Wer mir nachfolgt

Wer mir nachfolgt, wandelt nicht im Dunkel,
spricht der Herr (Joh 8,12).
Das sind Worte Christi.
Sie spornen uns an, sein Leben und seinen Wandel nachzuahmen,
wenn wir wahrhaft erleuchtet
und von aller Blindheit des Herzens befreit werden möchten.
Unsere höchste Aufgabe
sei die Betrachtung des Lebens Jesu Christi.

(Thomas von Kempen. Von der Nachfolge Christi)

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Thomas von Kempen – Todestag am 25. Juli 1471

Herr Jesus Christus,
durch die Schriften des
Thomas von Kempen
hast Du Deine Kirche reich beschenkt.
Wir bitten Dich, Jesus,
der Du die gekreuzigte Liebe bist:
Lehre uns wie Thomas von Kempen,
Dein heiliges Wort zu hören
und schenke uns in Deiner Nachfolge
Leben in Fülle.
Amen.

Aus der Nachfolge Christi des Thomas von Kempen:

Vom guten Gewissen.

1. Des guten Menschen Glorie ist das Zeugnis seines guten Gewissens (2Kor 1,12). Hab ein gutes Gewissen, und du wirst immer Freude haben. Ein gutes Gewissen kann viele Lasten tragen und kann auch mitten in Trübsalen heiter sein. Aber ein böses Gewissen ist immer voll Furcht und Unruhe. Sanft wirst du ruhen, wenn dich dein Herz nicht verdammt. Suche Freude nur im Rechttun. Die Bösen haben keine wahre Freude und genießen keinen inneren Frieden. Denn: es ist kein Frieden in dem Herzen der Gottlosen, spricht der Herr (Jes 57,21). Und wenn sie es noch so oft sagen: Wir haben Frieden; über uns kommt kein Übel; wer sollte es wagen dürfen, uns wehe zu tun? so glaube ihnen nicht. Denn schnell bricht der Zorn Gottes herein, und zu nichts wird all ihr Tun, und verloren auf immer sind all ihre Pläne.

2. Wer die Liebe hat, dem wird es nicht schwer, sich sogar in seiner Trübsal zu rühmen. Das aber heißt eigentlich seinen Ruhm im Kreuze Christi suchen. Flüchtig und unstet ist alle Ehre, die die Menschen von einander nehmen und einander geben. Die Ehre der Welt geht immer mit Angst und Traurigkeit Hand in Hand. Die Guten haben ihre Ehre in ihrem Gewissen, nicht im Munde der Menschen. Der Gerechten Freude ist von Gott und in Gott; sie haben ihre Herzenslust an der Wahrheit. Wer wahre, unvergängliche Ehre sucht, der bekümmert sich nicht viel um die vergängliche. Und wer vergängliche Ehre sucht oder sie noch nicht von ganzem Herzen verschmäht, der beweist eben dadurch, daß ihm die unvergängliche Ehre noch nicht über alles lieb und teuer geworden ist. Der hat große Seelenruhe, der sich weder die Lobsprüche noch die Schmähworte der Menschen nahe ans Herz gehen läßt.

3. Wer ein reines Gewissen hat, der ist mit wenigem zufrieden und leicht zu begnügen. Du bist nicht heiliger, wenn man dich lobt, und nicht schlechter, wenn man dich tadelt. Was du bist, das bist du, und alle Worte der Menschen können dich nicht größer reden als du im Urteil Gottes wirklich bist. Wenn du darauf siehst, was du im Innern wirklich bist, so wird es dich nicht sonderlich kränken, was die Menschen von dir sagen. Der Mensch sieht auf das Gesicht; Gott hat einen Blick in das Herz. Der Mensch legt auf die Waage, was die Menschen tun; Gott aber wägt die Absicht, welche die Menschen treibt. Immer rechttun und doch geringe in seinem eignen Auge sein, das ist der rechte Probstein einer demütigen Seele. Wenn du dir deinen Trost nicht mehr von den Geschöpfen holen magst, so ist das ein sicheres Zeichen großer Lauterkeit und innerer Zuversicht.

4. Wer kein Zeugnis von draußen für sich sucht, der gibt zu verstehen, daß er sich ganz in die Hand Gottes gegeben hat. Denn nicht der ist ein bewährter Mann, der von sich selbst gut spricht – der ist wahrhaftig gut, für den sein Gott gut spricht, wie der heilige Paulus (2Kor 10,18) lehrt. Im Innern mit Gott wandeln und von keiner Neigung draußen gestört werden, das ist das Leben des innerlichen Menschen.

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„Wenn ich doch wüßte, ob ich beharrlich bleibe!“

Als sich einmal ein Mensch, der oftmals zwischen Furcht und Hoffnung schwebte, von Kummer ganz erschöpft, in der Kirche vor einem Altar betend niederwarf, ging er mit sich zu Rate und sprach:

„Wenn ich doch wüßte, ob ich beharrlich bleibe!“

Sogleich vernahm er in seinem Innern die Antwort Gottes:
„Was würdest du tun, wenn du es wüßtest?
Tu jetzt, was du dann tätest, und du wirst deiner Sache sicher sein.“

Und sogleich fühlte er sich getröstet und gestärkt, überließ sich dem göttlichen Willen und wußte nichts mehr von einem ängstlichen Schwanken. Er wollte auch nicht mehr vorwitzig über seine Zukunft nachgrübeln, vielmehr suchte er zu erkennen, worin der ‚wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes‘ (Röm 12, 2) bestehe, um jegliches gute Werk zu beginnen und zu vollenden.

Thomas von Kempen. Die Nachfolge Christi. Kap. 25

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