(K)ein Grund ins Kloster zu gehen (?)

Was eine klösterliche Berufung madig machen kann, also jemandem, der sich berufen fühlt, den Eintritt in ein Kloster verleidet und verdirbt, kommt manchmal von den Ordensleuten selbst. Die Damen dieser beiden Fotos sind US-amerikanische Benediktinerinnen: einmal ein Gruppenbild und einmal während ihres Chorgebetes.

Im konkreten Fall handelt es sich um Benediktinerinnen des „Baltimore Emmauel Monastery„.

Natürlich gilt auch hier die Redeweise „Eine Kutte macht noch keinen Mönch oder Nonne„, und es soll hier auch nicht über die Berufung dieser Personen geurteilt werden. Doch darf man sich fragen, für wen diese Frauen als Ordensleute so anziehend sind, dass sie den Wunsch haben, selbst in deren Kloster einzutreten.

Hinter diesem Beitrag steht die Frage, die sich Ordensfrauen und Ordensmänner stellen sollen:

WIE werden wir als geistliche Gemeinschaft
– werde ich als geistliche Person –
von jungen Menschen wahrgenommen,
die sich fragen,
ob sie „berufen“ sind
und sich mit dem Gedanken tragen
„einzutreten“.

„Grund für eine Berufung“ (2/2)

Jesus sagte „Komm!“
(Offb 22,17).

Ich hatte Gelegenheit, die reine Luft und den lieblichen Wohlgeruch des vollkommen der Kontemplation geweihten Lebens einzuatmen, in einer Gemeinschaft […] der Unbeschuhten Karmelitinnen […].

Eine Klausur, die „als Geschenk empfangen und als freie Antwort der Liebe gewählt“ wurde (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Vita consecrata, 59): zwanzig Frauen, junge oder junggebliebene (es ist wirklich wahr, daß die Kontemplativen einfach nicht älter werden!).

Wer in dieses Kloster kommt, wie in die vielen kontemplativen Männer- oder Frauenklöster auf der ganzen Welt, nimmt diese tiefe, reine Freude wahr, die hier herrscht; kann erfahren, wie schön es ist, mit offenen Armen aufgenommen, auf ewig geliebt zu werden, wie schön es ist, statt des eigenen rissigen und versiegelten Kruges, so eifersüchtig bedacht auf sich selbst und seine wenigen bitteren Tropfen Wassers, einen bis an den Rand gefüllten Kelch vorzufinden, ein Herz, das offen ist für die großen Bedürfnisse der Menschen und der Geschichte, offen für den, der die Begegnung sucht, die Gemeinschaft, offen für alle nach Gott und seiner Liebe Hungernden und Dürstenden.

Ihre tiefempfundene Freude zeigt sich in dem offenen Lächeln, dem wir in den von der Begegnung mit Gott verklärten Augen und Gesichtern begegnen, die nach und nach verwandelt; zeigt sich in einer Gemeinschaft, wo für Vulgarität und Falschheit kein Platz ist, sondern vielmehr für eine Atmosphäre der Wahrheit und der Aufrichtigkeit, eine Zuneigung, die sich nicht von menschlichen Dingen beeinflussen läßt.

Somit wird die Klausur, „Ort der spirituellen Gemeinschaft mit Gott“, Ort der Liebesgemeinschaft „von Brüdern und Schwestern“, wo „die Raum- und Kontaktbeschränkung zum Vorteil der Verinnerlichung der evangelischen Räte gereicht“ (VC 59).

Wie Terese von Lisieux schrieb, ist der Platz der Kontemplativen im Herzen der Kirche, und ihre Berufung ist Liebe: „Im Herzen der Kirche, meiner Mutter, werde ich Liebe sein, und werde alles sein“.

Diese Männer und Frauen stellen ihr Leben ganz in den Dienst der Kirche, der Bischöfe, der Priester, der Zweifelnden, der Leidenden, derer, die fern sind von Gott, aller Tragödien und Bedürfnisse der Menschheit: trotz der Klostermauern – oder, auf irgendeine geheimnisvolle Weise vielleicht gerade durch sie –, die sie von der Welt trennen, durch den engen und unendlichen Raum ihrer Klausur, sind sie mit ihrem Leben im Verborgenen präsent, diesem Leben der Liebe und des Opfers für alle Dramen der Welt und der Kirche. Werden zur Quelle, aus der jeder Mann und jede Frau Kraft, Freude, Ruhe, Mut schöpfen kann, in einer kontinuierlichen Gemeinschaft, gemacht aus einfachen Worten, geistlichem Beistand, was jeder, der an diese Klosterpforten klopft, konkret erfahren kann.

Die Klausur ist also der Ort, wo die Braut Kirche ihrem Bräutigam Ruhm verleiht und ihm, bewegt von dem in ihr wohnenden Geist, zuruft:

„Komm!“
(Offb 22,17).

Alle Kontemplativen wiederholen gern und voller Staunen das Gebet der hl. Maria Magdalena de’ Pazzi:

„O Bräutigam, o Wort, so will ich dich immer nennen. Bewundert meinen Bräutigam, das Wort, seht, wie schön er ist, wie groß, wie würdig, wie strahlend sein Antlitz. O Bräutigam, o mein geliebtes Wort! O, Geschöpfe, die ihr von ihm geschaffen wurdet, was tut ihr? Euch alle lade ich ein, seine Größe zu bewundern und zu betrachten, seine Pracht und seine Herrlichkeit.“

(von Franc Kardinal Rodé CM, notiert in 30giorni, 12, 2004)

Franc Kardinal Rodé CM (* 23. September 1934 in Ljubljana, Slowenien), Mitglied der Kongregation der Mission (Congregatio Missionis – CM), auch bekannt unter den Namen Vinzentiner oder Lazaristen. Rodé war Erzbischof von Ljubljana. Ab 2004 war er Präfekt der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens. 2006 erhielt er von Papst Benedikt XVI. den Kardinalshut.

Einkleidung einer Karmelitin im Karmel Himmelspforten
Foto: http://www.karmelitinnen-wuerzburg.de.jpg

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„Grund für eine Berufung“ (1/2)

Jesus sagte „Komm!“
(Offb 22,17).

Schon immer hat sich aus dem Herzen des Menschen eine Frage erhoben; eine Frage, die das ausdrückt, was letztendlich das Wesen der Menschheit ist. Eine Frage, die sich von jedem Ort und seit allen Zeiten erhebt, in der Tiefe des Herzens, im Innersten des menschlichen Wesens zuhause ist:

„Gott, du mein Gott, dich suche ich,
meine Seele dürstet nach dir“
(Ps 63,2).

Wie die hl. Teresa von Avila in ihrem Camino de perfección [Weg der Vollkommenheit] schreibt, „drückt der Durst das Verlangen nach etwas aus, aber ein derart großes Verlangen, daß wir sterben, wenn wir es nicht stillen können“ (Camino de perfección, XIX).

Der Durst ist kein Problem trister Tage oder ungünstiger Bedingungen, ist kein Zufall, nichts Gelegentliches, sondern eine gewöhnliche, normale, ewige Befindlichkeit. Dieser Durst zeigt sich im Verlangen nach einem authentischen Leben, das in der Tiefe des Seins, und nicht an der Oberfläche, verwurzelt ist, in der Mitte, im Herzen der Person, und nicht am Rand: es ist Durst nach Gemeinschaft, Liebe, Begegnung, nach Blicken, nach Wahrheit und Schönheit. Es ist Durst nach einem Gott, der herabkommt, um in der Abendbrise im Garten spazierenzugehen.

Dieses Verlangen nach Gott ist Verlangen nach Unendlichkeit, nach Vollkommenheit; ist die Antwort auf die Fragen, die unsere menschliche Befindlichkeit aufwirft; ist das Wissen, daß der Mensch sich nicht allein erklärt, daß wir und die Realität nur im Licht einer noch größeren Realität Sinn machen, die zwar vor unseren Augen verborgen ist, aber von unserem Herzen wahrgenommen und ersehnt wird.

Dieser Durst nach Tagen und nach Ewigkeit – des Lebens –, Verlangen nach einer Quelle, aus der das ewige Leben sprudelt, kann gestillt werden:

„Wer Durst hat, komme zu mir,
und es trinke, wer an mich glaubt“
(Joh 7, 37-38).

Augustinus beschreibt im Ersten Buch seiner berühmten Bekenntnisse dieses ununterdrückbare Verlangen, das den Menschen dazu treibt, das Antlitz Gottes zu suchen: „Denn geschaffen hast Du uns zu Dir, und ruhelos ist unser Herz, bis daß es seine Ruhe hat in Dir.“

Die Kontemplativen haben mit einer Liebe auf diesen Ruf geantwortet, die ihresgleichen sucht. Gott allein ist ihr Bräutigam, Er allein kann (nach dem hl. Bernhard) ihren Durst stillen: „Capacem Dei, quidquid Deo minus est non implebit“ („Das Herz dessen, der zu Gott fähig ist, kann nicht mit etwas Geringerem als Gott gefüllt werden“).

Das dem Gebet, der anbetenden Fürbitte, der einfachen Arbeit, der demütigen Brüderlichkeit geweihte Leben der Kontemplativen ruft die Kammer des Herzens wach, den Ort der Begegnung mit dem Geliebten, an dem jeder gerufen ist, die Union (Vereinigung) mit dem Bräutigam zu leben, jenen Ort, wo die gesamte menschliche Existenz eine bedeutungsreiche Fülle und Freude findet.

Die Klausur ist ein Ort der Wüste, an dem Gott die Geliebte mit sich vereint, in einer tiefen und unlösbaren Beziehung: „Darum will ich selbst sie verlocken. Ich will sie in die Wüste hinausführen und sie umwerben“ (Hos 2,16). Die Wüste, wo das Bedürfnis nach Wasser, der Durst, schlimmer wird, unerträglich, eine Frage von Tod oder Leben.

(von Franc Kardinal Rodé CM, notiert in 30giorni, 12, 2004)

Franc Kardinal Rodé CM (* 23. September 1934 in Ljubljana, Slowenien), Mitglied der Kongregation der Mission (Congregatio Missionis – CM), auch bekannt unter den Namen Vinzentiner oder Lazaristen. Rodé war Erzbischof von Ljubljana. Ab 2004 war er Präfekt der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens. 2006 erhielt er von Papst Benedikt XVI. den Kardinalshut.

Karmelitinnenkloster Sora, Slowenien

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Klarheit durch die Wahrheit

Warum es im Leben Wahrheit und Klarheit braucht

Bereits im Jahre 1948, nur wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, veröffentlichte die Kölner unbeschuhte Karmelitin Sr. Teresia Renata (de Spiritu Sancto) Posselt (1891–1961) „Ein Lebensbild, gewonnen aus Erinnerungen und Briefen“ über ihre Mitschwester Teresia Benedicta (a Cruce) – Edith Stein (1891–1942) –, die im Konzentrationslage Auschwitz umgebracht wurde und damals schon längst als Heilige verehrt wurde. In diesem Buch findet sich ein herrliches Wort, das die Philosophin Edith Stein von sich selbst und über ihre eigene Suche nach Gott, so formulierte: „Meine Suche nach der Wahrheit war ein einziges Gebet.

Dieser kurze Satz beruht auf ihrer langen Suche nach der Wahrheit, die 1921 ein erstes Ziel fand, als die gläubige Jüdin zum wahren Glauben entdeckte. Sie las das autobiographische „Leben der heiligen Teresa von Avila“ in einem Zug in einer Nacht: „Als ich das Buch schloß, sagte ich mir: Das ist die Wahrheit!

Edith Stein hatte die Wahrheit gesucht und Gott gefunden. Sie ließ sich taufen und in die katholische Kirche aufnehmen. Denn sie hatte in einer einzigen Nacht die Wahrheit gefunden – nicht die Wahrheit der Philosophen, sondern die Wahrheit in Christus, dem menschgewordenen Gott.

Der Priester und Theologe Ralph Weimann, der Autor des vorliegenden Buches „Klarheit durch die Wahrheit“, stellt im Vorwort fest: „Wenn es keine Wahrheit gäbe oder wenn der Mensch sie nicht erkennen könnte, dann wäre er vergleichbar mit einem Blindgeborenen. Er würde umherirren und unterschiedlichen Meinungen und Ideen folgen, nichts ließe sich mit Gewissheit sagen.

Gegenüber CNA Deutsch äußerte der Autor des Buches: „Nicht wenige Menschen meinen, die Wahrheit sei zu groß für sie, nahezu unerreichbar, andere behaupten, es sei Anmaßung, von Wahrheit zu sprechen. Doch ohne Wahrheit gibt es keine Klarheit, ohne Wahrheit gibt es auch keinen katholischen Glauben, zumal sich Jesus Christus als die Wahrheit (vgl. Joh 14,6) geoffenbart hat.“

Wenn wir uns heute umsehen, scheint uns tatsächlich die Wahrheit völlig abhanden gekommen zu sein. – Oder sie ist inflationär, wird sie doch allenthalben und von allen möglichen Heilsversprechern verkündet. Es fehlen Orientierung und Klarheit in der Gesellschaft wie in der Kirche. Es entstehen Willkür und Ungerechtigkeit. Nur Wahrheit führt zur Klarheit. Für Weimann gehört es zu unserer Zeit, dass viele Menschen sich „nicht mehr auf den Weg machen, um die befreiende Kraft der Wahrheit zu suchen“.

Leben heute nicht viele nach ihren eigenen „Wahrheiten“? Suchen sich Menschen nicht hier und dort jene angepassten „Wahrheiten“, die es ihnen bequem machen, weil sie erahnen, dass die echte Wahrheit unbequem ist?

Und wie steht es da um die Kirche? „Das Licht der Wahrheit ist der Quell- und Bezugspunkt christlichen Glaubens. ‚Christus ist das Licht der Völker‘, und die Kirche soll dieses Licht auf ihrem Antlitz widerspiegeln. Ihre primäre Aufgabe besteht darin, die in Jesus Christus geoffenbarte Wahrheit den Menschen zugänglich zu machen.“

Der Kirche kommt die Aufgabe zu, diese Wahrheit, die aus der Vergangenheit kommt, in die Gegenwart zu vermitteln, wobei sie auf die Zukunft ausgerichtet bleibt.“

In den Ausführungen des Autors wird deutlich, „warum es Klarheit durch die Wahrheit braucht, denn die Wahrheit ist die Mitte christlicher Verkündigung. Jeder Abstrich davon, jeder falsche Kompromiss oder jede Verwässerung ist kein Fortschritt, sondern ein Abkommen vom Weg. Die Wahrheit weist den Weg zu Gott, und die Wahrheitsfähigkeit ist jedem Menschen ins Herz geschrieben.“

„Die Lehre der Kirche ist dann authentische Lehre, wenn sie der göttlichen Wahrheit entspricht“, schreibt Weimann. „Denn die Kirche erfindet den Maßstab ihres Handelns nicht – so wie es Anmaßung wäre, wenn ein Mensch das tun würde –, vielmehr ist die Wahrheit, die Jesus Christus geoffenbart hat, der Maßstab. Wer in Christus und in seinem Leib – der Kirche – verbleiben will, der muss sich seiner Wahrheit unterordnen.“

Weimann betont: „Auch wenn es unangenehm sein kann, sich der Wahrheit zu stellen und sie zum Maßstab für das eigene Leben zu erheben, zumal sich der Stolz und die Bequemlichkeit als Haupthindernisse erweisen, so gibt es doch keinen anderen Weg, um zum Ziel zu gelangen.“

Die „Gemeinschaft“ ist nach Weimann „Gemeinschaft in der Wahrheit“, der jede Gemeinschaft verpflichtet sei. „Die Erkenntnis der Wahrheit ist die Bedingung für die Liebe, weil nur das geliebt werden kann, was erkannt wird und was wahr ist.“

„Wenn es Klarheit durch die Wahrheit“ gäbe, könne man sich „an vielen Punkten reiben“, deren Herausforderungen zahlreich sind. Jedoch müsse man „auf dem Weg bleiben, der wahrhaft frei macht, weil er zum Ziel führt“. Und so könne nur in der Klarheit der Wahrheit „eine wirkliche Erneuerung des Glaubens und der Kirche“ vorangetrieben werden.

Zuerst erschienen bei CNA

HIER BESTELLEN

Ralph Weimann
Klarheit durch die Wahrheit.
Beiträge zur Erneuerung des Glaubens und der Kirche
Media Maria Verlag 2024
160 Seiten; 17,95 Euro
ISBN: 9783947931590

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Dein Antlitz suche ich!

Erhör mein Rufen, Herr,
mit dem ich zu Dir flehe,
alleluia.
Es spricht zu Dir mein Herz:
Dein Antlitz suche ich.
Ja Herr,
Dein Antlitz will ich suchen.
Dein Antlitz wende nicht hinweg von mir,
alleluia, alleluia.

Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
wen sollte ich fürchten?

(Introitus am Sonntag nach Christi Himmelfahrt)

Exaudi, Domine, vocem meam, qua clamavi ad te, alleluia: tibi dixit cor meum, quæsivi vultum tuum, vultum tuum, Domine, requiram: ne avertas faciem tuam a me, alleluia, alleluia.
Dominus illuminatio mea, et salus mea: quem timebo?
[Introitus (Ps. 26, 7 8 u. 9)]

Photo: Daniel Ibanez/EWTN – Veil of the Holy Face of Manoppello

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Hl. Bischof Mamertus – 11. Mai

Im Römischen Martyriologium wird heute des Todes des heiligen Bischof Mamertus zu Vienne in Frankreich gedacht. Angesichts eines drohenden Unglücks hielt er in jener Stadt an den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt feierliche Bittprozessionen.

Diesen Brauch hat später die ganze Kirche übernommen. Doch heute kommt dem Bitten um Gottes Segen für die „Frucht der Erde“ kaum noch Bedeutung zu. Die einst in der DDR gängige Bauern-Parole: „Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein!“ scheint heute auch bei katholischen Landwirten gängige Ansicht zu sein. Wie sonst ist es möglich, dass selbst in „katholischen Gegenden“ kaum ein Bauer beim „Wettersegen“, bei „Bittandachten“ oder bei „Bittprozessionen“ anzutreffen ist.

Gibt es dort, wo diese katholischen Traditionen gepflegt wurden, überhaupt noch eine Bittprozession?

Bischof Mamertus mit dem Allerheiligsten bei einer Bittprozession

Wir schreiben das Jahr 477.

Über fünfzig Jahre lang wurden zwei Provinzen Frankreichs, Dauphine und Savoien besonders aber die Stadt Vienne, fast alljährlich von immer neuen Unglücksfällen heimgesucht
Die Erdbeben waren beinahe täglich; Feuerbrünste verheerten die schönsten Wohnungen, und die wilden Tiere wurden so zahlreich und kühn, dass sie am hellen Tage mitten in die Stadt drangen, ohne die Einwohner zu fürchten.

Der Schrecken erreichte den höchsten Grad, als in der Osternacht des Jahres 469, während das Volk in der großen Kirche der Stadt mit feinem Bischöfe, dem heil. Mamertus, die heiligen Geheimnisse feierte, das Feuer ein Stadthaus, ein prächtiges Gebäude auf einer Anhöhe, ergriff.

Man glaubte, die ganze Stadt würde in Asche gelegt werden. Alle Gläubigen verließen die Kirche, um sich und ihre Habe zu retten; nur der heilige Bischof blieb allein vor dem Altare, vertrauend auf den Schutz Gottes. Er war ein Mann des Glaubens und des Gebetes. Unter einem Strom von Tränen flehte er zu Gott, er möge sich des Volkes erbarmen und so vielen und großen Drangsalen Einhalt tun. Die ganze Nacht harrte er so in der Kirche im Gebete aus, und siehe da, kaum war der Tag angebrochen, da erlosch plötzlich der große Brand.

Jetzt eilte das Volk voll Freude und Dank gegen Gott wieder in die Kirche zurück, um den heiligen Gottesdienst fortzusetzen. Nachdem der heilige Bischof die hochheiligen Geheimnisse vollendet hatte, wandte er sich an das versammelte Volk und mahnte es mit den eindringlichsten Worten zur Buße und Besserung des Lebens, denn nur dadurch würde der Zorn des Himmels besänftigt und sein Segen wieder erlangt werden.

Seine Rede schloss er mit den Worten, dass er während der Nacht am Altare stehend, Gott versprochen habe, mit seiner Herde drei Tage nacheinander, öffentliche Bittgänge zu halten und alle sollten sich durch Fasten, Almosengeben und reumütiges Sündenbekenntnis darauf vorbereiten.

Das ganze Volk stimmte dem heil. Bischöfe bei und mit allgemeiner Zustimmung der Geistlichkeit wählte man zur Erfüllung des Gelübdes die drei Tage vor Christi Himmelfahrt. Als die Zeit erschienen war, bezeichnete der heil. Bischof eine Kirche außerhalb der Stadt als das Ziel der Prozession.

Hierher zog nun das Volk in schönster Ordnung unter Anrufung aller Heiligen, weinend und betend. Als der heil. Bischof den Eifer des Volkes sah, bestimmte er noch zwei andere weitere Kirchen, wohin das Volk eben so andächtig wallfahrtete.

Das bußfertige Flehen fand bei Gott Erhörung, die Drangsale hörten auf, und Friede und Ruhe kehrte wieder ein in der Stadt und im Lande.

Als nun die französischen Bischöfe von dieser heilsamen Übung gehört, führten sie dieselbe auch in ihren Bistümern ein und von da verbreitete sie sich dann unter Zustimmung des Papstes über die ganze Kirche.

Der heilige Mamertus lebte nach diesem Ereignisse nur mehr 7 Jahre; aber er hatte die Freude, noch vor seinem Tode zu sehen, wie seine vielen Gebete und Arbeiten für das Heil seiner Herde endlich doch noch Früchte brachten. Das Volk bekehrte sich; und Tugend und Frömmigkeit fingen an, in den Herzen der Gläubigen Platz zu greifen. Hochbetagt starb er gottselig im Jahre 477.

Von der Bedeutung der Prozessionen und den Bittgängen.

In der katholischen Kirche werden öfters im Jahre Prozessionen, d. h. Umgänge gehalten. Das gläubige Volk samt der Geistlichkeit zieht nämlich, das Kreuz, dies Zeichen der Erlösung an der Spitze, mit fliegenden Fahnen unter Gebet und Gesang von einer Kirche zur anderen oder auch bloß um die Fluren. Es liegt eben darin eine tiefe Bedeutung.

Es sind solche Prozessionen oder auch Bittgänge ein Zeichen der Einheit im Glauben an Jesus, den Gekreuzigten, daher wird das Kreuz an der Spitze getragen, oder es wird auch vom Priester das hochwürdigste Gut selbst mitgetragen. Jesus ist aber der Mittelpunkt der Einheit; er ist der treue Hirt seiner Schafe, die ihm alle nachwandeln, die um ihn sich sammeln, bei ihm bleiben sollen. — Ferners sind die Prozessionen ein Sinnbild unseres Pilger- oder Wanderlebens auf Erden. Wir müssen alle fort von hier; der Himmel ist das Ziel unserer Reise, daher der Einzug in das Gotteshaus am Schlüsse der Prozession.

Wer an der Prozession Teil nimmt, legt ein öffentliches Bekenntnis seines Glaubens ab, dass Gott, dem Allmächtigen Lob, Dank und Anbetung gebührt und dass nur von Gott allein Hilfe kommt.

Die Prozessionen sind endlich ein öffentlicher Triumph des christlichen Glaubens über die finstere Macht des Heidentumes; daher die wehenden Fahnen, deren rote Farbe auf das Blut der hl. Märtyrer deutet, die über die Macht der Hölle gesiegt haben und uns sagt, wie auch wir unter der Fahne des Kreuzes kämpfen und siegen müssen.

Schäme dich also nicht, christliche Seele, den Prozessionen und Bittgängen beizuwohnen und gehe mit, indem du folgende gute Meinung machst:

„Ich will dadurch meinen Gott verherrlichen; ihm für alle seine Gnade danken und von ihm Hilfe in allen meinen Nöten erbitten. Ich will dadurch öffentlich meinen Glauben an Jesus bekennen und ich will immer Christo, dem Gekreuzigten nachfolgen!“

Tust du dieses und betest du vom Herzen mit allen Gläubigen, die mit dir gehen, dann wird dein Gebet Erhörung finden; denn Christus sagt ja: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“

(aus: Legende von den lieben Heiligen Gottes. Nach den besten Quellen bearbeitet und herausgegeben. Stadtpfr. Georg Ott, mit oberhirtlicher Gutheißung, Verlag F. Pustet, 1858)

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Heiliger Johannes von Avila – 10. Mai

Johannes von Avila, der auch als Apostel von Andalusien verehrt wird, wurde 1499 in Almodóvar del Campo (Ciudad Real) geboren und starb am 10. Mai 1569 in Montilla (Cordoba). 1894 wurde er von Papst Leo XIII. seliggesprochen und von Paul VI. 1970 heiliggesprochen. Am 7. Oktober 2012 wurde er von Benedikt XVI. zum Kirchenlehrer erhoben.

Sein Eifer und sein Ansehen als Prediger lösten bei einige Kleriker großen Neid aus, so dass sie ihn 1531 bei der Inquisition in Sevilla anklagten. Von 1531 bis 1533 führte die Inquisition einen Prozess gegen Johannes von Ávila. Die Anschuldigungen waren für die damalige Zeit sehr schwerwiegend: Er bezeichne die von Irrlehrern Verbrannten als Martyrer, er verschließe den Reichen den Himmel, er erkläre das Geheimnis der heiligen Eucharistie nicht richtig, die Muttergottes habe lässliche Sünden gehabt, er verdrehe den Sinn der Heiligen Schrift, es sei besser, Almosen zu geben, als Pfründe zu stiften, das betrachtende Gebet sei besser als das mündliche …

Johannes kam ins Gefängnis, wo er ein ganzes Jahr verbrachte. Als die Verhandlung kam, wies man ihn darauf hin, er sei in der Hand Gottes, worauf er erwiderte:

„In besseren Händen kann ich nicht sein.“

Johannes antwortete auf alle Anschuldigungen, eine nach der anderen, in größter Aufrichtigkeit, Klarheit und Demut und in einer tiefen Liebe zur Kirche und zur Wahrheit. Er hatte die fünf Zeugen, die ihn anklagten, nicht verwerfen wollen, und nun lieferte ihm die göttliche Vorsehung fünfundfünfzig, die zu seinen Gunsten aussagten.

Die Zeit im Gefängnis brachte ihre inneren Früchte hervor, wie es auch beim heiligen Johannes vom Kreuz der Fall war. In dieser Zeit schrieb er den Entwurf zu Audi Filia, doch vor allem lernte er, wie er uns erzählt, mehr über das Geheimnis Christi als in seinen theologischen Studien.

Als Johannes von Avila wurde freigesprochen.

Heiliger Johannes von Avila. Bitte für uns.

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Schweigen, um Gott zu hören

Die nachfolgenden Gedanken von Prof. Dr. Berthold Wald weisen auf ein modernes Phänomen hin: Noch Nutzloser als in zurückliegenden Epochen scheint dem modernen Menschen der Zugang zum Schweigen völlig abhanden gekommen zu sein.

Handy und Kopfhörer – Symbole unserer Zeit und Feinde des Schweigens

Vernunft und Vernehmen stehen schon wortgeschichtlich in direktem Zusammenhang. „‚Vernunft‘ kommt von ‚Vernehmen‘; niemand kann aber etwas vernehmen, wenn er nicht schweigt; nur der Schweigende hört.“ Auf dies Schweigen und Vernehmen und auf das schweigend Vernommene kommt Pieper schon sehr früh und dann immer wieder von neuem zu sprechen, nach kleineren Vorarbeiten zuerst in „Muße und Kult“ (1948). Muße versteht er als Haltung der „Nichtaktivität“, als „Haltung dessen, der nicht eingreift und redet, sondern dessen, der schweigt“, „der losläßt, der sich losläßt und überläßt“. Solche Nichtaktivität und solches Schweigen bedeutet, „daß der dem Seienden von Natur zugeordneten und ‚ent-sprechenden‘ Antwortkraft der Seele nicht ins Wort gefallen werde.“ Und solches Schweigen beansprucht den Menschen tiefer, als alle wissenschaftliche Objektivität.

Schweigen zu können heißt, den vielerlei Gestalten des Nicht-Schweigens keinen Resonanzraum zu öffnen: angefangen bei den täglichen Ablenkungen durch das mediale Infotainment, den demokratiepolitisch erwarteten Stellungnahmen zu allem und jedem bis hin zur empörten Ignoranz, wenn andere anders denken als man selbst.

Wie es viele Weisen des Nicht-Schweigens, der Vereitelung von Hören auf die Sprache der Dinge, gibt, so auch viele Weisen des schweigenden Vernehmens. In einer Pfingstbetrachtung, die 1955 zuerst als Leitartikel der „FAZ“ erscheint, nennt Pieper verschiedene Gestalten wahrhaft geistigen Lebens, worin „das Auge der Seele sich öffne zu der äußersten ihm möglichen Empfänglichkeit“ für die Dimension des Seins im Ganzen: „Zum Beispiel, wenn wir die Zeichen bedenken, die uns in der Dichtung, in der Musik und in allen bildenden Künsten vor Augen gebracht werden. Auch die Besinnung des Philosophierenden meint das Insgesamt der Welt“, und eben diese gleiche Welt schon als Gegenstand „irdischer Kontemplation“. „Vor allem aber ist die religiöse Kontemplation zu nennen, das betrachtende Sich-versenken in die Mysterien der Rede Gottes“, schließlich das Gebet, in welchem „das Schweigen entscheidender ist als die eigene worthafte Äußerung“.

Zu allen diesen Weisen, von der Wirklichkeit selbst erst in schweigendem Vernehmen berührt zu werden, gehört die Grenze des Erreichbaren ebenso wie das sich steigernde Verlangen, diese Grenze zu überschreiten. Die Berührung mit dem, was ist und geschieht, führt zur „Anerkennung des Geheimnischarakters der Welt“, dem einzig die „Heiterkeit des Nichtbegreifenkönnens“ entspricht. Das ist zugleich gegen einen „Fanatismus des Wahren“ (Konrad Weiß) gerichtet, welcher „das Vertrauen auf das Fragmenthafte, das eben das Leben und das Wesen der Geschichte bildet“, nicht aufzubringen vermag. Der Selbstbezug des Denkens dagegen, wie er für das neuzeitliche Philosophieren kennzeichnend ist, führt entweder in eine geschlossene Welt philosophischer „Systeme“ oder in die Auflösung allen Vernunftvertrauens. Auf die letzte Bedeutung des Wirklichkeitsganzen aufmerksam zu werden, geschieht auf diesem Weg gerade nicht. Und weil das bei Josef Pieper auf erregende Weise anders ist, darum führt jede philosophische Erörterung und jedes Buch Piepers seine Hörer und Leser zugleich in den Vorhof der Theologie und näher an die Schwelle zum Geheimnis des christlichen Glaubens heran.

Berthold Wald (Herausgeber der Werke Josef Piepers) in „Schweigen, um Gott zu hören“, zum 120. Geburtstag von Josef Pieper, am 4. Mai 2024. Erschienen in „Die Tagespost“ am 3. Mai 2024.

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Erziehungsperspektiven aus den Quellen der christlichen Tradition

Das Buch „Große Ziele, kleine Schritte. Überraschende Erziehungsperspektiven aus den Quellen der christlichen Tradition“ des orthodoxen Professors Philip Mamalakis beginnt mit der Überzeugung, dass Väter und Mütter für die Erziehung als Eltern ihrer Kinder nicht nur die Zeitlichkeit im Blick haben sollen. Vor allem dürfe die Perspektive der Ewigkeit nicht aus dem Blick geraten: „Wir erziehen unsere Kinder nicht nur für den Erfolg in diesem Leben, sondern auch für das ewige Leben.“

Ganz gleich, wie fähig wir als Eltern sind – wenn unser Leben nicht auf Christus und sein Reich ausgerichtet ist, werden unsere Kinder den lebendigen Glauben an ihn nicht durch unser Vorbild kennenlernen und verinnerlichen können. Andersherum gilt aber auch: Wir können noch so viel fasten, beten und regelmäßig in die Kirche gehen – wenn wir nicht wissen, wie wir unsere Kinder und ihre Schwierigkeiten respektieren, eine gute Beziehung zu ihnen pflegen und angemessen auf ihr Fehlverhalten antworten sollen, dann werden ihnen all unsere religiösen Aktivitäten hohl vorkommen.“

Das Buch konzentriert sich nicht darauf, glückliche, wohlerzogene und sanftmütige Kinder in einem friedlichen Zuhause zu haben. Vielmehr geht es darum, ein Vater oder eine Mutter zu sein, der oder die es Kindern ermöglicht, ihre eigenen Probleme zu bewältigen und die Tugenden zu entwickeln, die sie brauchen, um ein „heiliges Leben“ zu führen.

Kinder werden nicht mit Bedienungsanleitung geliefert“, schreibt der Autor – und wird für diese Aussage von Eltern keinen Widerspruch erfahren. Aber er schätzt den Wert seines Buches sicherlich richtig ein, wenn er schreibt: „Dieses Buch ist die Bedienungsanleitung, von der ich wünschte, jemand hätte sie meiner Frau Georgia und mir in die Hand gedrückt, als vor 21 Jahren unser erstes Kind Kyranna geboren wurde.

Auch wenn es in dieser Buchbesprechung nicht darum geht, Eltern in Deutschland und in anderen deutschsprachigen Ländern ein schlechtes Gewissen zu vermitteln: Alle Eltern müssen für sich die Frage beantworten, warum sie Kinder haben.

Unsere Kinder sind nicht dazu da, um uns ein friedliches Leben zu bescheren“, auch nicht um „stolz zu sein, wenn unsere Kinder sich freundlich oder großzügig zeigen“: „Wir sind dazu da, ihnen beim Wachsen zu helfen, egal wie sie sich benehmen.

Ein großer Teil des Buches ist der Frage gewidmet, wie wir unseren Kindern bei ihren Schwierigkeiten helfen können und wie diese Kämpfe ihnen dabei helfen, Tugenden zu entwickeln, die sie durch das eigene Leben tragen können. Das Buch konzentriert sich darauf zu zeigen, dass Eltern nicht für ihre Kinder kämpfen, sondern ihnen zeigen sollten, dass sie als Eltern in den Kämpfen ihrer Kinder an ihrer Seite sind. Und Mamalakis erörtert dazu auch, wie es möglich ist, die Probleme der Eltern von denen der Kinder zu trennen.

Er betont, dass Eltern ihre Kinder, die nach dem Bild Gottes geschaffen sind, respektieren sollen – wozu auch gehört, ihre jeweiligen Fähigkeiten und Entwicklungsstadien zu respektieren. Es bedeutet, ihre Gefühle zu respektieren, sie nicht herabzusetzen oder zu ignorieren: Verständnis und Mitgefühl für die Kinder zuhaben und gleichzeitig Festigkeit zu zeigen und Konsequent zu sein.

Das 360-seitige Buch „Große Ziele, kleine Schritte. Überraschende Erziehungsperspektiven aus den Quellen der christlichen Tradition“ ist nicht immer leicht zu lesen – aber es lohnt sich. Und man muss nicht alles auf einmal lesen. Man kann reinschnuppern, das Gelesene sacken lassen, nachdenken: Es gibt viel zum Nachdenken.

Mamalakis macht es einfacher, Dinge in die Praxis umzusetzen, indem er wichtige Prinzipien zusammenfasst, auf die man sich in schwierigen Momenten der Elternschaft leicht berufen kann. Einer dieser Grundsätze lautet: „Kinder suchen nach Verbindung, nicht nach Aufmerksamkeit.“

Wenn sich unsere Kinder schlecht benehmen und scheinbar nach Aufmerksamkeit streben, versuchen wir innezuhalten und darüber nachzudenken. Kinder möchten Verbindung zu ihren Eltern herstellen. So verändert sich auch unsere Reaktion auf das Verhalten der Kinder.

Kinder verlangt es ständig nach Verbindung zu uns: durch körperliche Nähe, indem sie Zeit mit uns verbringen, uns kennenlernen und sich uns zu erkennen geben. Verbundenheit gehört zum Kern unserer menschlichen Natur, und Kinder sind so angelegt, dass sie danach streben. Verbundenheit ist Nahrung für die Seelen unserer Kinder. Wir sind geschaffen als Beziehungswesen nach dem Ebenbild eines Beziehungs-Gottes, der drei Personen in einer Liebesgemeinschaft vereint. Durch unsere Beziehungen zueinander und zu Gott erfahren wir Intimität und entwickeln uns als Menschen. Kinder wachsen als Personen in den und durch die Verbindungen, die sie zu ihren Bezugspersonen haben. Bei der Erziehung geht es deshalb immer darum, die Verbindung zu unseren Kindern zu suchen, während wir gemeinsam durchs Leben gehen, und ihnen beizubringen, wie man auf positive Weise Verbindungen schafft.

Vergebung und Reue sind nicht nur etwas für Kinder. Auch Eltern müssen nach Vergebung und Reue streben und diese sogar vorleben. Wenn Vater und Mutter vor ihren Kindern eine Meinungsverschiedenheit haben, sollten sie Wert darauf legen, sich vor ihren Kindern wieder zu versöhnen. Ja, die Kinder sollen wissen, dass es in Beziehungen Meinungsverschiedenheiten und Konflikte geben kann, aber sie sollen auch wissen und lernen, dass es einen Weg zur Versöhnung gibt, der die Liebe nicht nur wiederherstellt, sondern vermehrt. Wir bitten also unsere Kinder um Vergebung, wenn wir Unrecht tun oder überreagieren, auch wenn wir vielleicht dachten, wir wären im Recht gewesen.

Dem Thema Buße widmet der Autor ein ganzes Kapitel: „Freude an der Buße zu vermitteln muss das Herzstück unserer Erziehung sein, denn Buße ist das Herzstück unseres geistlichen Lebens in Christus.“ „Um das zu erreichen, sollten wir unsere Fehler nicht leugnen oder uns von Schuldgefühlen überwältigen lassen. Stattdessen dürfen wir unseren Kindern die Freude an der Buße nahebringen.“

Wenn wir zugeben, uns falsch verhalten zu haben, dann machen wir damit deutlich, dass es ein ‚richtiges‘ Tun gibt und dass wir diesen Maßstab verfehlt haben. Dies ist doppelt wichtig: Durch unsere Buße zeigen wir unseren Kindern sowohl den richtigen Weg als auch die Art und Weise, wie wir wieder darauf zurückkehren können.“

Buße und Vergebung schützen „vor der destruktiven Kraft der Sünde und machen es möglich, Gott und anderen Menschen trotzdem nahezukommen“.

Die Absicht des Buches, so kann sicher behauptet werden, ist es, dass unsere Kinder sehen, dass sich unser Handeln aus der Kraft der Liebe Gottes speist. So können auch sie lernen, Gott als die ultimative Quelle der Liebe zu erkennen. Sie spüren, dass er im Zentrum unserer Familie steht und gemeinsam alle gemeinsam als Familie auf dem Weg sind.

Zuerst erschienen bei CNAdeutsch

Philip Mamalakis: Große Ziele, kleine Schritte.
Überraschende Erziehungsperspektiven aus den Quellen der christlichen Tradition;
Fontis-Media 2023; 332 Seiten; 19,90 Euro;
ISBN: 9783038482475

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