Siehe da, deinen Sohn! – Heiliger Evangelist Johannes – 27. Dezember

Als Jesus seine Mutter und den Jünger, den er liebte, da stehen sah, sprach er zu seiner Mutter: „Weib, siehe da deinen Sohn, und dann zu seinem Jünger: siehe deine Mutter!“ (Jo 19,26-27).

Mitten unter so viel Beschimpfung und Qual vergisst unser Heiland sich selbst und denkt nur daran, jene zu trösten, die ihn lieben. Er war nicht wie der Hohepriester Aaron, den die Traurigkeit hinderte, sein Amt zu verwalten. Ungeachtet der größten Betrübnis handelte Christus so vollkommen, wie ein Sohn nur seiner Mutter und ein Meister nur seinem Schüler gegenüber handeln kann. Er schenkte der Mutter seinen Lieblingsjünger, und seinem Lieblingsjünger gab er seine Mutter. Er tat beides im Augenblick, da er seine Mutter verlassen musste und auf sich selbst gestellt, in den Tod ging.

Glücklicher Jünger, der du eine solche Mutter verdientest! Freue dich, mein Christ, und bedenke, dass du auch an dieser Auszeichnung teilhast. Ja, der eingeborene Sohn Gottes, dessen kostbares Blut uns die Ehre erwarb, von seinem himmlischen Vater an Kindes Statt angenommen zu werden, wollte, dass wir durch eine Art Annahme an Kindes Statt auch Kinder seiner heiligen Mutter würden. Als Jesus dem hl. Johannes erklärte, dass Maria seine Mutter sein werde, da waren wir alle in der Person des hl. Johannes einbegriffen Von diesem Augenblicke an betrachtete Maria uns alle als ihre Kinder und liebte uns mit mütterlicher Sorge.

Mein Herr und Heiland, welchen Dank bin ich Dir schuldig, da Du mir eine so würdige Mutter gabst. Du wolltest, dass ich zur Zahl ihrer Kinder gehörte. Am Fuße des Kreuzes nahm sie mich durch die allmächtige Kraft Deines Wortes in ihr Herz auf, und da begann sie, auch mich wie ihren Sohn zu lieben.

Heilige Jungfrau, obwohl ich dieser Auszeichnung unwürdig bin, wage ich dennoch vertrauensvoll mich dein Kind zu nennen. Jesus Christus hat mich zu dieser Würde erhoben. Ich habe das unschätzbare Glück, dein Sohn zu sein, und dieser Würde ziehe ich alle Kronen der Erde vor.

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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Heiliger Stephanus – Stärker als der Tod – 26. Dezember

Als der heldenmütige Diakon gesteinigt wurde, rief er: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ Darauf sank er auf seine Knie und rief mit lauter Stimme: „Herr, rechne ihnen dieses nicht zur Sünde an!“ Dann entschlief er im Herrn (Apg 7,58-59).

Der glorreiche Tod des hl. Stephanus ist das treue Abbild des Todes Jesu Christi. Er ist das vollkommene Vorbild des Todes der Gerechten. Nach dem Beispiel unseres Erlösers empfiehlt der hl. Stephanus Gott seinen Geist. Er betet für seine Feinde und entschläft im Herrn. Zum Unterschied von Christus betet er allerdings zuerst auch für sich; Jesus hatte das als der Heilige der Heiligen nicht notwendig. Als Stephanus für andere betete, sank er auf die Knie. Jesus betete für seine Feinde am Kreuze hängend.

Beider Gebet wurde erhört, wie es die wunderbare Bekehrung derjenigen beweist, die vom Kalvarienberge herab gingen und an ihre Brust klopften. Beim Tode des hl. Stephanus erhielt der hl. Paulus die Gnade, die ihn aus einem Verfolger der Kirche zu ihrem Apostel und ihrer festesten Säule machte. So starb Stephanus in Vereinigung mit Christus, mit dem er schon durch Liebe und Nachfolge verbunden war.

O treuer Diener Jesu Christi!
O du siegreiche Liebe!
O Liebe, die du stärker bist als der Tod!
O Liebe, mit der dieser junge Mann flammende Seufzer zum Himmel emporsandte, um selbst für jene das ewige Leben zu erlangen, die ihm das zeitliche nahmen!
O wünschenswerter Tod, der ein so glorreiches, unsterbliches Leben erwirkt!

Gib, o Herr, dass meine Seele den Tod dieses Gerechten sterbe und mein Ende wie das seinige werde! (4Mos 23,10). Mache, dass ich seinen Fußstapfen folge und würdig erachtet werde, mit ihm in den Himmel zu kommen, mögen mir viele gute Werke und standhaft ertragene Leiden nachfolgen.

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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Das Geheimnis der Weihnacht

Da die seligste Jungfrau wusste, dass die Geburt Jesu herannahe, erwartete sie in zurückgezogener Einsamkeit, in tiefer Betrachtung den wichtigen Augenblick. In höchstem Glück schenkte sie jenen der Welt, der ihr Befreier war. Unaussprechliche Liebe und Ehrfurcht durchdrang ihr Herz. Sie betete jenen als ihren Gott an, den sie als ihren Sohn liebte. Mit der Zärtlichkeit einer Mutter umfing sie ihn. Sie nahm das göttliche Kind auf ihre Arme und an ihr Herz. Sie küsste es voll Ehrfurcht, und Tränen der heiligsten Freude rollten aus ihren Augen. Ehrfurcht und Liebe sollten deine Empfindungen sein, mein Christ, wenn du das Glück hast, denselben Heiland zu besitzen. Ehrfurcht und Liebe sind die Hände, die du ihm reichen sollst.

Nachdem Maria dem ersten Drang ihrer Liebe Genüge getan hatte, war sie um die Erfüllung ihrer Mutterpflichten bekümmert. Sie wickelte das göttliche Kind in Windeln und legte es in die Krippe. Welch ein Schmerz für die liebevolle Mutter, den eingeborenen Sohn Gottes, ihren Schöpfer und Erlöser, in eine arme, der Würde seiner Person so wenig angemessene Wiege legen zu müssen! Wie sehr musste sie staunen, Gott in einem so bescheidenen Zustande zu erblicken! Wie sehr musste sie von Dankbarkeit durchdrungen sein, dass ihr Schöpfer sie zu seiner Mutter gewählt hatte. Mit welcher Hingabe opferte sie sich seinem Dienste! Und der hl. Joseph vereinigte seine Huldigung, Liebe und Zärtlichkeit mit jener seiner gebenedeiten Braut.

Werfen wir uns mit Maria und Joseph zu den Füßen des Jesuskindes nieder und beten wir mit ihnen das menschgewordene Wort an. Es hat sich ja aus Liebe zu uns in so wunderbarer Weise herabgelassen. Wir lieben es, wir bewundern es. Wir danken ihm in Demut für eine so unaussprechliche Gnade. Wir bringen ihm aus Dankbarkeit uns selbst zum Opfer dar und sprechen mit aller Zärtlichkeit unseres Herzens:

Liebenswürdiger Furioser, was soll ich tun um Deiner großen Güte zu entsprechen? Hätte ich doch in jener Stunde zu Bethlehem sein können, um euch beizustehen und euch zu dienen. Lass mich Dir mit Leib und Seele zu Diensten sein. Verfüge über mich nach Deinem Wohlgefallen!

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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Heiligabend – Siehe, ich komme, Deinen Willen zu erfüllen!

Die Zeit, die Gott von Ewigkeit her zur zeitlichen Geburt seines Sohnes bestimmt hatte, war gekommen. Unser Heiland hatte sich geduldig in diese Stunde gefügt. Er war ihr weder zuvorgekommen, noch hatte er sie verschoben. Dann aber erhob er sich wie ein Riese, seinen Weg zu laufen (Ps 18,6), der ihm von der Wiege bis zum Kreuze eröffnet war.

O anbetungswürdiges Kind, wie viele Kreuze wirst Du finden, bevor Du jenem begegnest, auf dessen Armen Du Deinen Lauf vollenden sollst! Welche Ergebung in den Willen Deines Vaters, der Dir genau vorgezeichnet ist, findet sich bei Dir! Wie sehr muss mich der Gedanke packen, hier einen untertänigen Gott zu sehen, untertänig den strengen Beschlüssen eines Vaters, der die Empörung seiner Knechte am eigenen Sohne rächt!

Durch seine Ankunft in der Welt zu der vom Vater bestimmten Stunde, da er das Heiligtum unter dem Herzen seiner Mutter verließ, schenkte unser Heiland Maria ein Übermaß himmlischer Schätze, einen Überfluss an Gnaden, der sich leichter betrachten als beschreiben lässt.

O liebenswürdigster Jesus, mit welchen Gnaden wirst Du unser Herz erfüllen, wenn wir Dich in der heiligen Kommunion empfangen und Deiner Gnade kein Hindernis entgegensetzen! Findest Du in unserer Seele eine Tugend, die mit jener der gebenedeiten Jungfrau auch nur entfernte Ähnlichkeit hat, so wirst Du gewiss ihren Glanz vermehren, so wie Du die Tugend Deiner heiligen Mutter vollkommener machtest.

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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O mein Gott!

(Montag nach dem vierten Sonntag im Advent)

Unterstütze meine schwachen Kräfte,
o mein Gott,
durch Deine allmächtige Hand.
Ohne Deine Kraft
Sind selbst die Riesen mutlos, sie erliegen.
Mit Dir im Bunde aber
können selbst die Kinder
weiter schreiten
und zur höchsten Heiligkeit gelangen.

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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Vierter Sonntag im Advent

Die Zurückgezogenheit, meine Seele, ist ein an allen Tugenden fruchtbares Feld, zumal wenn man den Mut hat, solange in dieser Stille zu verharren, wie Gott es will. Bleiben wir in der Einsamkeit, im Gebete und in der Buße, sie wird für uns ein Berg an Myrrhe und ein Weihrauchhügel sein darauf wir Gott beständig Opfer darbringen und zum Lohne dafür zu einer Reinheit des Herzens gelangen, die uns fähig machen wird, mit den Engeln Umgang zu pflegen. Wir werden dadurch so an Tugend wachsen, wie der Morgenstern immerzu bis zum hellen Tage wächst.

Nur Du kannst uns den Armen der Welt entreißen, o göttlicher Geist, Du kannst uns in die Einöde führen und uns die Erkenntnis göttlicher Dinge geben. Du kannst uns zur Übung der Tugenden Deines Vorläufers aneifern. Wir bitten Dich demütig um diese Gnaden und überlassen uns ganz Deiner göttlichen Leitung.

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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Der Lobgesang der allerseligsten Jungfrau

(Samstag in der dritten Adventswoche)

Die Antwort der Heiligen Jungfrau Maria ist der Ausdruck so vieler großer und erhabener Gefühle, die ganz geeignet sind, eine Seele zu erbauen, dass sie der Gegenstand mehrerer nutzreicher Betrachtungen sein könnten. Über jedem Worte des Magnifikats könnte man seinen Kopf in die Hände nehmen und nachdenken. Wir werden daher versuchen, eines nach dem anderen zu erklären. Dabei können wir sie entweder zum Gegenstand mehrerer Betrachtungen machen oder in verschiedene Punkte einer einzigen fassen. Wir stellen uns Maria vor, wie sie den Lobgesang auf den Schöpfer singt. Wir bitten sie um Verständnis ihrer heiligen Worte zum Heil unserer Seele.

Hoch preiset meine Seele den Herrn!

Und mein Geist frohlockt in Gott meinem Heiland.

Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.

Deshalb werden von nun an mich seligpreisen alle Geschlechter.

Denn der Allmächtige hat Großes an mir getan, und heilig ist sein Name.

Er ist barmherzig von Geschlecht zu Geschlecht mit denen, die ihn fürchten.

Er übet Macht mit seinem starken Arme.

Er zerstreuet, die da hoffärtig sind in ihres Herzens Sinne.

Die Gewaltigen stürzt er vom Throne und erhöht die
Niedrigen; die Hungrigen erfüllt er mit Gütern, die Reichen
lässt er leer ausgehen.

Er hat sich Israels angenommen, eingedenk seiner Barmherzigkeit, wie er zu unseren Vätern sprach, zu Abraham und zu seinen Nachkommen ewiglich!

O Heilige Jungfrau!
Erwecke in meinem Herzen eine wahre Andacht zu dir, o Maria, eine beständige Andacht, die mich unzertrennlich mit dir vereinigt, und ich bin gewiss, dass mir tausendfältiger Segen vom Himmel kommen wird, der das sichere Beginnen meines Heils ist.

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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Du bist gebenedeit unter den Weibern

(Freitag in der dritten Adventswoche)

Als Elisabeth Marias Stimme hört, wird auch sie vom Heiligen Geiste erfüllt, um ein Loblied auf Maria und ihr göttliches Kind zu singen: „Du bist gebenedeit“, sagt sie „unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes!“ (Lk 1,2).

Welche Bescheidenheit spricht auch aus dem Staunen der älteren Frau: „Woher kommt mir diese Gnade, dass die Mutter meines Herrn mich besucht!“ (Lk 1,43) Man spürt endlich die ganze Glückseligkeit, die sie bei der Nähe der Gottesmutter empfand, wenn sie sagt: „Deine Stimme hat kaum an mein Ohr geklungen, als das Kind in meinem Leibe vor Freude aufhüpfte“ (Lk 1,44). Nicht zuletzt bestärkte der Heilige Geist die seligste Jungfrau in dem Glauben an die Worte des Engels, als Elisabeth zu ihr sagte: „Und selig bist du, da du geglaubt, denn alles wird in Erfüllung gehen, was dir vom Herrn gesagt worden ist“ (Lk 1,45).

So lehrt der Heilige Geist jene, denen er sich mitteilt, den Herrn zu loben und zu verherrlichen, seine Hoheit zu preisen, sich in seiner Gegenwart zu erniedrigen, mit lebendigem Dankgefühle seiner Gnade zu gedenken, ja, diese anderen Menschen mitzuteilen und ihre Umwelt in Erkenntnis und Liebe des Schöpfers zu befestigen.

Ziehen wir Nutzen aus dem Beispiel der hl. Elisabeth. Wenn Gottes Sohn in der heiligen Kommunion zu uns kommt, so wollen auch wir ihn mit den Worten begrüßen: Woher kommt mir diese unbegreifliche Gnade, dass mein Herr und Gott sich würdigt, mich mit seinem Besuche zu beehren, mich Armseligen und Unwürdigen? Doch ich will in der Liebe zu ihm wachsen und nicht mehr sündigen.

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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Der Heiland

(Donnerstag in der dritten Adventswoche)

Noch vor seiner Geburt begann das Göttliche Wort sein Mittleramt zwischen dem Vater und uns. Die Heiligung des Johannes ist das erste Werk seiner all mächtigen Gnade. Es hatte Mitleid mit dem Zustand der Sünder, in dem sich Johannes befand. So gab es seiner gebenedeiten Mutter den Befehl, sich eiligst aufzumachen, um Elisabeth zu besuchen (Lk 1,39). Ist das nicht eine bewunderungswürdige Sorgfalt, wie sich Jesus um seine Freunde kümmert! Wie beeilt er sich, ihnen zu helfen, wie ist er darauf bedacht, sie aus der Knechtschaft der Sünde zu befreien.

Ich verdiene weder Deine Freundschaft noch Deine Gnade, o Herr; mir steht es nicht zu, mich zur Zahl deiner Günstlinge zu zählen. Trotzdem ward mir die Ehre zuteil, einer Deiner Diener zu sein. Als solcher wage ich es, Deine Barmherzigkeit um Hilfe anzuflehen und mit David zu rufen: „Dein bin ich, hilf mir!“ (Ps 118,94).

Zerreiße meine Fesseln und schenke mir die Freiheit! Liebenswürdiger Erlöser, Du wirst Dein Mittleramt zu meinem Heile ausüben. Durch das Feuer Deiner Liebe wirst Du die Frucht der Erlösung in meiner Seele zur Reife bringen. Von der Schwere meiner Sünden werde ich zu Boden gedrückt. Von dem Joch meiner Leidenschaften werde ich Tag und Nacht geplagt und seufze zu Dir, meinem Erlöser. Zerbrich die Ketten, die mich hindern, heilig zu werden. Wenn Du meine Seele in die Freiheit der Kinder Gottes setzest und sie darin erhältst, so machst Du mich fähig, auf jene Stufe der Vollkommenheit zu gelangen, die Deine Auserwählten erreichen sollen.

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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„Was Er mir getan hat.“

(Mittwoch in der dritten Adventswoche)

Unter allen Frauen der Welt war keine wie Maria würdig, Muttergottes zu werden. Ja, sie wäre wahrscheinlich nie erschaffen worden, wenn Gott sie nicht von Ewigkeit zur Gottesmutter bestimmt hätte. Der Gottmensch Jesus Christus war auch der Grund ihrer eigenen Existenz. Sie wurde also nicht aus vielen anderen auserwählt, es kam gar keine andere Frau als sie in Frage. Sie ging in den Plänen Gottes von Ewigkeit her ihren eigenen Weg auf Christus zu. Die demütige Jungfrau Maria ließ es sich nicht einfallen, diese Auszeichnung ihren Verdiensten zuzuschreiben: „Er mir getan!“ (Lk 1,48-49). Sein Name sei dafür gebenedeit!

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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