Immer wieder kann man sich ja fragen, welche Gegenmaßnahmen gegen die gegenwärtigen Zerfallserscheinungen in der Kirche überhaupt noch möglich sind. Sicherlich gehört dazu an erster Stelle die Schriftlesung, die nämlich nicht, wie es das Konzil wollte, zum täglichen oder „häufigen Gebrauch“ der Katholiken geworden ist. In der Wirrnis, die gerade von Theologen erzeugt wird, sollten wir uns noch viel mehr auf die vorkonziliaren theologischen Schriften stützen, bei denen man noch am ehesten davon ausgehen kann, dass sie rechtgläubig sind. Darum ist es sinnvoll, diese „vorkonziliaren Schätze“ zu sichten und den Katholiken anzubieten. Geschehen ist dies z. B. durch den Verlag Media Maria, der eine Neuedition der Meditationen (über die Evangelien) von Richard Gutzwiller besorgt hat, und damit einen wichtigen Beitrag zur Neuevangelisierung leistet.
In den 50er- und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts war der Jesuitenpater Richard Gutzwiller weithin bekannt, besonders in der Schweiz und im süddeutschen Sprachraum. Aber auch darüber hinaus waren es vor allem seine „Meditationen“ über die Evangelien, die ihm einen Namen machten.
Der 1896 in Basel geborene und schon 1958 gestorbene Jesuit wurde 1926 zum Priester geweiht. Danach war er Studenten- und Akademikerseelsorger. Als Publizist, Radioprediger und Redner vermittelte er stets den wahren katholischen Glauben. Auch als Professor für bibeltheologische Fragen in Innsbruck behielt er seinen klaren katholischen Blick. Seine Meditationen zu den Evangelien fanden den Weg nicht nur in die Hände von Theologen; auch in den damals weit verbreiteten Büchereien der Pfarreien und der Borromäusvereine waren sie jedem Interessierten zugänglich und konnten ausgeliehen werden.
Vor Jahren schon notierte sich der Schreiber dieser Zeilen einen Satz aus einem Nachruf auf Richard Gutzwiller: „Dreißig Jahre lang lebte Pater Gutzwiller was er geschrieben und gesprochen hat. Man wird ihn keines Widerspruchs und keiner Inkonsequenz zeihen können.“ Und noch: „Wahrlich, dieser Diener am Wort hat uns den Herrn vermittelt wie selten einer.“ (Katholische Blätter für weltanschauliche Information. 11/1958)
Wer sich Gutzwillers Meditationen der Evangelien hingibt, wird diesen Worten zustimmen können und die daraus hervorgehende Kraft erspüren. Der Verlag MEDIA MARIA hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gutzwillers Werke wieder zugänglich zu machen. Mit den „Meditationen über Lukas“ sind nun wieder alle vier Evangelien-Meditationen verfügbar.
Bereits mit dem ersten Satz in Gutzwillers „Meditationen über Lukas“ sieht er von sich selbst ab und weist auf das hin, was notwendig ist: „Je mehr man sich in das Wort Gottes vertieft, mit seinem strömenden Reichtum, seiner herben Größe, seiner befreienden Weite und seiner farbigen Lebendigkeit, desto mehr verblasst das Menschenwort mit seiner versickernden Dürftigkeit, seiner kleinlichen Gefühlsbetonung, seiner zeit- und raumgebundenen Enge und seiner farblosen Abstraktion.“ Gutzwiller will die Menschen zum Wort Gottes führen. Kaum etwas scheint notwendiger. Denn die Beschäftigung mit dem authentischen Wort Gottes, das die Konzilsväter voranbringen wollten, hat durch die „Errungenschaften“ des Zweiten Vatikanischen Konzils keine großen Fortschritte gemacht.
In Bezug auf unsere Zeit, in der die Kirche mehr noch als die ganzen weltlichen Mächte ihren Grund und Boden zu verlieren droht, hat Richard Gutzwiller vielleicht weise und vorausschauend formuliert, dass wir uns nicht vom Teufel, dem Satan beeindrucken und beeinflussen lassen dürfen: „Satan ist der Starke, der die ganze Welt bewacht. Christus ist der Stärkere, der ihn überwunden hat.“ Darum wird durch die Kraft Gottes „die Macht Jesu über Satan sichtbar“.
Erstveröffentlicht bei kath.net
Richard Gutzwiller
Meditationen über Lukas
Verlag Media Maria 2018
448 Seiten; 19,95 Euro
ISBN 978-3945401910
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