Wolfgang Waldstein (+ 17. Oktober) : „Mein Leben“

Heute, Dienstag den 31. Oktober 2023, beginnt um 10:30 Uhr in der Rektoratskirche St. Sebastian in Salzburg das Requiem für Wolfgang Waldstein. Anschließend wird er auf dem Friedhof in Aigen (Salzburg) beigesetzt.

Das Requiem zelebriert sein Enkelsohn Pater Edmund Waldstein OCist.
Predigen wird Monsignore Michael Schmitz.

Aus der Ferne gedenken wir seiner Seele und erinnern uns an sein Leben. Hier meine Buchempfehlung, die am 22. August 2016 bei kathnews erschienen ist.

Wolfgang Waldstein. Mein Leben – Erinnerungen

In wenigen Tagen, am 28. August 2016, vollendet Prof. Dr. Wolfgang Waldstein sein 88. Lebensjahr, wozu ihm der Schreiber dieser Zeilen von Herzen gratuliert. Zu diesem Anlass wurde bei „kathtv.org“ ein Interview veröffentlicht, welches Frau Gisela Geirhos vom Media-Maria-Verlag, mit ihm führen konnte. Dieses Gespräch ist hier abrufbar http://kathtv.org/nc/kategorien/detail/video/prof-dr-waldstein-ein-bewegtes-leben/ (Prof. Dr. Waldstein-Ein bewegtes Leben) und es ist gleichzeitig eine willkommene und gute Ergänzung zu dem autobiographischen Buch: „Wolfgang Waldstein. Mein Leben – Erinnerungen“, das im Jahre 2013 beim Media-Maria-Verlag erschienen ist.

Nur wenigen Wissenschaftlern und Denkern wird die große Ehre zuteil, von einem Papst in einer wichtigen Ansprache mit Wohlwollen zitiert zu werden. 2011 war dies der Fall, als Papst Benedikt XVI. im Berliner Reichstagsgebäude eine Rede hielt, in der er auf die Bedeutung des Naturrechts hinwies und diesbezüglich auf einem Buch des einstigen österreichischen Professors für römisches Recht, Wolfgang Waldstein, aufbaute. Mitte 2013 hatte Waldstein dann unter dem Titel „Mein Leben. Erinnerungen“ im „Media Maria Verlag“ einige autobiografische Fragmente vorgelegt, um die es an dieser Stelle gehen soll. Jene Aufzeichnungen wurden übrigens, wie Waldstein im Vorwort betont, vom damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, angeregt, nachdem er zum Essen beim Ehepaar Waldstein zu Gast gewesen war.

Wolfgang Waldstein erblickte am 27. August 1928 in Finnland das Licht der Welt, wo er dann die ersten Lebensjahre verbrachte – wenn auch an ständig wechselnden Wohnorten. Wegen des gerade ausgebrochenen Krieges der Sowjetunion gegen Finnland wanderte die Familie – der Vater, in Russland geboren, aber zu jener Zeit staatenlos, hatte österreichische Wurzeln – 1939 nach Salzburg aus. Waldstein schildert ausführlich die Erlebnisse aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Mehrfach gab es Situationen, in denen er gerade noch seine eigene Haut retten konnte. Über die Erfahrungen, als gegen Kriegsende Salzburg bombardiert wurde, schreibt Waldstein beispielsweise: „Ich rannte um mein Leben zum Eingang des Stollens hinauf. Als ich den Eingang erreichte, warf mich der Luftdruck der hinter mir detonierenden Bomben geradezu in den Stollen hinein. Das hinter mir dröhnende Inferno erfüllte mich mit unendlicher Dankbarkeit dafür, dass ich den Stollen lebend erreicht hatte.“

Nach dem Krieg muss Waldstein, der eigentlich studieren will, erst einmal Geld verdienen, um sich sein rechtswissenschaftliches Studium in Innsbruck zu finanzieren. In jener Zeit lernt er auch seine spätere Ehefrau kennen, mit der er sich innerhalb weniger Wochen bereits verlobt. Die akademische Laufbahn, wenn auch nicht ohne Hindernisse, entwickelt sich doch recht zielstrebig für den jungen Juristen. 1965 wurde er zum Professor für römisches Recht an die neugegründete rechtswissenschaftliche Fakultät in Salzburg berufen. Entsprechend erlebt Waldstein dort auch die desaströsen Umstände der 1968er-Revolution, wie sie zumeist genannt wird. 1992 erfolgte auf eigenen Wunsch die Versetzung in den Ruhestand, was anscheinend auch diversen untragbaren universitären „Reformen“ geschuldet war. Dieser Ruhestand währte indes nur kurze Zeit, bevor Waldstein an der Lateranuniversität in Rom zu lehren begann.

Ungefähr zur gleichen Zeit wurde Waldstein auch Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben. In diesem Zusammenhang würde man eigentlich die größte „Rechtgläubigkeit“ erwarten, doch macht Waldstein deutlich, dass er hier auch immer wieder Kämpfe zu bestehen hatte. Besonders interessant sind hier seine Ausführungen zur Debatte um den sogenannten „Hirntod“.

Zwei wichtige Wirkungsfelder des Professors für römisches Recht werden in seinen Erinnerungen deutlich: das Naturrecht und die angedeutete Arbeit für den Lebensschutz. Leider wird ein drittes Feld kaum erwähnt, obwohl es mindestens ebenso wichtig ist: der Einsatz für die überlieferte Liturgie. Waldstein veröffentlichte etwa das wichtige Buch „Hirtensorge und Liturgiereform“, war involviert bei „Pro Missa Tridentina“ und verfasste Beiträge für die „Una Voce Korrespondenz“. In dem Buch haben diese Tatsachen leider keinen Platz gefunden; dankenswerterweise wurden sie in dem o. g. Interview, wenn auch nur kurz, thematisiert. Empfehlenswert ist das Buch „Wolfgang Waldstein. Mein Leben – Erinnerungen“ allemal.

Wolfgang Waldstein
Mein Leben – Erinnerungen
Media-Maria-Verlag 2013
240 Seiten; 17,95Euro
ISBN 978-3-9815943-4-8

Wolfgang Waldstein auf dem Gipfel des Dachstein. Foto https://sancrucensis.wordpress.com/2020/06/29/wolfgang-waldsteins-jurisprudence/

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Bruder Lorenz von der Auferstehung – Viertes Gespräch

Er erörterte mit mir häufig und in aller Offenherzigkeit seine Art und Weise, zu Gott zu gehen, von der hier bereits berichtet wurde.

Er erklärte, dass es ganz darauf ankäme, all dem von ganzem Herzen zu entsagen, was uns unserem Gespür nach nicht zu Gott führen würde. Wir sollten danach streben, die Gewohnheit des Gesprächs mit Ihm zu erwerben und uns dabei gänzlich ungezwungen fühlen und offenherzig sein. Wir müssten lediglich Seine innerste Gegenwart in uns wahrnehmen, um uns jederzeit und nach Belieben an Ihn wenden zu können. Bei zweifelhaften Angelegenheiten sollten wir Ihn um Unterstützung bitten, Seinen Willen in dieser Sache zu erkennen, und bei allen anderen darum, diese Angelegenheiten auf rechte Weise ausführen zu können. Wir sollten alle diese Angelegenheiten vor vollbrachter Tat Ihm opfern und Ihm danach danken.

In unseren Gesprächen mit Gott sollten wir außerdem beten, unsere Verehrung für Ihn zum Ausdruck bringen und Ihn unaufhörlich für Seine unendliche Güte und Vollkommenheit lieben.

Ohne von unseren Sünden entmutigt zu sein, sollten wir mit vollkommener Zuversicht Seine Gnade erbitten und uns ganz auf die unendliche Güte unseres Herrn stützen, denn Gott würde niemals versäumen, uns bei allen unseren Handlungen Seine Gnade zukommen zu lassen. Er selber (d.h., Bruder Lorenz) habe diese Gnaden stets erhalten und niemals auf sie verzichten müssen, außer in den Fällen, in denen seine Gedanken vom Empfinden der Gegenwart Gottes abgeglitten seien, oder wenn er vergessen habe, um Seine Unterstützung zu bitten.

Gott schenke uns in all unseren Zweifeln stets das Licht, denn wir hätten keine andere Aufgabe, als Ihn zu erfreuen.

Unsere Heiligung bedürfe keines Wechsels unserer Tätigkeiten, sondern nur der Bereitschaft, alle unsere gewöhnlichen Tätigkeiten, die wir normalerweise nur für uns selbst tun, aus Liebe zu Gott zu tun. Es sei beklagenswert, wie viele Menschen die Mittel mit dem Ziel verwechselten, wie sie sich blind gewissen Beschäftigungen hingäben und diese dann aufgrund ihrer allzu menschlichen oder selbstsüchtigen Motive nur sehr unvollkommen erledigten.

Die bei weitem edelste Haltung, die er bezüglich des Zugehens auf Gott entdeckt habe, bestünde darin, unsere alltäglichen Handlungen ohne die Suche danach, den Menschen zu gefallen, (Gal. 1. 10; Eph. 6. 5, 6) und (soweit wir dazu fähig seien) einzig nur aus Liebe zu Gott zu verrichten.

Es sei eine große Täuschung zu meinen, dass die Zeiten des Gebets sich von anderen Zeiten unterscheiden sollten. Wir seien in den Zeiten unserer Tätigkeiten ebenso wie in den Gebetszeiten gleichermaßen strikt dazu verpflichtet, Gott anzuhängen.

Sein Gebet sei nichts anderes als das Bewusstsein der Gegenwart Gottes, und seine Seele sei in dieser Zeit unempfindlich für alles andere außer der Liebe Gottes. Nach den festgesetzten Gebetszeiten stelle er keinerlei Unterschied dazu fest, sondern fahre fort, mit Gott zu sein und Ihn nach all seinen Kräften zu loben und zu preisen, so dass er also sein Leben in beständiger Freude verbringe. Doch hege er die Hoffnung, von Gott beizeiten, falls sein Wachstum dies erforderlich machen sollte, Leiden geschickt zu bekommen.

Er erklärte, dass wir uns auf immer und aus ganzem Herzen Gott ohne Wanken anvertrauen und uns Ihm gänzlich selbst hingeben sollten in der Gewissheit, dass Er uns nicht täuschen wird.

Wir sollten nicht müde werden, immer wieder kleine Liebestaten für Gott zu verrichten, der nicht die Größe der Tat, sondern die Liebe, in der sie ausgeführt werde, schätze. Wir sollten uns ferner nicht darüber wundern, dass wir am Anfang des Weges oftmals in unseren Bemühungen scheiterten, sondern davon ausgehen, dass wir zu guter Letzt erfolgreich in einer Haltung sein werden, die auf natürliche Weise, ohne unser Dazutun und zu unserer außerordentlichen Freude, in uns wachse und zu ihrer Zeit ihre Früchte hervorbringe.

Die ganze Essenz der Religion bestünde im Glauben, in der Hoffnung und in der Nächstenliebe, und durch die Übung dessen würden wir mit dem Willen Gottes eins werden. Alles andere daneben sei gleichgültig und nur als ein Mittel zu verstehen, dieses unser Ziel zu erreichen und schließlich völlig darin aufzugehen, und zwar durch Glaube und Nächstenliebe.

Er erklärte, dass dem Gläubigen nichts unmöglich sei, dem Hoffenden keine echten Schwierigkeiten begegneten und dem Liebenden alles einfach erscheine, und dass derjenige, der diese drei Tugenden zusammen ausdauernd und standhaft praktiziere, noch weitaus mehr Leichtigkeit im Leben erführe.

Das Ziel, welches wir uns stecken sollten, bestünde darin, in diesem Leben nach unseren besten Kräften zum vollkommensten Verehrer Gottes zu werden und zu hoffen, dies auch bis in alle Ewigkeit zu bleiben.

Er erklärte, dass wir beim Betreten der spirituellen Gefilde mit uns ins Gericht gehen und uns Klarheit darüber verschaffen sollten, wer wir seien. Wir sollten dann sehr wohl bedenken, wie sehr wir doch anfällig für so viele Arten der Verführung seien und wie wenig wir den Namen „Christ“ verdienen würden; wie wir so vielen Arten des Elends und des Unglücks sowie den zahllosen Unfällen des Lebens, die uns bedrücken, unterworfen seien, und wie diese die unaufhörlichen Wechselfälle unserer Gesundheit, unserer Stimmungen und unserer inneren wie äußeren Verfassung verursachten. Kurz gesagt: Wir seien Lebewesen, die Gott durch vielerlei Arten von Schmerzen und Mühen demütige – im Innern wie im Außen. Daher sollten wir nicht darüber erstaunt sein, dass uns von Seiten der Menschen Schwierigkeiten, Versuchungen, Kämpfe und Zwist entgegenkämen. Wir sollten uns ihnen im Gegenteil fügen und sie so lange, wie es Gott gefällt, ertragen, da alle diese Dinge außerordentlich vorteilhaft für uns seien.

Je größer die Vollkommenheit sei, nach der die Seele strebe, umso größer sei auch ihre Abhängigkeit und Zuversicht in die göttliche Gnade.

Auf die Frage von einem aus seiner eigenen Gemeinschaft (dem gegenüber er zur Offenheit verpflichtet gewesen sei), mit Hilfe welcher Mittel er einen solch vertrauten Umgang mit Gott erlangt habe, habe er ihm geantwortet, dass er seit dem Zeitpunkt seines Eintritts ins Kloster Gott stets als das Ende all seiner Gedanken und Wünsche betrachtet habe, als die Richtschnur, nach der diese sich richten, und als das Ziel, in dem sie sich auflösen sollten.

Zu Beginn seines Noviziats habe er die für das private Gebet vorgesehenen Zeiten verbracht, indem er durch das Denken an Gott seinen Verstand vom göttlichen Sein überzeugt und seinem Herzen dieses Sein möglichst tief eingeprägt habe. Dies sei weniger durch gelehrte Betrachtungen und formelle Meditationen als vielmehr durch andächtige Innerlichkeit und Ergebung in das Licht des Glaubens geschehen. Durch diese einfache und sichere Methode habe er sich selbst in der Erkenntnis und Liebe Gottes geübt und den Entschluss entwickelt, mit äußerster Kraft im ununterbrochenen Empfinden Seiner Gegenwart zu leben und Ihn, soweit möglich, niemals mehr zu vergessen.

Nachdem er so sein Gemüt mit großartiger Hingabe an dieses unendliche Wesen erfüllt habe, sei er zu seinen Aufgaben in der Küche zurückgekehrt (er war der Koch der Gemeinschaft), wo er zuerst die verschiedenen benötigten Dinge besorgt und sodann das Wann und Wie jeder einzelnen zu erledigenden Sache bedacht habe. Bei allen sich bietenden Gelegenheiten während der Arbeitszeiten, aber auch davor und danach, habe er gebetet.

Er erklärte, dass er zu Beginn seiner Tätigkeiten in kindlichem Vertrauen folgendermaßen zu Gott gesprochen habe: „Oh du mein Gott, da Du mit mir bist und ich nun im Gehorsam auf Deinen Befehl mein Gemüt mit diesen äußeren Dingen beschäftigen muss, ersuche ich Dich, mir die Gnade Deiner Gegenwart auch weiterhin zu gewähren und mich zu diesem Zweck mit Deiner Hilfe zu bereichern. Empfange alle Früchte meiner Tätigkeiten und nimm meine ganze Zuneigung entgegen.“

Im Verlauf seiner Aufgaben habe er dann seine vertraute Konversation mit seinem Schöpfer fortgesetzt, dessen Gnade erfleht und Ihm alle seine Handlungen geweiht.

Nach Beendigung der Arbeit habe er sich selbst daraufhin überprüft, wie er sich seiner Pflichten entledigt habe. Befand er die Angelegenheit als zufriedenstellend, dann stattete er Gott seinen Dank ab, andernfalls bat er um Vergebung. Ohne entmutigt zu sein, richtete er dann sein Inneres aufs Neue aus und fuhr mit seiner Übung der Gegenwärtigkeit Gottes fort, als wäre er niemals davon abgewichen. „Auf diese Weise“, so sprach er, „gelangte ich durch Wiederaufstehen nach dem Fallen und durch fortwährend erneuerte Akte des Glaubens und der Liebe in einen Zustand, in dem es so schwierig für mich gewesen wäre, nicht mehr an Gott zu denken, wie es anfänglich schwierig war, mich eben daran zu gewöhnen.“

Da Bruder Lorenz so viele Vorzüge des Wandelns in der Gegenwart Gottes entdeckt hatte, war es nur natürlich für ihn, auch anderen aufrichtig dazu zu raten. Stärker als durch alle seine Argumente, die er vorzubringen hatte, regte er andere jedoch durch sein Vorbild im Leben an. Schon die Begegnung mit ihm wirkte erhebend und teilte so viel süße und innige Hingabe mit, dass keiner seiner Besucher davon unberührt blieb. Es wird berichtet, dass er selbst in der größten Eile der Küche seine innere Sammlung und himmlische Gestimmtheit niemals verlor, Nie war er hastig oder nachlässig, sondern er tat jedes Ding zu seiner Zeit mit einem Geist ununterbrochener Gefasstheit und Ruhe. „Die Arbeitszeit“, so pflegte er zu sagen, „ist für mich dieselbe wie die Gebetszeit. Im Lärm und Durcheinander meiner Küche, in der verschiedene Leute gleichzeitig nach den unterschiedlichsten Dingen verlangen, ist Gott bei mir in derselben Stille, als würde ich vor dem Geheiligten Sakrament knien.“

Für die Übersetzung bin ich Herrn Clemens Vargas Ramos (+) zum Dank verpflichtet – RIP.

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Bruder Lorenz von der Auferstehung – Drittes Gespräch

Er sagte mir, dass die Grundlage seines spirituellen Lebens in der hohen Achtung und Wertschätzung des Vertrauens auf Gott bestünde und diese ihm, sobald er sie einmal als solche begriffen habe, keine andere Sorge auferlegte als das vertrauensvolle Zurückweisen aller sonstigen Gedanken, damit er alle seine Handlungen der Liebe zu Gott widmen könne. Wenn er dann manches Mal nicht mehr an Gott gedacht habe, kehrte er mit so großem Vertrauen zu Ihm zurück, wie er sich im Vergessen Gottes elend gefühlt habe.

Unser Vertrauen, das wir in Gott setzten, ehre Ihn außerordentlich und führe großen Segen herbei.

Es sei nicht nur völlig unmöglich, dass Gott jemals eine Seele täusche, sondern Er lasse auch eine solche, die sich Ihm vollkommen hingegeben habe, niemals lange leiden.

Er selbst habe so oft den tätigen Beistand der göttlichen Gnade zu allen nur denkbaren Gelegenheiten erfahren, dass er seine Geschäfte vorher nicht zu planen pflege, um dann beizeiten in Gott wie in einem klaren Spiegel alles das vorzufinden, was er für seine Aufgabe nötig habe. Diese Sorglosigkeit in seinen Handlungen habe sich erst später eingefunden, während er vor dem eingangs erwähnten Erlebnis an Besorgtheit in seinen Angelegenheiten gewohnt gewesen sei.

Sobald äußere Angelegenheiten ihn auch nur ein wenig vom Gedanken an Gott abgebracht hätten, habe eine unmittelbar von Gott kommende lebhafte Erinnerung seine Seele entflammt und ihn so befeuert, dass es schwierig für ihn gewesen sei, an sich zu halten.

In seinen äußeren Betätigungen sei er mehr mit Gott vereint als wenn er sich von diesen zur stillen Betrachtung zurückzöge.

Er habe dann hernach einen großen Schmerz für Körper oder Gemüt befürchtet, und dass das Schlimmste, was ihm zustoßen könne, der Verlust seines Gedenkens an Gott sei, an dem er sich so lange Zeit hindurch erfreut habe. Jedoch habe ihm Gottes Güte versichert, dass Er ihn niemals gänzlich verlassen würde, sondern ihm immer die Stärke senden würde, derer er bedürfte, um allem Übel, dem auch immer Er den Zutritt zu ihm erlauben würde, begegnen zu können. Er habe daher keinerlei Furcht und keinerlei Veranlassung empfunden, irgend jemanden bezüglich seines Zustandes zu Rate zu ziehen, und sobald er dies zu tun versucht habe, sei er ratloser als zuvor zurückgekehrt. Da er sich seiner Bereitschaft, sein Leben für die Liebe zu Gott zu geben, bewusst gewesen sei, habe er keinerlei Furcht vor Gefahren empfunden. Diese vollkommene Hingabe an Gott sei ein sicherer Weg in den Himmel; ein Weg, auf dem wir stets genügend Licht auf unserem Lebensweg fänden.

Er erklärte, dass wir zu Beginn unseres spirituellen Lebens vertrauensvoll unsere Pflichten erledigen und uns selbst verleugnen sollten, um danach unaussprechliche Freuden zu erfahren. Wir sollten in Schwierigkeiten stets nur unsere Zuflucht zu Jesus Christus nehmen und um seine Gnade bitten, mit der uns alles leichtfallen würde.

Viele würden keinerlei Fortschritte auf dem christlichen Pfad machen, da sie in Bußübungen und gewissen Praktiken feststeckten und die Liebe zu Gott vernachlässigten, die das Ziel von allem sei. Und dies sei sehr klar an ihren Taten zu erkennen und der Grund dafür, dass wir so wenig echter Tugend begegneten.

Es bedürfe weder einer Kunst noch einer Wissenschaft für den Weg zu Gott, sondern allein nur einer Entschlossenheit des Herzens, sich nur Ihm zu verpflichten, Seinen Willen zu tun und nur Ihn allein zu lieben.

Für die Übersetzung bin ich Herrn Clemens Vargas Ramos (+) zum Dank verpflichtet – RIP.

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Bruder Lorenz von der Auferstehung – Zweites Gespräch

Er erzählte, dass er stets von der Liebe bewegt worden sei und keinerlei selbstsüchtige Ziele gehegt habe. Da er entschlossen gewesen sei, die Liebe zu Gott stets den Abschluss all seiner Handlungen bilden zu lassen, habe er gerechtfertigte Gründe dafür gefunden, mit ihnen zufrieden zu sein. Er sei schon zufrieden damit gewesen, einen Strohhalm Gott zuliebe aufheben zu können. Er habe immer nur Ihn allein und nichts anderes, nicht einmal Seine Geschenke, gesucht.

Lange Zeit hindurch habe er einen gewissen Glauben in seinem Herzen gehegt, nämlich dass er verdammt sein sollte, und dass kein Mensch ihn hätte vom Gegenteil überzeugen können, bis er dann auf die folgende Weise mit sich selbst ins Gebet gegangen sei: „Ich lebe kein religiöses Leben, sondern ich lebe nur für die Liebe zu Gott, und ich habe danach gestrebt, nur in Seinem Sinne zu handeln. Was auch immer auf mich kommen mag – sei ich darin verloren oder errettet – soll mich niemals davon abhalten, stets nur aus reiner Liebe zu Gott zu handeln. An meinem Todestage möchte ich nur dieses Gut mein eigen nennen können, nämlich alles mir Mögliche getan zu haben, um Ihn zu lieben.“ Diese Last seines Herzens habe ihn vier Jahre lang bedrückt und ihn in dieser Zeit viel leiden lassen.

Seit dieser Zeit sei sein Leben in vollkommener Freiheit und beständiger Freude verlaufen. Er habe dabei zwischen sich und Gott immer seine Sünden gestellt, um Ihm damit zu verstehen zu geben, wie wenig er Seine Geschenke verdiene, aber Gott habe trotzdem damit fortgefahren, sie ihm überreich zuteil werden zu lassen.

Die Gewohnheit des Gespräches mit Gott und die Aufopferung all unseres Tuns an Ihn entstehe, indem wir uns Ihm zuerst mit allem Eifer verpflichtet fühlen, um dann nach nur wenig Zeit des Einsatzes festzustellen, dass Seine Liebe nun in unserem Innern fühlbar geworden ist und uns befähigt, ohne weitere Mühen damit fortzufahren.

Er erklärte, dass er nach all den angenehmen Tagen, die Gott ihm geschenkt habe, eine Zeit der Leiden und Entbehrungen erwartet hätte. Er sei deshalb aber nicht bekümmert gewesen, weil er sehr gut wusste, dass er nichts von sich aus vermochte, aber dass Gott ihm die Stärke verleihen würde, alles Kommende zu ertragen.

Angelegentlich mancher Verdienste, die er hätte erwerben können, habe er sich an Gott gewandt und folgendermaßen gesprochen: „Herr, ich kann dies nicht tun, außer Du machst mich dazu imstande“, und daraufhin habe er mehr als genug Kraft für die Aufgabe empfangen.

Sobald er in seinen Pflichten versagt habe, habe er seine Schuld offen bekannt und zu Gott gesagt: „Ich werde es niemals wieder tun, soweit es bei mir liegt. Lass mich nicht stürzen und bringe herbei, was fehlt.“ Danach habe er sich selbst keinerlei weitere Unruhe mehr erlaubt.

Wir sollten mit Gott in größtmöglicher Einfachheit umgehen, Ihn vorbehaltlos und furchtlos ansprechen und in allen unseren Angelegenheiten, wie sie gerade kämen, Seine Hilfe erbitten. Und Gott würde diese niemals versagen, wie er selbst zu vielen Gelegenheit erfahren habe.

Einmal sei er noch spät abends nach Burgund geschickt worden, um dort Weinvorräte für die Gemeinschaft einkaufen zu gehen, und es sei dies eine ganz unwillkommene Aufgabe für ihn gewesen, da er keinerlei Befähigung zum Handeln habe und außerdem als ein Krüppel, der er war, sich auf dem Boot nur dadurch hätte fortbewegen können, indem er seinen Körper über die Weinfässer rollte. Jedoch habe ihm weder dies noch der Kauf des Weines einen Kummer verursacht, denn er habe zu Gott gesagt, dass dies Seine Angelegenheit sei, in der er unterwegs wäre. Hinterher habe er dann festgestellt, dass alles zur Zufriedenheit erledigt worden sei. Er erzählte ferner, dass er ein Jahr zuvor in einer ähnlichen Angelegenheit in die Auvergne geschickt worden sei, und dass er sich nicht mehr erinnere, wie die Sache vonstatten gegangen sei, sie aber glücklich zu ende gebracht werden konnte.

Auch bei seiner Küchenarbeit (gegen die wir ja oft eine besonders starke Abneigung haben) hätte er sich ganz ähnlich verhalten und sich daran gewöhnt, alles aus Liebe zu Gott zu tun und zu allen Gelegenheiten zu beten und Seine Gnade zu erbitten, damit diese Arbeiten gut verrichtet werden möchten. So fand er während der fünfzehn Jahre seiner Beschäftigung dort alles zur Zufriedenheit erledigt.

Er sei sehr zufrieden mit der Stellung, die er nun innehabe, aber auch bereit, diese wie seine früheren Stellungen jederzeit zu verlassen, denn er habe sich stets unter allen Umständen wohlgefühlt, indem er nie versäumt habe, Gott zu Gefallen die eine oder andere kleine Liebestat zu tun.

Die Zeiten des Gebets seien in seinen Augen nicht unterschieden von den anderen Zeiten. Zwar zöge er sich auf Gebot des Oberen zum Gebet zurück, wünsche einen solchen Rückzug jedoch selbst nicht und bitte auch nicht darum, da selbst seine größten Beschäftigungen ihn nicht von Gott ablenken würden.

Er kenne seine Verpflichtung, Gott in allen Dingen zu sehen, sehr gut und benötige daher, da er stets danach strebe, keinen Meister, der ihn darin unterrichte, aber sehr wohl einen Beichtvater, der ihm Absolution erteile. Für seine Fehler sei er sehr empfindlich, wenn auch nicht durch sie entmutigt; er beichte sie Gott, bitte Ihn aber nicht um Nachsicht ihretwegen. Nachdem er in diesem Geist gebetet habe, setze er seine gewohnten Praktiken der Liebe und Verehrung in Frieden fort.

In den Zeiten der inneren Bedrängnis wende er sich an niemanden, sondern er erkenne allein am Licht der Zuversicht, wie Gott in ihm gegenwärtig sei, und er begnüge sich damit, alle seine Handlungen auf Ihn zu lenken, d.h., sie mit dem Wunsch, Ihm zu gefallen, zu erledigen, was auch immer das Ergebnis sein möge.

Er erklärte, dass müßige Gedanken der Grund allen Unheils seien; dass mit ihnen das Unglück begönne, wir aber danach trachten sollten, sie abzuweisen, sobald ihre Anmaßungen in unseren Tätigkeiten oder unserem Seelenheil offenbar würden, um dann zur Vereinigung mit Gott zurückzukehren.

Oftmals zu den festgelegten Gebetszeiten habe er seine Zeit damit verbracht, die wandernden Gedanken abzuweisen, um ihnen dann aber doch wieder anheimzufallen. Er habe es nie geschafft, seine Hingabe durch bestimmte Methoden zu lenken, wie es manche andere taten. Die Probleme seien jedoch später trotzdem, obwohl er zunächst eine Zeitlang Meditation geübt habe, von selbst verschwunden, aber auf eine Weise, über die er keinen Bericht geben könne.

Sämtliche körperliche Kasteiungen und andere Übungen dieser Art seien nutzlos. Da sie jedoch als ein Weg zur Vereinigung mit Gott angesehen würden, hätte er gut über diese Dinge nachgedacht und sei schließlich zu dem Ergebnis gekommen, dass der kürzeste Weg zu Ihm in der fortwährenden Übung der Liebe und der Aufopferung aller Handlungen zu Seinem Wohlgefallen bestünde.

Wir sollten einen sehr großen Unterschied zwischen den Akten des Verstandes und denjenigen des Willens machen, denn die ersteren wären von vergleichsweise geringem Wert, während die anderen alles bedeuteten.

Unsere eigentliche Pflicht bestünde darin, zu lieben und uns an Gott zu erfreuen.

Er sagte, dass keine körperliche Kasteiung gleich welcher Art ohne die Liebe Gottes auch nur eine einzige Sünde auszutilgen vermöchte. Wir sollten jedoch ohne Sorge die Vergebung unserer Sünden vom Blute Jesu Christi erwarten und nach nichts anderem streben, als Ihn von ganzem Herzen zu lieben. Gott habe anscheinend seine größten Gunstbeweise den größten Sündern vorbehalten – als herausragende Zeichen seiner Gnade.

Die größten Freuden und Leiden dieser Welt könnten nicht mit den Freuden und Leiden des spirituellen Lebens verglichen werden, so wie er diese selbst erfahren habe. Er sorge sich daher um nichts und fürchte sich auch vor nichts, sondern wünsche nur das Eine von Gott, dass er Ihn niemals beleidigen möge.

Er erklärte, dass er keinerlei Unklarheit empfände, denn – so sprach er: Sollte ich in meinen Pflichten versagen, so gebe ich dieses bereitwillig zu und sage, dass ich es aus Gewohnheit tat, es aber niemals wieder tun werde, soweit es bei mir läge. Sollte ich dann erfolgreich sein, danke ich Gott dafür und erkenne an, dass es von Ihm zu mir gekommen ist.

Für die Übersetzung bin ich Herrn Clemens Vargas Ramos (+) zum Dank verpflichtet – RIP.

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Bruder Lorenz von der Auferstehung – Erstes Gespräch

Nicolas Herman wurde 1614 in Lothringen (Frankreich) geboren. Über seine Kindheit ist nicht viel bekannt. Mit 18 Jahren wurde er in einer plötzlichen Schau von der Größe und Gegenwart Gottes tief erfasst. Dennoch fühlte er sich nicht gleich zu einem geistlichen Leben berufen.

Er war zunächst Soldat im 30-jährigen Krieg und kehrte nach einer Verwundung ins Elternhaus zurück. Einen Versuch des eremitischen Lebens gab er wieder auf. Mit 26 Jahren trat er bei den Karmeliten in Paris als Laienbruder ein. Er erhielt den Ordensnamen Lorenz von der Auferstehung, wurde als Koch, später als Flickschuster eingesetzt. Er lebte in bewundernswerter Weise vor, bei allen Tätigkeiten, auch in der Hektik einer Großküche (im Kloster lebten etwa hundert Mönche) in der Gegenwart Gottes zu bleiben.

Man suchte seinen geistlichen Rat, so sind uns Briefe und später aufgezeichnete Gespräche mit Bruder Lorenz überliefert.

Am 12. Februar 1691 starb Bruder Lorenz 77-jährig nach schwerer Krankheit an einer Rippenfellentzündung … und geriet zunächst in Vergessenheit …

„In der Welt gibt es kein Leben, das so wunderbar und unbegreiflich ist wie der ständige Umgang mit Gott. Das begreifen nur jene die diese Nähe bei Gott suchen und seine Herrlichkeit an sich erfahren. Suche Sie aber Gott nicht wegen seiner Gaben! Wir wollen ja nicht unsere eigenen Seligkeit im Wandel mit Gott. Suchen wir ihn aus reiner Liebe, weil er selbst es ist, der mit uns Menschen verkehren will.“

Bruder Lorenz von der Auferstehung – Erstes Gespräch

Ich traf Bruder Lorenz das erste Mal am 3. April 1666. Er erzählte mir, dass Gott ihm einen herausragenden Gefallen getan hatte, als Er nämlich seine innere Wandlung im Alter von 18 bewirkte.

Dies geschah, als er einmal im Winter einen Baum ohne alle Blätter betrachtete und beobachtete, wie nach einiger Zeit alle diese neu und frisch wiederkamen, und danach die Früchte und die Blüten, und wie er daraufhin eine so große Schau der göttlichen Allmacht und Vorsehung Gottes erlangte, dass diese seine Seele niemals wieder verließ. Diese Schau erlöste ihn vollkommen aus dieser Welt und entzündete in ihm eine solche Liebe für Gott, dass er danach nicht mehr genau sagen konnte, ob sie in den vierzig Jahren, die er seitdem verbracht hatte, noch gewachsen sei oder nicht.

Er erzählte, Dienstbote des Schatzmeisters M. Fieubert gewesen zu sein, und dass er ein großer Tolpatsch war, der alles immer nur zerbrochen habe.

Er habe den Wunsch nach einem monastischen Leben gehabt in dem Glauben, dass man ihn dort seine Ungeschicktheit und die Fehler, die er machen würde, fühlen lassen würde und er auf diese Weise sein Leben mit den Freuden darin Gott opfern könne, aber dass Gott ihn enttäuscht habe, denn er habe in seinem neuen Lebensstand immer nur Zufriedenheit erfahren.

Er sagte, dass wir alle uns im Bewusstsein der Gegenwart Gottes üben sollten, indem wir beständig mit Ihm sprächen, und wie es doch eine schändliche Sache sei, diese Gespräche mit Ihm durch Denken an Nichtigkeiten und Narrheiten zu stören.

Wir sollten unsere Seelen mit den höchsten Ideen über Gott nähren, was uns große Freuden in der Hingabe an Ihn bringen würde.

Wir würden auf diese Weise unseren Glauben verstärken, d.h., in Schwung bringen. Er sagte, wie traurig es doch sei, dass die Menschen, anstatt den Glauben als Richtschnur ihres Lebens zu haben, sich den trivialen Beschäftigungen hingäben, die doch täglich wechselten. Der Geist der Kirche bestünde gerade im Weg des Glaubens, und allein dieser sei schon ausreichend, um uns eine hohe Stufe der Vollkommenheit erreichen zu lassen.

Wir sollten uns Gott hingeben, und zwar im Hinblick auf die zeitlichen und die spirituellen Angelegenheiten, und wir sollten unsere Zufriedenheit allein in der Erfüllung seines Willens suchen, denn für eine hingegebene Seele sei es einerlei, ob sie Leiden oder Tröstung aus Seiner Hand erführe. Einstimmung auf das Gebet in den Zeiten der Trockenheiten, der Lasten und der Verdrießlichkeiten, in denen Gott unsere Liebe zu Ihm prüfe, sei nötig, denn dann ist für uns die Gelegenheit gekommen, starke und wirkungsvolle Taten der Entsagung zu tun, von denen nur eine einzige manchmal eine außerordentliche Förderung unserer spirituellen Entwicklung herbeiführen könne.

Er sei weit davon entfernt, über das Elend und die Sünden der Welt, von denen er täglich höre, erstaunt zu sein, und es überrasche ihn im Gegenteil, dass es nicht mehr davon gäbe, wenn man an die vielen Bosheiten denke, zu denen die Sünder fähig seien. Was ihn beträfe, so bete er für sie, während er andererseits wisse, dass Gott all die Untaten leicht beheben könne, wenn es Ihm nur gefallen sollte, und er empfände daher keinerlei Unruhe deswegen.

Er sagte, dass wir sehr sorgfältig all unsere Leidenschaften beobachten sollten, wie diese sich in alle unsere Betätigungen – spiritueller und solche von gröberer Natur – einmengen würden, wenn wir einen Stand der Entsagung, wie er vor Gott nötig sei, erreichen möchten. Gott lasse denjenigen, die Ihm aufrichtig zu dienen wünschten, das Licht zur Erkenntnis dieser Leidenschaften zukommen. Er sagte, dass wenn es sozusagen in meiner Anlage läge, Gott ernsthaft zu dienen, ich, so oft es mich danach verlange, ohne Sorge um Störung zu ihm (d.h., Bruder Lorenz) kommen solle, aber dass ich ihn andernfalls nicht mehr besuchen kommen sollte.

Für die Übersetzung bin ich Herrn Clemens Vargas Ramos (+) zum Dank verpflichtet – RIP.

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So viele Bedrängnisse

Die Dinge von außen erregen das Innere.
Das Innere entzündet und verwirrt nach außen:
das Herumschweifen der irrenden Gedanken,
unkeusche Phantasiebilder,
das Festhalten von allerlei Unsittlichkeit.

Wie viel sind die Bedrängnisse,
zahllos in ihrer Verschiedenheit:
Nachlässigkeit, Stumpfsinn, Trägheit,
Kummer, Trauer, Seufzen,
schluchzendes Weinen.

Dazu die heftigen Stürme der Geister, der Fürsten (der Welt),
die durch zahllose Listen und böse Nachstellungen (sich mühen),
durch ihre Frechheit und starke Überhebung
jedes festgegründete und gerade,
auf das Fundament Jesu gegründete Gebäude ,
zu zerstören und zu zerstreuen.

Durch die Flut der verschiedenen Begierden
und heftige, beständige Stürme
peitschen sie und stürzen sie um,
um zu zerstören: Ruhmsucht, Machtliebe, Zorn, Hochmut und alles,
wovon bloß die in Wahrheit der Welt gekreuzigten Mönche wissen,
wie hart und schwer es ist,
da nur einzelne daraus gerettet werden.

(Ausgewählte Akten persischer Märtyrer: mit einem Anhang: Ostsyrisches Mönchsleben / aus dem Syrischen übers. von Oskar Braun. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 22) Kempten; München: J. Kösel, 1915.)

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Er bereitete alle seine Glieder für den Dienst

Er ging hinein und ließ sich nach dem Kanon der wahren Mönche
in seiner Zelle verschließen, um zu kämpfen, zu siegen
und gekrönt zu werden.

Er begann, stark und mutig Leib und Seele
in vernünftigen, gottgefälligen Diensten
als lebendiges, annehmbares Opfer darzubringen.

Er bereitete alle seine Glieder für den Dienst der Wahrheit,
Gerechtigkeit und behutsamen Keuschheit und für alle Tugenden,
die in der Stille der Zelle gewirkt werden, die Gott versöhnen
und zur Vollkommenheit hinaufführen, durch anstrengendes Fasten,
Nachtwachen, beständiges, unaufhörliches Gebet,
fortwährende Inklinationen und Ausbreiten der Hände,
demütiges Stehen und Prostrationen.

Auch seinen Geist bildete er beständig und wachsam durch
Lesung der heiligen Schriften und die Lehre der heiligen Väter,
zwischen den Zeiten des (Kirchen) -dienstes nach dem
Brauche der nach geistlicher Erkenntnis Verlangenden,
in einem unersättlichen Durst, indem er die Nacht zum Tag machte
und den Tag mit der Nacht vermischte, so dass er in
der Nacht den David (= Psalmen) durchnahm. Und (er war) wie einer,
der große Schulden hat und sich ängstlich
jederzeit müht, dass er die unbezahlbare Schuld bezahle.

Und er pflegte zu sagen: „Bis jetzt waren es die Gnade Gottes
und seine Gaben in Barmherzigkeit, was sich meiner erbarmte
und sich reichlich […] über mich, den Unwürdigen, ergoss.
Nun muss ich mich mühen nach meiner Kraft, mit bereitem Willen flehen,
tapfer kämpfen und starkmütig wachen, damit mein Sinn
seine Einfalt und Christusliebe keinen Augenblick ändere.

Nichts nützen mir Glaube und Taufe, wenn nicht meine eigenen Werke,
die in der Taufe, dem Unterpfand des Lebens erlangte Reinheit,
bewahren und in mir den Glauben vermehren
durch gestärkte Kraft, Hass meiner selbst
und in den Gekreuzigten versenkte Liebe,
in dem ich erlöst bin durch sein überfließendes Erbarmen.

Wie zahlreich sind hier verschiedene Trübsale,
mühsame Kämpfe, heftige, zahllose Kriege,
Erinnerungen an die Vergangenheit,
Regungen der Leidenschaft der Jugend.“

(Ausgewählte Akten persischer Märtyrer: mit einem Anhang: Ostsyrisches Mönchsleben / aus dem Syrischen übers. von Oskar Braun. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 22) Kempten; München: J. Kösel, 1915.)

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„Ich befehle nicht, außer was uns angeht.“

Der König sprach:
„Ich befehle nicht, außer was uns angeht.“
Und er ließ die Sache eine Stunde lang gehen. Und da noch viel mehr Zeit hinging, erinnerte er sich nicht. Hernach kam Farruchân auf Bitten des Mâr Gîwargîs wiederum vor den König und sprach:

„Was befehlt ihr wegen jener Bischöfe, von denen wir vor eurer Majestät sprachen?“
Der König antwortete:
„Da ihr Glaube nicht der rechte ist, wie sollen wir ihnen ein Oberhaupt setzen?“

Farruchân sprach, wie ihn Mâr Gîwargîs belehrt:
„Wenn ihr befehlt, sollen sie ihren Glauben schriftlich darlegen und man bringe ihn vor euch.“
Da befahl der König, daß sie in Frieden (ein Glaubensbekenntnis) fertigen sollten.
Farruchân ging hinaus und teilte es dem Mâr Gîwargîs mit.

Dieser teilte den Bischöfen mit:
„So hat der König befohlen: sie sollen ihren Glauben schriftlich darlegen und vor mich bringen.“
Da versammelten sich die Bischöfe, sowie Mâr Gîwargîs, der Bekenner, und unser Vater Mâr Henânischô‘, der Mann Gottes, der in Wahrheit Orthodoxe, der eifrige, feurige Lehrer der Orthodoxie, der in Liebe zu Christus glühte, der erprobte Mönch und Haupt der Mönche. Auch er war bei der Regierung groß und angesehen gewesen, hatte aber alles hinter sich gelassen, und tapfer, mutig und jugendlich erglühten seine Schritte im Lauf und Kampf um Gerechtigkeit, Tugend und Erkenntnis der Wahrheit. Und er zeichnete sich aus in dieser Gemeinschaft durch zahllose Großtaten, so daß in dieser Zeit nach dem gekrönten Märtyrer Mâr Gîwargîs niemand erfunden wurde, der ihm gleich gewesen wäre, weder an festem Glauben, noch an Glaubenseifer, noch an jugendlicher Hoffnung, noch an brennender Liebe.
Auch er erwartete sehnsüchtig die Bekennerkrone.
Seine Gebete seien über uns allen. Amen.

(Ausgewählte Akten persischer Märtyrer: mit einem Anhang: Ostsyrisches Mönchsleben / aus dem Syrischen übers. von Oskar Braun. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 22) Kempten; München: J. Kösel, 1915.)

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Zweifache Finsternis: Sünde und Unwissenheit

(Gebet vor dem Studium)

Schöpfer des Alls,
wahrer Quell des Lichtes und der Weisheit,
erhabener Ursprung allen Seins,
lass gnädig
einen Strahl deiner Klarheit
in das Dunkel meines Verstandes dringen
und nimm von mir
die zweifache Finsternis,
in der ich geboren bin:
die Sünde und die Unwissenheit.

Gib mir Scharfsinn zum Begreifen,
gutes Gedächtnis zum Behalten,
Fähigkeit zum rechten und gründlichen Erfassen,
Feinheit und Genauigkeit im Erklären,
Fülle und Anmut im Ausdruck.

Lehre den Anfang,
lenke den Fortgang,
hilf zur Vollendung,
durch Christus, unserem Herrn. Amen.

(Thomas von Aquin)

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Wahrheit ist immer gültig

Kardinal Bea sagt …, die Dogmen spiegelten in Abwehr von Irrtümern nur einen Aspekt der Wahrheit, sie seien gezielte Antworten auf zeitgeschichtlich bedingte Fragestellungen und deshalb ergänzbar oder ergänzungsbedürftig (also doch wohl keinesfalls inhaltlich veränderbar oder gar ignorierbar). Ist damit die Binsenwahrheit gemeint, daß der menschliche Geist wegen seiner linearen und intentionalen Struktur zum komplexen, ganzheitlichen Erfassen von Wirklichkeit nicht in der Lage ist, so besagt dies gar nichts für die hier in Rede stehende Frage, denn um Erkenntnis dieser Art geht es hier nicht. Gott hat aber die Wahrheit als Mysterium offenbart, und zwar hat er sie dem Menschen offenbart, so daß sie dem Menschen als Mysterium verständlich und auch in Worten faßbar und mit Hille des Heiligen Geistes durch einen personalen Entscheid annehmbar ist.

Diese geoffenbarte Wahrheit hat die Kirche zum Teil in Dogmen fixiert. Daß dies aus konkretem Anlaß (was geschieht auf Erden ohne einen solchen?) – etwa in Abwehr von Irrtümern – erfolgt ist, besagt lediglich, daß die kirchliche Lehre kein abstraktes Substrat aus dem Schriftkanon ist, sondern daß die Kirche mehr als eine Lehre, vielmehr eine Gründung Christi, also ein lebendiger Organismus ist, daß die Dogmen insoweit Äußerungen eines Bewußtseinsprozesses der Kirche sind (Newman), wobei aus zeitlich bedingtem Anlaß zeitlos Wahres erfaßt wurde. Es handelt sich … entgegen den Äußerungen des Kardinals nicht bloß um „Aspekte der Wahrheit“, sondern um Wahrheit schlechthin. Ist es Wahrheit, also unwandelbarer Glaubenssatz, … oder ist es nur ein – heute nicht mehr aktueller – „Aspekt der Wahrheit“:

1. – daß der Sohn Gottes in Jesus von Nazareth ohne das Zutun eines Mannes aus der Jungfrau Maria Mensch geworden ist?
2. – daß die Wirklichkeit des einen Gottes in der Wirklichkeit der drei göttlichen Personen existiert?
3. – daß uns Jesus Christus mit seinem heiligen und teuren Blut erlöst hat von dem Zorne Gottes?
4. – daß das Grab Jesu am Ostermorgen leer war?
5. – daß wir die Auferstehung des Fleisches und ein Leben der künftigen Welt erwarten dürfen?
6. – daß die konsekrierten Elemente des Eucharistischen Mahles wesenhaft Leib und Blut des auf Golgatha geopferten Jesus von Nazareth sind?

Ist das Wahrheit, so ist es Wahrheit im 12. wie im 20. Jahrhundert. Hat man hier wirklich die Stirn zu sagen, es handle sich dabei nur um „Aspekte“ der Wahrheit, die für das 12. Jahrhundert richtig seien, aber für das 20. nicht mehr? …

Den Bericht des Zeitzeugen Dr. Rudolf Fischer lesen:

Oder gleich runterladen.

Im Juni 1963