Müßiggang

Alle sollen,
– nicht nur diese oder jene,
vor allem aber die anderen.
Nein, alle!

„Alle sollen, so lange sie gesund sind, sich mit geistigen und körperlichen Arbeiten beschäftigen, damit der Müßiggang, die Quelle aller Übel, … verbannt bleibt.“

(aus: Summarium der Konstitutionen des hl. Ignatius. XLIV.)

+

Nirgendwo fruchtbarer

Betrachtung vor dem Allerheiligsten

Wer es ausprobiert hat, weiß, dass die Betrachtung nirgends fruchtbarer gemacht wird als vor dem Tabernakel. Es ist ja jedem bekannt, dass dieselbe Sache zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen ganz verschieden wirkt. Man hat ein Schriftwort hundertmal gelesen, gehört und gesagt, auch in gewissem Sinn verstanden, aber es ist nicht ins Innere eingedrungen -[…]. Aber plötzlich einmal dringt es durch und wird zum blitzartig aufstrahlenden Licht, das hineinleuchtet in die Geheimnisse des Glaubens und den eigenen dunklen Lebenspfad erhellt. Und das ereignet sich am häufigsten in der Nähe des eucharistischen Heilands.

Wer ihn aufsucht und ihm die Seele öffnet, sie ihm gleichsam als bildsames Material in die Hände legt, dem formt er selbst sie. Er öffnet die Augen des Geistes, so dass sie hellsichtig werden für das, was geschrieben steht, und die Ohren, dass sie es vernehmen, und die Lippen, dass sie es künden können, wann und wo und wie es fruchtbar geschehen kann. Das ist nur eine der Wirkungen, die vom eucharistischen Heiland ausgehen: Er legt die Hand auf uns, wenn wir zu ihm kommen, am stärksten natürlich, wenn wir am Hl. Opfer teilnehmen in der Weise, wie es der Sinn dieses Opfers verlangt, d.h., wenn wir nicht nur beiwohnen und sehen und hören, sondern mitopfern, uns selbst ganz hingeben, um mit umgewandelt und mit dargebracht zu werden: den Menschen, der in dieser Gesinnung zum Altar tritt, kann der Heiland in der eigentlichsten Weise sich einverleiben, zum Glied seines Leibes machen, zum Rebzweig am göttlichen Weinstock. Es bedarf kaum eines Wortes, dass zu solcher Teilnahme am Hl. Messopfer die Hl. Kommunion als Vollzug der Vereinigung mit gehört.

Edith Stein – Hl. Teresa Benedikta vom Kreuz, Karmelitin –
Die Mitwirkung der klösterlichen Anstalten an der religiösen Bildung der Jugend, 1929

+

Und plötzlich erhob …

„Leiden, Dulden, Aushalten – das allein
gibt mir Geborgenheit durch eine Kraft,
die von anderswo herkommt
und in mich eindringt.“

„Finsternis. Alles ist verschlossen, die Straßen, die Türen.
Kein Fuß zum Gehen, kein Schlüssel zum Öffnen.
,Und plötzlich erhob sich
ein starkes Brausen gleich einem ungestümen Winde.‘
Plötzlich zerbricht das Licht die Türen,
die Fessel der Angst zerreißt,
die Füße befreien sich,
der Wind haucht Gott ins Antlitz,
die Liebe erhebt die Erde,
die Freude kehrt alles um.

Jetzt erhellen sich
die niedergeschlagenen Gedanken,
finden sich wieder zurecht,
versöhnen sich, stimmen zusammen,
erleuchten einander … schweigen.

Die Stille weiß alles.
Die Stille sagt alles.
Und aus der Seele, die gestern untröstlich war,
steigt das Lied unermesslicher Glückseligkeit.“

(Marie Noël, Notes Intimes – Erfahrungen mit Gott, 1966)

+

Mein Geist sinnt über Dich nach

Gebet vor der Betrachtung

Ich bitte dich, mein Gott,
lass mich dich erkennen,
lass mich dich lieben,
damit ich mich ewig an dir erfreue.

Und wenn ich es in diesem Leben
nicht ganz vermag, so
lass mich wenigstens in deiner Erkenntnis und
in deiner Liebe wachsen,
damit dort die Freude vollkommen sei,
hier in der Hoffnung und
dort in der Wirklichkeit.

Herr und Vater, durch deinen Sohn
rätst du, ja befiehlst du zu bitten:
dass unsere Freude vollkommen sei.

Mein Geist wird inzwischen darüber nachsinnen,
meine Zunge wird davon reden,
meine Seele wird danach hungern,
mein Fleisch wird danach dürsten,
mein ganzes Wesen wird
nach jener Freude verlangen –
bis ich eingehe in die Freude meines Gottes.
Amen.

(vom hl. Bonaventura, Soliloquim IV.27)

+

Die Himmelsleiter

Himmelssehnsucht

Der Himmel ist das Haus Gottes.
Er ist das Land der Lebendigen.
Das Reich des Friedens.
Der Hafen der Ruhe.
Der Ozean aller Güter.
Das Ziel aller Sehnsucht.
Die Quelle aller Wonne.
Die Schatzkammer aller Reichtümer.
Der Hort aller Ehren.
Der Bann für alles Leid.

Dort wirst Du schauen und lieben.
Du wirst besitzen und genießen.
Du wirst alles haben, was du begehrst;
und du wirst nichts haben, was du fürchtest.

Dort wird das Gut sonder übel sein.
Die Freude ohne Leid.
Der überfluß ohne Mangel.
Das Leben ohne Tod.
Die Ruhe ohne Beunruhigung.

Welch eine Genugtuung!

Alles zu schauen, was es Schönes gibt.
Alles zu lieben, was es Gutes gibt.
Alles zu besitzen, was es Großes gibt.

Zu schauen die erste Wahrheit.
Zu lieben die größte Schönheit.
Zu besitzen das höchste Gut.
Zu genießen die höchste Wonne.

O Gott der Heerscharen!
„Wie lieblich sind Deine Gezelte!
Meine Seele schmachtet und verzehrt sich
vor Sehnsucht, einzugehen in Dein Haus.“
O wie bin ich so elend hienieden!
O wie werde ich so selig sein da droben!

Meine Seele!

So du die Güter der Zeit liebst,
wirst du jene der Ewigkeit nicht besitzen.
So du die Befriedigungen der Erde suchst,
wirst du nicht jene im Himmel erlangen.

„Wie ekelt mich die Erde an, wenn ich die Augen
zum Himmel erhebe!“

O mein Gott!
Laß mich ehestens sterben, um Dich zu schauen,
da man Dich nicht schauen kann, ohne zu sterben.

(Pater J. Crasset S.J., 1618-1692, Lehrer des geistlichen Lebens.

Johannes Klimakos, Himmelsleiter, 12. Jh. – Katharinenkloster, Berg Sinai.

+

 

Über die Abtötung

„Die Abtötungen dienen uns als Sühne für unsere Schuld in diesem Leben. Derjenige, der Gott beleidigt hat, muss, selbst wenn seine Schuld vergeben ist, immer noch die zeitliche Strafe erfüllen, und wenn er sie in diesem Leben nicht erfüllt, wird er es im Fegefeuer tun müssen, wo die Strafen viel größer sein werden.“

(Heiliger Alfons Maria de Ligurio)

Ich weiß, wo du wohnst:
wo der Thron Satans ist …
Tue Buße …

Tue gleicherweise Buße;
wo aber nicht, so werde ich schnell über dich kommen,
und werde mit ihnen kämpfen mit dem Schwerte meines Mundes.

Und dem Engel der Gemeinde zu Thyatira schreibe:
Dies spricht der Sohn Gottes, der Augen hat wie Feuerflammen,
und dessen Füße wie Glüherz sind:
Ich kenne deine Werke und deinen Glauben,
und deine Liebe, und deine Dienstleistung, und deine Geduld,
und dass deine letzten Werke mehr sind als die ersten.
Aber ich habe etwas Weniges wider dich:
dass du dem Weibe Jezabel, die sich selbst
für eine Prophetin ausgibt, gestattest zu lehren
und meine Knechte zu verführen,
Unzucht zu treiben und von Götzenopfern zu essen.
Ich habe ihr Frist gegeben, dass sie Buße tue;
aber sie will sich nicht bekehren von ihrer Unzucht.
Siehe, ich werde sie auf das Krankenbett werfen,
und die mit ihr ehebrechen, werden in sehr großer Drangsal sein,
wenn sie sich nicht bekehren von ihren Werken.
Und ihre Kinder werde ich durch Todesgericht töten,
alle Gemeinden sollen erkennen,
dass ich es bin, der Herzen und Nieren erforscht,
und ich werde einem jeden von euch
nach seinen Werken vergelten.
Euch aber sage ich, den übrigen in Thyatira,
allen, die nicht an dieser Lehre halten
und die Tiefen des Satans, wie sie sagen,
nicht erkannt haben:
Euch werde ich keine andere Last auferlegen;
jedoch was ihr habt, das bewahret,
bis ich komme.

(Offb 2, 13, 16, 18-25)

Giovanni Gasparro: Autoritratto allo specchio rotto – Selbstporträt im zerbrochenen Spiegel, 2009 Rom, Privatsammlung

+

 

Anfang und Ende

Die vollkommene Reue
versöhnt dich mit Gott und tilgt,
wenn du sie aufrichtig erweckst,
alle deine Sünden,
Du musst nur die Absicht haben,
etwa begangene schwere Sünden
in der nächsten Beichte zu bekennen,
wenn dies noch möglich ist.

Verrichte oft, besonders in Lebensgefahr
die nachstehenden Gebete.

Erblickst du einen Mitmenschen in Todesgefahr,
bete sie ihm langsam, Satz für Satz, vor.

Mein Gott!
Ich glaube an Dich,
die unfehlbare Wahrheit.
Ich glaube,
dass Du Himmel und Erde erschaffen hast,
dass Du meine einzige Glückseligkeit bist,
aber auch der Richter
der Lebendigen und Toten.

Mein Gott!
Ich hoffe auf Dich,
der Du unendlich gütig und allmächtig bist.
Ich hoffe, mit Deiner Hilfe
meine Seele zu retten und
ewig glücklich zu werden.

Mein Gott!
Du bist die unendliche
Vollkommenheit und Liebe.
Du bist aus unermesslichem Erbarmen
für mich am Kreuz gestorben,
damit im nicht verlorengehe.
Ich liebe Dich aus ganzem Herzen
und aus allen Kräften.

Mein Gott!
Ich habe oft und schwer in meinem Leben
gesündigt und Dich, das höchste und
liebenswürdigste Gut, beleidigt.
Aus Liebe zu Dir bereue ich alle meine Sünden
vom Grunde meines Herzens.
Ich nehme mir fest vor,
mit Deiner Gnade nicht mehr zu sündigen
und Dir treu zu bleiben bis in den Tod.

Gebetszettel, Johannesbund Leutesdorf

+

Auf ewig

Schlussendlich
überlasse ich Jesus Christus,
dem Gekreuzigten,
mich selbst ganz
mit Seele und Leib.
Ich vertraue darauf,
dass er mich aufgrund seiner Güte und Barmherzigkeit
empfangen wird, so wie schon
der gute Vater seinen verlorenen Sohn empfing,
dass er mir vergeben wird,
wie er Maria Magdalena vergeben hat
und dass er mir wohlgesonnen sein wird,
wie er es dem guten Räuber war,
als er am Ende seines Lebens am Kreuz hing.
Ja, ebenso
wird er nach diesem meinem letzten Schritt
meine Seele empfangen,
damit sie ruhen kann
beim Vater und dem Heiligen Geist
auf ewig.

Hl. Kamillus von Lellis

+

Für den Himmel geboren

Der Geburtstag des heiligen Leonhard von Porto Maurizio war am 20. Dezember 1676, heimgegangen zu Gott ist der Franziskanerpater am 26. November 1751.

Nach seiner Priesterweihe wurde Leonhard zum Philosophielehrer ernannt. Bald darauf erkrankte er schwer und wurde von seinen Vorgesetzten zur Luftveränderung nach Porto Maurizio in seine Heimat zurückgeschickt. Als sich keine Besserung zeigte, betete der Pater zur Jungfrau Maria, sie möge von ihrem göttlichen Sohn eine robuste Gesundheit für ihn erbitten; er werde sie dazu nutzen, Seelen für den Himmel zu gewinnen. Seine Bitte wurde erhört; die Krankheit verschwand.

1708 hielt Pater Leonhard in der Nähe von Porto Maurizio seine erste „Volksmission“.  Solche Missionen waren überaus beliebt und fruchtbar. Traditionell wurde dabei die Notwendigkeit thematisiert, sich zum Herrn zu bekehren, um ein wahrhaft christliches Leben zu führen und seine Seele zu retten.

Die Betrachtung der letzten Dinge stand im Mittelpunkt von Pater Leonhards Lehre. Er schrieb:

„Bedenkt, wie wichtig es für euch ist, euer letztes Ziel zu erreichen. Es geht dabei um alles: Erreicht ihr es, so seid ihr gerettet, ewig glückselig und im Besitz aller Wohltaten für Leib und Seele. Verfehlt ihr es aber, so seid ihr verloren mit Leib und Seele, ihr verliert Gott und das Paradies, ihr seid auf ewig unglücklich, für immer verdammt. Solltet ihr einen Teil eures Vermögens verlieren, bleibt euch immer noch etwas; solltet ihr einen Prozess verlieren, könnt ihr Berufung einlegen; solltet ihr einen zeitlichen Irrtum begehen, er lässt sich korrigieren. Und selbst wenn ihr alles verliert, was soll’s? Ob ihr es wollt oder nicht, einmal wird ohnehin der Tag kommen, an dem ihr alles zurücklassen müsst.

Wenn ihr aber euer letztes Ziel verfehlt, dann verliert ihr alles Gute und zieht euch für alle Ewigkeit irreparables Leid zu. Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seinem Leben aber Schaden leidet? (Mt 16,26). Unser ewiges Heil! Das ist unsere große, unsere einzige Aufgabe. Wenn es um weltliche Dinge geht und ihr vergesst etwas, mag vielleicht ein anderer für euch daran denken; wenn ihr aber die große Aufgabe eures ewigen Heils vergesst, wer wird für euch daran denken? Wenn ihr euch nicht sorgfältig darum bemüht, wer wird sich für euch bemühen? Wenn ihr euch nicht selbst zu eurer Rettung verhelft, wer soll euch retten? Gott, der euch ohne euer Zutun erschaffen hat, will euch nicht ohne euer Zutun retten. Wenn ihr euch aber retten wollt, so müsst ihr daran denken.“

(Betrachtung über die Bestimmung des Menschen)

+

 

Geboren, um Gott zu begegnen

„Wir wurden geboren, um eines Tages Gott zu begegnen. Die alten [Mönch] bitten Ihn, nicht mehr länger zu warten.

Der Tod ist das Ende der Schule; danach kommt das Paradies.

Ein Mönch schenkt sein ganzes Leben Gott, ohne Ihn je gesehen zu haben. Da ist es verständlich, dass er mit Ungeduld darauf wartet, Ihm zu begegnen. Wie es die heilige Teresa von Avila und der heilige Johannes vom Kreuz in ihren Gedichten beschreiben, sterben die [Mönche] vor Sehnsucht nach dem Tod.

Zu unserem großen Bedauern hat der Heilige Geist keine Eile, uns heimzusuchen. Reinigung und große Prüfungen kommen […] vor. Christus hat von unserem Mönchsleben schon Besitz ergriffen. Der abgenutzte Körper kehrt zur Erde zurück und erwartet dort die Herrlichkeit der Auferstehung.

Wie unser verklärter Leib aussieht, entzieht sich unserer Erkenntnis. Wir kennen nicht seine Schönheit, sein Licht und seine Herrlichkeit. Das Allerschönste liegt noch vor uns.“

Nicolas Diat, „Heimkehr. Die letzten Tage im Leben der Mönche“

+