Den Synodalen ins Stammbuch geschrieben (1)

Der Zölibat, die Ehelosigkeit der Priester, die in der ganzen Kirche aus Ost und West für die Bischöfe und gemäß einer bis nah an die Apostelzeit heranreichenden Tradition in der lateinischen Kirche für die Priester überhaupt gilt, […].

Die bloß pragmatischen Begründungen, der Hinweis auf die größere Verfügbarkeit reichen nicht aus:
Solches Verfügen über die Zeit könnte leicht auch zum Egoismus werden, der sich die Opfer und Mühsale erspart, die das tägliche Einander-Annehmen und Ertragen in Ehe und Familie verlangt; es würde dann zu geistlicher Verarmung oder zu seelischer Härte führen.

Der wirkliche Grund für den Zölibat kann nur in dem Satz liegen:
Dominus pars – Du bist mein Land. Er kann nur theozentrisch sein. Er kann nicht bedeuten, der Liebe leer zu bleiben, sondern muß bedeuten, sich von der Leidenschaft für Gott ergreifen zu lassen und im innersten Sein mit ihm dann zugleich den Menschen dienen zu lernen.

Zölibat muß ein Zeugnis des Glaubens sein:
Glaube an Gott wird konkret in der Lebensform, die nur von Gott her Sinn hat. Das Leben auf ihn setzen, unter Verzicht auf Ehe und Familie, das sagt aus, daß ich Gott als Wirklichkeit annehme und erfahre und ihn deshalb zu den Menschen bringen kann.

Unsere ganz positivisitisch gewordene Welt, in der Gott allenfalls als Hypothese, aber nicht als praktische Wirklichkeit ins Spiel kommt, braucht dieses Setzen auf Gott in der konkretesten und radikalsten Weise, die möglich ist. Sie braucht das Gotteszeugnis des Entscheids, Gott als Boden des eigenen Lebens anzunehmen. Darum ist der Zölibat gerade heute in unserer gegenwärtigen Welt wichtig, auch wenn seine Erfüllung in unserer Gegenwart immerfort bedroht und gefährdet ist.

Es bedarf sorgfältiger Vorbereitung auf dem Weg dahin; immerwährender Wegbegleitung durch den Bischof, die priesterlichen Freunde und durch Laien, die dieses priesterliche Zeugnis mittragen.

Es bedarf des Gebetes, das Gott immerfort als den lebendigen Gott ruft und sich an ihn in Stunden der Verwirrung wie in Stunden der Freude hält. So kann gegen den kulturellen Trend, der uns unsere Fähigkeit zu solchen Entscheidungen ausreden will, dieses Zeugnis gelebt und damit Gott als Realität in unserer Welt ins Spiel gebracht werden.

Benedikt XVI., 22. Dezember 2006

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