Die Seelen im Fegfeuer

Die Seelen im Reinigungsorte haben (soweit ich es zu verstehen meine) keinen anderen Wunsch, als den, an diesem Ort zu sein, denn so ist es Gottes Anordnung, der in Gerechtigkeit es so bestimmt hat. Sie sind es durchaus zufrieden, daß sie in der von Gott gewollten Ordnung stehen und daß er alles tut, was ihm gefällt und wie es ihm gefällt; weil sie an sich selbst nur denken könnten sich selbst zur Pein. Sie sehen nur das Wirken der Güte Gottes, der den Menschen mit so großer Barmherzigkeit zu sich führen will, so daß sie Freuden oder Leiden, die ihnen widerfahren könnten, nicht zu beachten vermöchten. Jawenn sie darauf noch achten könnten, wären sie nicht in der reinen Liebe.

Auch ist es ihnen nicht gegeben zu sehen, daß sie in diesem Leiden um ihrer Sünden willen sind. Sie sind nicht fähig, diesen Gedanken festzuhalten, denn dies wäre ein unvollkommenes Tun, das an diesem Orte nicht bestehen kann; hier kann man nicht mehr sündigen. Den Grund, warum sie im Reinigungsorte sind, den sie in sich tragen, den sehen sie ein einziges Mal: Beim Übergang aus diesem Leben in das andere. Nachher aber sehen.

(Aus dem Traktat über den Reinigungsort von Katharina von Genua, in THEOLOGISCHES 1970 Nr. 5)

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Reinigungsort Fegfeuer

Der Gedanke an das Fegfeuer ist weit mehr geeignet, uns Trost als Furcht einzuflößen. Sind auch wirklich die Peinen des Reinigungsortes so groß, daß die äußersten Schmerzen dieses Lebens nicht damit verglichen werden können, so sind doch auch die innerlichen Wonnen dort so wunderbar, daß keine Glückseligkeit und Lust dieser Erde ihnen gleichkommt.

Denn:
1. sind die Seelen in beständiger Vereinigung mit Gott;
2. haben sie sich dort seinem heiligen Willen vollkommen unterworfen; ihr Wille ist so innig in den Willen Gottes umgebildet, daß sie nur wollen, was Gott will, so daß sie, wenn auch die Pforten des Himmels ihnen offen stünden, es nicht wagen würden, vor Gott zu erscheinen, solange sie noch Spuren der Sünde in sich wahrnehmen;
3. reinigen sie sich dort freiwillig und in Liebe, nur um Gott zu gefallen;
4. wollen sie dort auf die Weise sein, wie es Gott gefällt und solange es ihm gefällt;
5. sind sie unsündlich; sie haben auch nicht die geringste Regung der Ungeduld und begehen nicht den mindesten Fehler;
6. lieben sie Gott über alles, mit vollendeter, reiner und uneigennütziger Liebe;
7. werden sie dort von den Engeln getröstet;
8. sind sie ihres Heiles gewiß und in einer Hoffnung, die nimmermehr in ihrer Erwartung zu Schanden wird;
9. ist ihre bitterste Bitterkeit im tiefsten Frieden;
10. ist auch dieser Ort hinsichtlich des Schmerzes eine Hölle, so ist er doch auch ein Paradies hinsichtlich der Lieblichkeit, welche die Liebe Gottes in ihr Herz ergießt: eine Liebe, die stärker ist als der Tod und mächtiger als die Hölle;
11. ist dieser Stand mehr zu ersehnen als zu fürchten, denn die Flammen dort sind Flammen heiliger Sehnsucht und Liebe;
12. sie sind aber dennoch furchtbar, weil sie unsere Vollendung verzögern, die darin besteht, Gott zu schauen und zu lieben und durch diese Anschauung und Liebe ihn in der ganzen, unermeßlichen Ewigkeit zu loben und zu verherrlichen.

(Eine Zusammenfassung der Lehre der Heiligen über den „Reinigungsort Fegfeuer“ durch Franz von Sales, in THEOLOGISCHES 1970 Nr. 5)

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Über die Abtötung

„Die Abtötungen dienen uns als Sühne für unsere Schuld in diesem Leben. Derjenige, der Gott beleidigt hat, muss, selbst wenn seine Schuld vergeben ist, immer noch die zeitliche Strafe erfüllen, und wenn er sie in diesem Leben nicht erfüllt, wird er es im Fegefeuer tun müssen, wo die Strafen viel größer sein werden.“

(Heiliger Alfons Maria de Ligurio)

Ich weiß, wo du wohnst:
wo der Thron Satans ist …
Tue Buße …

Tue gleicherweise Buße;
wo aber nicht, so werde ich schnell über dich kommen,
und werde mit ihnen kämpfen mit dem Schwerte meines Mundes.

Und dem Engel der Gemeinde zu Thyatira schreibe:
Dies spricht der Sohn Gottes, der Augen hat wie Feuerflammen,
und dessen Füße wie Glüherz sind:
Ich kenne deine Werke und deinen Glauben,
und deine Liebe, und deine Dienstleistung, und deine Geduld,
und dass deine letzten Werke mehr sind als die ersten.
Aber ich habe etwas Weniges wider dich:
dass du dem Weibe Jezabel, die sich selbst
für eine Prophetin ausgibt, gestattest zu lehren
und meine Knechte zu verführen,
Unzucht zu treiben und von Götzenopfern zu essen.
Ich habe ihr Frist gegeben, dass sie Buße tue;
aber sie will sich nicht bekehren von ihrer Unzucht.
Siehe, ich werde sie auf das Krankenbett werfen,
und die mit ihr ehebrechen, werden in sehr großer Drangsal sein,
wenn sie sich nicht bekehren von ihren Werken.
Und ihre Kinder werde ich durch Todesgericht töten,
alle Gemeinden sollen erkennen,
dass ich es bin, der Herzen und Nieren erforscht,
und ich werde einem jeden von euch
nach seinen Werken vergelten.
Euch aber sage ich, den übrigen in Thyatira,
allen, die nicht an dieser Lehre halten
und die Tiefen des Satans, wie sie sagen,
nicht erkannt haben:
Euch werde ich keine andere Last auferlegen;
jedoch was ihr habt, das bewahret,
bis ich komme.

(Offb 2, 13, 16, 18-25)

Giovanni Gasparro: Autoritratto allo specchio rotto – Selbstporträt im zerbrochenen Spiegel, 2009 Rom, Privatsammlung

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Heilige Messen für die Armen Seelen im Fegfeuer

 

Nikolaus von Tolentino erlebte sich ins Fegefeuer versetzt. Er erblickte eine weite Ebene, in der unzählige Arme Seelen in einem Flammenmeer leidvoll geläutert wurden. Da hörte er einen Mitbruder sagen:

„Siehe, das sind die, die mich zu dir geschickt haben. Weil du Gott wohlgefällig bist, haben wir das feste Vertrauen, dass wir durch das Hl. Messopfer, das du für uns darbringen wirst, aus unserer Qual befreit werden.“

Tief erschüttert über das, was er geschaut hatte, begab sich Nikolaus am nächsten Morgen zu seinem Oberen und erbat sich die Erlaubnis, die ganze Woche über die Hl. Messe für die Armen Seelen feiern zu dürfen.

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Die heilige Messe befreit die Armen Seelen

Von den Flammen des Fegfeuers umgeben, habe er gesagt, er leide große Pein. Der Sohn möge dafür sorgen, daß für ihn einige heilige Messen gelesen werden. Der Sohn ließ drei heilige Messen lesen. Die Magd sah, wie der Geist des Verstorbenen diesen heiligen Messen kniend beiwohnte. Nach Beendigung der drei heiligen Messen sprach der Geist zu ihr: „Sage meinem Sohn Dank. Fünf Jahre war ich zu den Peinen des Fegfeuers verurteilt worden. Wegen dieser drei heiligen Messen und wegen des Gebetes der Gläubigen hat mir Gott vier Jahre und vier Tage von meiner Pein geschenkt.“

Zur Zeit des heiligen Bernhard von Clairvaux war ein Klosterbruder gestorben, der in der folgenden Nacht einem frommen Pater erschien und sprach: „Komm und sieh, welch schrecklichen Qualen ich durch das gerechte Urteil Gottes übergeben worden bin.“ Er führte den Pater zu einem breiten und tiefen Brunnen, der mit Feuer angefüllt war, und sagte: „In diesen schrecklichen Pfuhl wurde ich gestürzt.“ Am folgenden Morgen erzählte der fromme Pater die Erscheinung dem heiligen Bernhard. Dieser rief alle Brüder zusammen, schilderte ihnen die große Qual des verstorbenen Mitbruders und ermahnte sie, durch Gebet und heilige Messen den Zorn Gottes zu versöhnen. Die Patres taten dies mit großer Andacht. Nach wenigen Tagen erschien die Seele des verstorbenen Bruders dem frommen Pater wieder und gab ihm durch ihre heitere Miene zu erkennen, daß sie in einem besseren Zustand sei. Der Pater fragte: „Wie steht es mit dir?“ Die Seele antwortete: „Gott sei Dank, ich befinde mich wohl.“ Der Pater fragte: „Wodurch bist du erlöst worden?“

Die Seele sprach: „Komm und sieh!“ Die Seele führte den Pater in die Klosterkirche, wo die Priester an den Altären mit großer Andacht die heilige Messe lasen. Da sprach die Seele: „Siehe, das sind die Waffen der Gnade Gottes, wodurch ich errettet worden bin. Das ist die Kraft der Barmherzigkeit Gottes, die unüberwindlich bleibt. Siehe, das ist das ausgezeichnete Schlachtopfer, das die Sünden der Welt hinwegnimmt.“

Nach diesen Worten verschwand die Seele. Der fromme Pater berichtete seinen Mitbrüdern die Erlösung der Seele und schilderte die große Kraft des heiligen Meßopfers, die ihm der Geist erklärte. Alle Patres wurden mit neuem Eifer für die heilige Messe entflammt.

Pater Martin von Cochem (1634-1712), Kapuziner.
Über den Wert der hl. Messe für die Armen Seelen.
Siehe: „Sie kamen aus dem Feuer“, Theresia-Verlag

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Milder Jesus, schone, schone, führe sie zu Deinem Throne.

Schenke Heiland, Deinen Frieden
Allen, die dahingeschieden,
die des Lebens Kampf bestanden
und die Ruhe noch nicht fanden.

Tilge aus, wofür sie dulden,
lasse nach, was sie noch schulden.
Einst hast Du am Kreuz gehangen,
hast Du alle Welt umfangen

mit den blutbedeckten Armen.
Streck sie jetzt doch voll Erbarmen
Zu des Kerkers dunklen Stätten,
lös`der armen Seelen Ketten.

Still` ihr Sehnen, hör ihr Flehen
Gnade lass vor Recht ergehen.
Schau ihr Zagen, hör ihr Klagen,
ew`ges Licht lass ihnen tagen!

Dir nur pochen ihre Herzen:
still` die Sehnsucht, end` die Schmerzen.
Alle, die uns teuer waren,
führ` sie zu den Himmelsscharen,

die verknüpft mit engen Banden
uns hienieden nahestanden.
Milder Jesus, schone, schone,
führe sie zu Deinem Throne. Amen.

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Die Armen Seelen im Fegfeuer – 4/4

Willst du, dass sich Gott deiner erbarme,
dann erbarme dich deines Nächsten im Fegfeuer.

HI. Augustinus

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Die Armen Seelen im Fegfeuer können nichts für sich selbst tun,
aber sie vermögen viel für uns. Die Erfahrung lehrt,
dass es fast niemanden gibt, der die Seelen im Fegfeuer angerufen hätte,
ohne die erbetene Gnade zu erhalten.

HI. Joannes Maria Vianney, Pfarrer von Ars

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Wollen wir den Armen Seelen kräftig helfen,
so müssen wir dieselben immer
in unseren Gebeten der allerseligsten Jungfrau Maria empfehlen
und für sie besonders den heiligen Rosenkranz aufopfern.

HI. Alphons Maria von Liguori

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Ruf an Maria für die verstorbenen Priester

Maria, du Mutter des Ewigen Hohepriesters Jesus Christus,
unermesslich liebst du die Priester und groß ist dein Mitleid
mit jenen Priestersöhnen, die in den Flammen des Fegfeuers
schmachten; du kennst ihr schmerzliches Los.

Ich bitte dich durch all die Tränen und Schmerzen
beim Leiden deines göttlichen Sohnes,
komme deinen Dienern zu Hilfe!
Opfere du dem Ewigen Vater
das kostbare Blut Jesu auf,
bezahle damit ihre Schuld und
lass die heiligen Engel sie heimführen in den Himmel.

Erbarme dich besonders der ärmsten,
verlassensten Priesterseelen
im Fegfeuer! Amen.

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Die Armen Seelen im Fegfeuer – 3/4

Wer in diesem Leben seine Sünden abbüßt,
bezahlt mit wenigen Pfennigen tausend Mark.
Wer aber die Abbüßung ins andere Leben verschiebt,
bezahlt mit tausend Mark wenige Pfennige.

HI. Katharina von Genua, die Theologin des Fegfeuers

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Es gibt kein anderes Opfer,
wodurch die Armen Seelen
aus dem Fegfeuer schneller erlöst werden,
als das heilige Messopfer.

HI. Kirchenlehrer Thomas von Aquin

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Ein jeder lebende Mensch sollte es vorziehen,
bis zum Ende der Welt mit allen Peinen zugleich
gemartert zu werden,
als einen einzigen Tag
im Fegfeuer zu liegen.

HI. Cyrillus

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Die Armen Seelen im Fegfeuer – 2/4

Es gibt einen dritten Ort für die Seelen nach dem Tod:

das Fegfeuer!

Ins Fegfeuer kommen die geretteten Seelen, die zwar ohne schwere Sünde (Todsünde, 1 Joh 5,16f) sterben, aber für den Himmel noch nicht rein genug sind. Denn ein Zustand der Sünde in der Seele, und sei er noch so klein, verträgt sich nicht mit der unendlichen Heiligkeit und Vollkommenheit Gottes:

„Doch nichts Unreines darf in sie eingehen, kein Frevler und kein Lügner, – nur jene, die eingetragen sind im Buch des Lebens des Lammes.“ (Offb 21,27).

Die Seele muss von jeder Schuld gereinigt sein, bevor sie in den Himmel gelangen kann. So verlangt es die Gerechtigkeit Gottes, aber auch die Seele selbst hat das sehnsüchtige Verlangen, so schnell wie möglich ganz rein zu werden.

Diese Reinigung ist sehr schmerzhaft und dauert oft lange. Die Arme Seele im Fegfeuer ist aber trotzdem glücklich und dankbar, dass sie durch Gottes Barmherzigkeit vor der Hölle gerettet ist.

Die Seelen im Fegfeuer nennt man „Arme Seelen“, weil sie sich selbst nicht mehr helfen können. Sie sind dankbar für jedes Gebet und Opfer, das wir für sie bringen und vergelten es uns vielfach.

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