Herrn selbst, als aus Überlieferungen der Apostel und auch aus frommem Einrichtungen heiliger Päpste besteht.“

(Quelle)

Da Heiliges heilig verwaltet werden soll und dieses Opfer das heiligste von allem ist, hat die katholische Kirche, damit es würdig und ehrfürchtig dargebracht und empfangen werde, vor vielen Jahrhunderten den heiligen Kanon eingeführt, der so von allem Irrtum rein ist, daß nichts in ihm enthalten ist, das nicht in höchstem Maße den Duft einer gewissen Heiligkeit und Frömmigkeit verströmen läßt und die Gemüter derer, die es darbringen, zu Gott emporrichtet…“ (DH 1745)

Knapp und scharf wird daraus im dazugehörigen Kanon – sozusagen dem „Kanon über den (römischen) Kanon“ – die Folgerung gezogen: „Wer sagt, der Kanon der Messe enthalte Irrtümer und sei deshalb abzuschaffen, der sei im Banne.“ (DH 1756)

(P. Bernward Deneke FSSP: Konzil von Trient und heilige Messe; in: Dominus Vobiscum, April 2014).

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Erste Begegnung mit der „alten Messe“

Es sind allem voran bestimmte Begegnungen, die unserem Leben Richtung und Prägung geben.

Begegnungen, die aus dem flüchtigen Grau-in-Grau des Alltags hervorstechen. Die ihr Zeichen tief in Seele und Herz drücken. Und die uns wie verwandelt entlassen. Rückblickend erkennen wir sie als Fügungen göttlicher Vorsehung; als Wege der Gnade hin zum Leben in Fülle.

Die bescheidene Begegnung, von der hier die Rede sein soll, ereignete sich vor über 3 Jahrzehnten in einer Kapelle. Deren Besonderheit liegt nicht in hohem Alter und bedeutenden Kunstschätzen, sondern darin, daß sie zur Versammlungsstätte jener Katholiken geworden ist, die die heilige Messe im „alten Ritus“ besuchen wollen.

Der Verfasser dieser Zeilen hatte eigentlich keine Veranlassung, sich in den Kreis solcher Außenseiter zu begeben. Selbst Ministrant in seiner Pfarrei und aktiv in deren Jugendgruppen, war er im „normalen“ kirchlichen Leben zuhause und vertraut mit der Form des Gottesdienstes, die er von Kindertagen an als einzige kennengelernt hatte. Warum etwas Neues, auch wenn es das Ältere wäre?

Aber einige Vorkommnisse, teils abschreckender, teils erfreulicher Art, trieben zur Suche an und drängten mit wachsender Eindeutigkeit auf den Pfad der Tradition. So erlebte er auf der einen Seite die offene In-Frage-Stellung von Glaubenswahrheiten im Religionsunterricht und Abstoßendes in der Jugendarbeit und in Jugendgottesdiensten, an deren Gestaltung er selbst Anteil hatte.

Auf der anderen Seite standen Begebenheiten, die neue Horizonte eröffneten: eine intensiv religiöse Wallfahrt, die Entdeckung und Pflege „altertümlicher Frömmigkeitsformen“ (besonders des Rosenkranzgebetes) sowie die Lektüre wahrhaft katholischen Schrifttums.

Zum ersten Mal wurde der Glaube hier in seiner erregenden Größe und Schönheit, in seinem bindenden und bannenden Anspruch erfahren. Schwindelerregend hoch und abgrundtief, erhaben und innig zugleich erschien die Lehre von der eucharistischen Gegenwart Jesu und von der unblutigen Vergegenwärtigung Seines Liebes- und Lebensopfers in der heiligen Messe.

Warum nur waren dem praktizierenden und engagierten Jugendlichen alle diese Wahrheiten so lange beinahe vollständig vorenthalten geblieben? Und wo fanden sie überhaupt einen angemessenen Ausdruck? Im gewohnten gottesdienstlichen Leben jedenfalls war davon wenig auszumachen. Trotz – oder vielmehr: wegen? – der vielgepriesenen „Verständlichkeit“ der neuen Liturgie.

So wurde der Wunsch unabweislich, das, was bisher nur vom Hörensagen her bekannt war, mit eigenen Augen und Ohren mitzuerleben: die „alte Messe“. War sie, die von den Bauleuten Verworfene, nicht schon durch die bloße Kunde zum Eckstein im Herzen des Suchenden geworden?

Fast immer erspäht der junge Mensch in neuer Umgebung zuerst, was er denn da für Leute um sich habe. Erfreulich war die Entdeckung, daß sich in der Kapelle alle Altersstufen einfanden; und daß es sich keineswegs um lauter religiöse Fanatiker und frömmelnde Exzentriker (die es natürlich auch gab) handelte.

Die Formen der Ehrfurcht, im pfarrlichen Leben auf ein kaum noch zu unterbietendes Minimum reduziert und nur von wenigen Randexistenzen beibehalten, hatten bei diesen Gläubigen so gar nichts Übertriebenes an sich. Reine Selbstverständlichkeiten.

Und dann die heilige Messe selbst. Der Neuling sah sich einer eigenen Welt gegenüber. Die war ihm noch weithin verschlossen. Aber in ihrer erfüllten Stille und im erahnten Tiefsinn der Zeichen übte sie eine unaufdringliche und zugleich kraftvolle Anziehung aus. Bis auf die Predigt, weit und wogend wie das Meer, machte dieser Gottesdienst nicht den Eindruck eines Vortrages von Mensch zu Mensch, sondern einer Handlung, genauer noch: einer Begegnung.

Die Haltung und Ausrichtung des Zelebranten, der Ministranten und Gläubigen ließen keinen Zweifel mehr darüber, wer da im Mittelpunkt stand. Es fiel gar nicht schwer, an die wirkliche und persönliche Gegenwart des Erlösers in Seinem Opfer zu glauben. Alles redete ja davon. Alles lenkte die Aufmerksamkeit auf Ihn hin. Anstatt seine Person hervorzuheben, verschwand der Priester nahezu. Er tauchte gleichsam in dem liturgischen Vollzug unter und ging völlig auf in der Stellvertretung des einen Hohenpriesters Jesus Christus.

Aus der Hinwendung zum „Geheimnis des Glaubens“ heraus wandte er sich dann auch den Gläubigen zu. Aber ohne den Blick auf den Herrn zu verstellen. Keine störenden subjektiven Einlagen. Die heilige Messe hatte nicht das Gesicht ihres menschlichen Zelebranten. Sie war theozentrisch, christozentrisch.

Endlich hatte der Sucher den Ausdruck jenes eucharistischen Glaubens, der aus den Worten und Gebeten der Heiligen spricht, gefunden! Wohl waren die Zelebrationsrichtung, die lateinische Kultsprache und die lang empfundenen Phasen des Schweigens für den an Verständlichkeit und Abwechslung gewöhnten Meßbesucher zunächst fremdartig.

Durch den Entzug äußerer Beschäftigungen sah er sich plötzlich auf sein eigenes, armes Inneres zurückgeworfen: auf die Leere, den schwachen Glauben, die verkümmerte Fähigkeit zur Anbetung…

Doch gerade dadurch kam auch die Einsicht: Die heilige Messe ist eben ein Mysterium; ein Geheimnis, das nicht dem Fassungsvermögen des Menschen angepaßt werden darf, sondern dem sich dieses Fassungsvermögen durch die Gnade und eigenes Bemühen mehr und mehr anpassen soll.

Der innerste Mittelpunkt des Glaubenslebens kann nicht nach den Maßstäben Fernstehender gestaltet werden. Nur dem gläubigen Mitvollzug erschließt er sich nach und nach. In das wahrhaft Große wächst man erst mit der Zeit hinein.

Der Blick muß geläutert, das übernatürliche Sensorium geschärft werden. Dann beginnt das Abenteuer immer neuer, immer noch herrlicherer Entdeckungen.

Diese erste Begegnung läutete für den Verfasser eine Entdeckungsreise ein, die bis heute kein Ende gefunden hat. Auch die spätere „Gewöhnung“ an den traditionellen Meßritus im Priesterseminar und als Priester hat daran nichts geändert.

Während das Moderne in seiner Ausrichtung auf den „Menschen von heute“ veraltet, offenbart das Alte sich in ewiger Jugend, denn es ist in erster Linie ein „Hintreten zum Altare Gottes, zu Gott, der meine Jugend erfreut“ (Stufengebet der hl. Messe). In der Begegnung mit diesem Wunderwerk des Glaubens findet das abenteuerliche Herz, was es sucht: den unerschöpflichen Reichtum des Lebens in der Begegnung mit dem Herrn.

Von P. Bernward Deneke FSSP im Schweizerisches Katholisches Sonntagsblatt

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