Die Orthodoxie der Mönche des Athos

Vor wenigen Tagen berichtete tu domine davon, dass „Antiökumenische ultraorthodoxe Mönche auf dem Athos“ vertrieben werden sollen.

Auf die mir danach gestellte Frage, wohin diese Mönche denn jetzt gingen, konnte ich nicht antworten. DIE TAGESPOST vom 6. August 2020 nimmt sich in persona Barbara Wenz dem Streit auf dem Athos an.

Der Titel ihres Artikels lautet: „Eine Oase des Streits. Einigen Mönchen ist der Patriarch nicht orthodox genug“. Zwar ist es nicht so, dass die besagten „Ultraorthodoxen“ bereits ihr Kloster verlassen hätten. Für westliche katholische Gläubige ist kaum zu verstehen, was auf dem Athos vor sich geht. Hat man nicht sowieso den Eindruck, dass sowohl die Mönche als auch der ganze Athos „ultraorthodox“ seien? Ist für uns der Athos nicht sogar „Eine Bastion des alten christlichen Glaubens, eine Oase des Friedens in einer unruhigen, krisen- und kriegsgeschüttelten Welt“?

Wenz geht der Sache auf den Grund.
Lesen Sie einige Sätze aus ihrem Artikel:

Am 8. Juli hatte nämlich der griechische Verfassungsgerichtshof die „Zeloten“ genannten aufmüpfigen ultraorthodoxen Mönche zur Räumung ihrer Abtei Esphigmenou aufgefordert.

Darauf folgte am 24. Juli ein groß angelegter Polizeieinsatz auf einem außerhalb der autonomen Republik Athos liegenden Klostergut, bei dem das Gut selbst und ein Pilgerhospiz geräumt wurden.

Nun geht es um das Kloster Esphigmenou selbst, eines von 20 Klöstern auf dem Athos nahe der Hauptstadt Karyes, im Norden der Halbinsel, in dem sich an die 110 Mönche hinter den Wehrmauern aus dem 13. Jahrhundert verschanzt haben und bei der letzten Auseinandersetzung vor einigen Jahren auch nicht zögerten, gegen die von Regierungsseite eingesetzten Bulldozer mit Molotow-Cocktails – so berichtete jedenfalls die säkulare Presse – vorzugehen.

Der aktuelle Konflikt schwelt schon seit mehreren Jahren und richtet sich in erster Linie gegen Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel, dem 270. Nachfolger des Apostel Andreas, dessen Amtssitz sich im heutigen Istanbul befindet. Bartholomaios hält das Amt schon seit 30 Jahren inne, als Ökumenischer Patriarch ist er der Primus inter pares aller autokephalen orthodoxen Kirchen.

Den Mönchen von Esphigmenou ist er zu liberal, zu sehr an Ökumene und an einem Dialog der Religionen untereinander interessiert. Für sie ist er vom wahren Glauben abgefallen, denn er habe mit dem Papst gebetet und sei noch dazu ein Teil der sogenannten Neuen Weltordnung.

Die Männer sind bereits seit einigen Jahren vom Patriarchen aus der Kirche ausgeschlossen worden, den sie wiederum ihrerseits als Häretiker verachten.

Angeführt von ihrem Abt Methodios weigern sie sich seit Jahren beharrlich, ihr berühmtes Kloster zu verlassen, […] obwohl ihnen die Athos-Regierung bereits freien Abzug in ein anderes Kloster ihrer Wahl gewährt hat.

Schon im Jahre 2011 wurden vierzehn Mönche des Christi-Himmelfahrt-Klosters Esphigmenou zu sechs Monaten Haft verurteilt, weil sie sich geweigert hatten, einem entsprechenden Gerichtsurteil zur Räumung des Klosters Folge zu leisten. Ende Juli dieses Jahres ging der Kampf in die nächste Runde und scheint zu eskalieren. Seit dem ersten Gerichtsurteil leben die Mönche von Esphigmenou in einem regelrechten Belagerungszustand. Alles, was sie benötigen und nicht selbst auf ihren Feldern anbauen oder in ihren kleinen Werkstätten herstellen können, muss per Fischerboot ins Kloster hineingeschmuggelt werden – der einzige Weg, das Kloster überhaupt zu erreichen.

In ihrer Verantwortung für die Heilige Tradition und die Gläubigen stehend, heißt es dort, müssten sie unter Schmerz erklären, dass sie nicht mit dem gemeinsamen Gebet des Papstes, das der Patriarch anlässlich des Besuches aus Rom vorgenommen hat, einverstanden seien, denn diese und andere liturgische Treffen würden den Eindruck machen, als würde die orthodoxe Kirche die römischen Gläubigen und den Papst als kanonischen Bischof von Rom akzeptieren. Ebenfalls hätte der Gegenbesuch des orthodoxen Erzbischofs im Vatikan einen großen Quell von Schmerz in ihren Herzen verursacht. Und das sei alles umso schlimmer deswegen, weil die päpstliche römische Tradition nichts an ihren häretischen Lehren geändert hätte.

Die Wurzeln dieses Konfliktes sitzen tief und die Erbitterung währt schon gut eintausend Jahre – also seit dem Morgenländischen Schisma. Doch zugrunde liegen auch einige innerorthodoxe Streitigkeiten; unter anderem brachte die Kalenderreform vom julianischen zum gregorianischen (auch noch dazu ein römischer Papst …) bereits in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erheblichen Unfrieden und Streit, ähnlich übrigens der Situation bei den Römisch-Katholischen nach der Liturgiereform. Schon damals entfernten die Athos-Klöster, bis auf ein einziges, das auch den neuen Kalender übernahm, den Namen des damaligen Ökumenischen Patriarchen aus allen liturgischen Fürbitten.

Auf der Kampfstandarte des Klosters Esphigmenou steht der Wahlspruch nachzulesen:
Orthodoxie oder Tod!“

Die Männer scheinen zum Äußersten bereit, wozu auch gehört, als Märtyrer für die Rechtgläubigkeit zu sterben.

+