[Raimund (1202-1240) trat 1218 in den Orden der „Seligen Jungfrau Maria vom Loskauf der Gefangenen“ – Mercedarier ein. Die Priesterweihe empfing er 1222.]
„Nicht geboren“ (non natus, weil die Mutter vor der Geburt des Kindes starb und das Kind nur durch ein Wunder am Leben blieb) für die Welt, sondern für den Himmel schien Raimund aus Portello in Katalonien, da er schon in frühester Jugend himmlische Tugenden besaß.
Der Vater fürchtete, dass sein Sohn sich zum Ordensstande entschließen werde, und sandte ihn deshalb zur Herde auf den Maierhof, damit er Freude an der Ökonomie bekomme. Aber der heilige Knabe betete beständig, und ein Engel half ihm die Schafe hüten. Der Vater sah einst selbst einen wunderschönen Jüngling bei der Herde stehen, während Raimund in einer einsamen Kapelle betete.
Endlich erhielt der hl. Jüngling vom Vater die Erlaubnis, nach Barcelona ins Kloster zu gehen, wo er das Gelübde ablegte, der Erlösung der Gefangenen sein Leben zu weihen. Er durfte nach Algier reisen, bot sich dort selbst als Lösegeld für die armen Christensklaven an und musste jahrelang Unsägliches von den Barbaren leiden.
Während er aber Sklavendienste verrichtete, predigte er ohne Unterlass den christlichen Glauben und stärkte die gefangenen Mitbrüder. Einmal wurde Raimund zur Strafe für diesen Liebesdienst durch die ganze Stadt Algier getrieben und an jeder Straßenecke mit Ruten gestrichen; dann wurden ihm auf öffentlichem Markt vom Scharfrichter mit einem brennenden Eisen beide Lippen durchstochen, eine kleine Kette durchgezogen und dieselbe mit einem Schlosse versperrt. Alle drei Tage öffnete man das Schloss und reichte ihm nur so viel Nahrung, dass er nicht vor Hunger starb. Dazu musste er acht Monate lang in einem abscheulichen Kerker schmachten, bis das Lösegeld für ihn ausbezahlt wurde.
Gerne wäre Raimund unter den Barbaren für den heiligen Glauben gestorben – aber der Gehorsam rief ihn nach Spanien zurück. Papst Gregor IX. ernannte ihn zum Kardinal und berief ihn nach Rom; allein der Heilige starb auf der Reise in Cordona.
Welch ein Schauspiel für Engel und Menschen war der heilige Raimund mit dem eisernen Schlosse an seinem Munde! Für den Heiligen war dieses Schloss keine Schande; denn er hatte seinen Mund nur geöffnet zur Ehre Gottes und zum Heile der Menschen. Uns aber mahnt der Heilige Geist, „Türen und Schlösser an den Mund zu tun“, nicht als sollten wir buchstäblich ein Schloss an den Mund hängen, sondern mit aller Sorgfalt unseren Mund vor törichten und sündhaften Reden bewahren.
Gott, der Du in der Befreiung deiner Gläubigen aus der Gefangenschaft der Gottlosen den hl. Bekenner Raimund bewunderungswürdig machtest, verleihe uns durch seine Fürbitte, dass wir, von den Banden der Sünden erlöst, in Freiheit des Herzens, was Dir gefällt, vollbringen. Amen.
Text-Quelle: P. Philibert Seeböck, Kleine illustrierte Heiligen-Legende auf jeden Tag des Jahres, ein Paradiesgärtlein mit Blumen aller Art, 13. Auflage, 1886.


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