Die Seelen im Reinigungsorte haben (soweit ich es zu verstehen meine) keinen anderen Wunsch, als den, an diesem Ort zu sein, denn so ist es Gottes Anordnung, der in Gerechtigkeit es so bestimmt hat. Sie sind es durchaus zufrieden, daß sie in der von Gott gewollten Ordnung stehen und daß er alles tut, was ihm gefällt und wie es ihm gefällt; weil sie an sich selbst nur denken könnten sich selbst zur Pein. Sie sehen nur das Wirken der Güte Gottes, der den Menschen mit so großer Barmherzigkeit zu sich führen will, so daß sie Freuden oder Leiden, die ihnen widerfahren könnten, nicht zu beachten vermöchten. Jawenn sie darauf noch achten könnten, wären sie nicht in der reinen Liebe.
Auch ist es ihnen nicht gegeben zu sehen, daß sie in diesem Leiden um ihrer Sünden willen sind. Sie sind nicht fähig, diesen Gedanken festzuhalten, denn dies wäre ein unvollkommenes Tun, das an diesem Orte nicht bestehen kann; hier kann man nicht mehr sündigen. Den Grund, warum sie im Reinigungsorte sind, den sie in sich tragen, den sehen sie ein einziges Mal: Beim Übergang aus diesem Leben in das andere. Nachher aber sehen.
(Aus dem Traktat über den Reinigungsort von Katharina von Genua, in THEOLOGISCHES 1970 Nr. 5)
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