Das letzte Evangelium – Erinnerung an Mutter Kirche (4)

(Januar 1972)

Die tridentinische Messe schließt mit einem „Letzten Evangelium“, nämlich mit dem Prolog Joh 1,1-14. Es läßt sich in der Tat kein besserer Abschluß der Feier der heiligen Geheimnisse denken als dieser Hymnus auf die göttliche Weisheit (= Wort, Logos), die in Christus vom Himmel herabgestiegen ist, um die Menschen in den Himmel hinaufzuführen.

Zwei Grundwahrheiten treten uns hier entgegen, die nur die christliche Botschaft aufzuweisen hat: die Lehre von der einmaligen Inkarnation Gottes und der gnadenhaften Adoption des Menschen.

Johannes schrieb sein Evangelium gegen die Irrlehrer Marcion und Kerinth, daß Jesus schon vor seiner zweiten Geburt aus Maria eine ewige Geburt aus dem Vater hatte. Als ewiger Ausfluß vom ewigen Vater hatte Jesus ein vorweltliches Sein. Er ist daher vom Wesen Gottes und selbst Gott. In dieser Existenzweise durchdringt und schafft er alles. Denn das Geschöpfliche ist nur Schatten, Begleiterscheinung einer himmlischen pneumatischen Wirklichkeit. „Christus ist durch den Namen Logos als Schöpfer alles Seienden gekennzeichnet, da die ganze Schöpfung auf dem Logos beruht.“(R. Gögler. Die Theologie des biblischen Wortes bei Origines. Düsseldorf. S. 226 und 228). Es drängte Gott als ein Gut, das sich mitteilen will, durch das Wort = in Weisheit alles zu erschaffen: den Kosmos, die Engel und die Menschen. Bei den Menschen manifestiert er sich als Licht und Leben, d. h. er will sie als sein Ebenbild haben und er erleuchtet sie als solches über ihre Würde und Berufung. Dazu also ist der Logos (= die ewige Weisheit) vom Himmel herabgestiegen und Mensch geworden, um die Menschen nicht bloß in die Engelwelt (zur Teilnahme am Erbe der Heiligen, Kol 1,12) empor zuführen, sondern sie in die trinitarische Gemeinschaft aufzunehmen.

„Die Sklaven sollten Freie, die Menschen Engel werden, – aber was sage ich Engel? Gott ist Mensch geworden, damit der Mensch Gott werde.“ (Chrysostomus. In Ps 8, PG 55,107).
„Gott ist Mensch geworden, damit Er den Menschen zum Gott mache“. (Thomas von Aquin. Symbolum Apostolicum. Art. III,15) und:
„Er macht den Menschen zu Gott zu Seiner eigenen Verherrlichung.“ (Hippolytus: Philosophumina, PG 16,8. EP (Enchiridion patristicum. Herder 1952). Beda Ven. In Joannem, PL 92,641).

Er kam in Sein Eigentum und die Seinigen nahmen Ihn nicht auf. Die Menschwerdung sollte erfolgen in dem Volke, das sich Gott auserwählt hatte, das Er selbst unmittelbar leitete (zum Unterschied von den Heiden, die unter Führung von Engeln standen, Dt 4,20; 32,0 LXX. Ez 16 und 28), dem Er Seine Offenbarungen anvertraute und das Er Wunder erleben ließ, daß sie das größte Wunder leichter glaubten – denn Christus ist ein Wunder -, wenn es in der Jungfrauengeburt einträte und sich als außergewöhnliches Menschenschicksal abspielte. Aber die Seinen nahmen Ihn nicht auf und sie sagten: „Wir haben keinen König, sondern nur den Kaiser.“ (Joh 19,15).

Die „Finsternis“, d. h. die im finsteren Unglauben Befangenen, hat das Geheimnis nicht begriffen (Röm 8,6; 9,1-4). Allen aber, die Ihn aufnahmen, gab Er Macht, Kinder Gottes zu werden. Es gab Menschen bei den Juden und Heiden, die das Geheimnis erfaßten und sich aneigneten; die es für möglich halten, daß es eine Gemeinschaft gibt mit dem Vater und dem Sohne (1 Joh 1,3). Seht, wie groß die Liebe des Vaters zu uns ist, daß Er uns Seine Kinder nannte und auch (zu solchen) machte (Joh 3,1 syr.Text). Dieser Vorzug wird denen zuteil, die sich einer zweiten Geburt unterziehen, und zwar in der Taufe. Wer nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Geiste, kann nicht in das Reich Gottes eingehen (Joh 8,5).

Was Johannes in den früheren Versen angedeutet hat, das sagt er im Vers 14 ausdrücklich: Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. (Die Verse 1,3-4 werden wiederholt von 1,9-10. P. Schanz, Commentar über das Evangelium des heiligen Johannes, 1885, S.83).

„Etwas anderes ist es, wenn die Weisheit eines Menschen erfüllt (wie die Patriarchen und Propheten) und etwas anderes, wenn sie selbst Mensch wird.“ (Augustinus. De Trinitate 5,20 PL 42,907).

Wir haben Seine Herrlichkeit gesehen = Johannes war einer der drei Zeugen bei der Verklärung (Lk 9,26). Aber das Urteil gibt den überwältigenden Gesamteindruck, den Jesus in Seiner Lehre und Seinen Wundern auf die Zeitgenossen gemacht hat.

Diese beiden Gesichtspunkte: Abstieg Gottes in der Inkarnation und Aufstieg der Menschen durch die Adoption, kommen uns unwillkürlich nach jedem Erlebnis der heiligen Messe. Wir sind erleuchtet, erfreut und gestärkt. Denn wieder ist die Weisheit herabgestiegen und war eucharistisch unter uns und wieder hat Gott uns adoptiert und in die Gemeinschaft der Dreifaltigkeit aufgenommen.

Für uns Katholiken besteht die Offenbarung nicht allein in einem vergangenen historischen Ereignis, sondern sie vollzieht sich zeitlos immer wieder hier und jetzt.

Darum ist es bedauerlich, wenn dieses Schlußevangelium gestrichen wird.

Sollte es wirklich deswegen geschehen sein, weil man an den zwei Grundwahrheiten:
Inkarnation und Adoption, zweifelt und sie nicht mehr ernst nimmt?
Dieses Mißtrauen ist nicht ohne Grund.
Wenn dem aber so ist, dann verpflichtet das den frommen Priester, das Schlußevangelium aus eigenem zu beten.

(Dr. P. Severin M. Grill, SOCist., 1893 -1975, Stift Heiligenkreuz. Professor für Altes Testament und orientalische Sprachen. Forschungsschwerpunkte u.a.: Liturgiewissenschaft, Bibelübersetzungen.)

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Oratio : Vigil von Weihnanchten

Deus, qui nos redemptionis nostræ annua exspectatione lætificas:
præsta; ut Unigenitum tuum, quem Redemptorem læti suscipimus,
venientem quoque Judicem securi videamus,
Dominum nostrum Jesum Christum, Filium tuum:
Qui tecum vivit et regnat in unitate Spiritus Sancti Deus:
per omnia sæcula sæculorum. Amen.

Gott, Du erfreust uns alljährlich durch die Erwartung unsrer Erlösung;
so gib denn, daß wir Deinen Eingeborenen,
den wir freudig als Erlöser aufnehmen,
einstens auch als Richter mit Zuversicht kommen sehen,
unsern Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn,
der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes,
Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

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Rorate – Die Engelmesse

Die Messe vom vierten Adventssonntag, welche ihren Namen nach der Antiphon des Introitus-Gesanges „Rorate“, ist die eigentliche „Roratemesse“.

Als Roratemessen werden aber auch die Messen bezeichnet, die im Advent zu Ehren der Muttergottes frühmorgens vor Sonnenaufgang, manchmal auch am Abend, bei Kerzenschein gefeiert werden.

Der Text des Introitus lautet:

Rorate caeli desuper, et nubes pluant iustum: aperiatur terra, et germinet Salvatorem.
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Tauet Himmel, von oben, ihr Wolken, regnet den Gerechten: Es öffne sich die Erde und sprosse den Heiland hervor.

Es handelt sich hier um einen Vers aus dem alttestamentlichen Buch Isaias (Is. 45,8).

Er verweist auf die zukünftige Menschwerdung. Die Erde, die sich öffnet, ist das Bild für die Gottesmutter:

„Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben:
Siehe, die Jungfrau hat empfangen, sie gebiert einen Sohn
und wird ihm den Namen Immanuel geben.“

Die Muttergottesmesse im Advent ist eine Votivmesse zu Ehren der Gottesmutter, die einen besonderen Platz in der Liturgie hat. Traditionell wurde sie an den Samstagen der Adventszeit gefeiert. Beim Volk aber war sie so beliebt, dass sie vielerorts auch an anderen Tagen der Woche zelebriert wurde.

Der Ursprung der Roratemessen reicht weit zurück. Vermutlich wurden schon kurz nach der Ausbildung der Adventsliturgie die ersten Rorate-Ämter gefeiert. Die Grundlage für die Feier dieser Messe ist das Dogma „Maria als Gottesgebärerin“ aus dem Jahre 451.

Wegen des Evangeliums von der Verkündigung des Herrn durch den Erzengel Gabriel an Maria bezeichnete man die Roratemesse (vor allem in den Alpenländern) als Engelamt.

In den Niederlanden und in Belgien wird die Roratemesse ausschließlich am Mittwoch in der dritten Adventswoche, am Quatembermittwoch, gefeiert. In diesen Ländern trägt sie den Namen „Goldene Messe“ oder „Gulden Mis“. Dem Besuch dieser Messe wird ein besonderer Wert beigemessen, worauf das Wort Gulden (dem ehemaligen Zahlungsmittel) hinweist. Der Volksglaube geht davon aus, dass man bei allen Bitten, die man in dieser Messe an Maria richtet, immer erhört wird. In der Vergangenheit übte die Goldene Messe eine besondere Anziehungskraft auf Menschen in Not oder auf Menschen, deren Angehörige auf See waren, aus. Aus diesem Grund wurde die Messe auch „Messe der Seeleute“ genannt.

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Psalm 22

Der Herr leitet mich wie ein Hirt,
und nichts wird mir mangeln: *
auf einem Weideplatz, dort ließ er mich lagern.
Am Wasser der Erquickung zog er mich auf: *
meine Seele hat er gelabt.

Er führte mich auf den Pfaden der Gerechtigkeit, *
um seines Namens willen.
Denn auch wenn ich wandeln werde
inmitten des Todesschattens,
werde ich Böses nicht fürchten: *
denn du bist mit mir.
Dein Stab und dein Stock: *
sie haben mich getröstet.

Du hast vor mir einen Tisch bereitet, *
gegenüber denen, die mich bedrängen.
Du hast mit Öl mein Haupt gesalbt: *
und mein berauschender Kelch, wie herrlich ist er!

Und dein Erbarmen wird mir folgen *
alle Tage meines Lebens.
Und daß ich wohnen darf im Haus des Herrn, *
für die Fülle der Tage.

(Am Donnerstag zur Prim)

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Die Himmelsvision

Die Himmelsvision des heiligmäßigen Bruders Patricius

(Auszüge aus der Urschrift vom Juni 1939 des damals 70-jährigen Krankenbruders in Bonn)

« … Beim Eintritt in die Ewigkeit werden wir durch GOTTES allmächtiges Wirken plötzlich von aller Blindheit und Ungewissheit erlöst, die in diesem Leben oft sehr groß sind gegen die Freuden des Himmels, die GOTT seinen Lieben bereitet. Alle Freuden dieser Welt sind dagegen nichts als Eitelkeit und endlose Torheit. Kein Menschenverstand kann auch nur den geringsten Teil jener Güter schildern, deren sich die Heiligen in der Anschauung GOTTES erfreuen. Die Glorie auch des kleinsten Heiligen ist unermesslich. Menschliche Erklärungen können dieselben eher verdunkeln und entstellen als erklären. GOTT offenbart sich dort jedem Engel und Heiligen in besonderer Weise nach dem Grad der Seligkeit.

Die Glorie, Würde und Heiligkeit der einzelnen Heiligen übersteigt alle Fassungskraft der Menschen hier auf Erden. Die Gegenstände, Freuden und Herrlichkeiten im Himmel sind so verschieden von denen hier, dass es zwischen ihnen gar keinen Vergleich gibt. Denn die Schönheit, Pracht und Größe ist von allem, was man hier auf Erden findet und sich vorstellen kann, sehr weit entfernt, und niemand kann begreifen, wie groß, schön und erhaben die Belohnungen des Himmels sind. Alle Reichtümer, Freuden und Ehren auf Erden sind dagegen nur Staub und Unreinheit.

Wie ein Fluss am Ende seines Laufes vom Weltmeer empfangen wird, so wird die gerettete Seele am Ende ihres Erdenlebens und ihrer Leiden vom Ozean der Liebe, Schönheit und Herrlichkeit GOTTES empfangen, und alle Mühsale und Leiden werden umgewandelt in ewige Freuden. Wie das Licht der Sonne hier auf Erden notwendig ist und dazu dient, dass wir mit leiblichen Augen die Gegenstände sehen können, so ist das Glorienlicht des Himmels notwendig, dass wir im Himmel die Herrlichkeit GOTTES schauen. Die Bewohner des Himmels schauen in die unergründlichen Abgründe seiner Wesenheit, durchdringen und ergründen sie aber nie. Sie schauen GOTT klar und deutlich, aber nie vollkommen. GOTT gibt ihnen zwar die Möglichkeit einer Steigerung ihrer Erkenntnisse, doch wird sie nie ein Ende erreichen.

Dort liegen alle Probleme der Wissenschaft vor uns gelöst, die tiefsten Geheimnisse der Geschöpfe werden in einem Augenblick erfasst und erkannt. Alle Dinge leuchten mit ungeahnter Klarheit, Pracht und Majestät. Jedes Auge kann ungeblendet in die weiten Himmelsräume und in die Welt der Geister blicken. Eine Disharmonie ist unmöglich.

Dort wird der Glaube schauen, die Hoffnung besitzen. Dort ist kein Dunkel, keine Mühe, sondern ewiges, ungestörtes Glück. Wie Reisende auf hohen Bergen die untenliegenden Landschaften übersehen und bei schärfster Betrachtung immer klarer und deutlicher erkennen, jedoch nie vollständig, so ist es auch im Anschauen der himmlischen Herrlichkeit. In der Herrlichkeit des Himmels sehen wir GOTT, die ganze Schöpfungs- und Menschheitsgeschichte, das Paradies mit seiner Schönheit, das ganze Leben JESU und MARIENS und der Heiligen, das Wirken der GÖTTlichen Vorsehung im Leben der Völker und der einzelnen Menschen.

Dort ist die Erkenntnis der Sternenwelten in ihrer Bedeutung und Wirkung. Dort erkennt und versteht der Geringste in einem Augenblick mehr als alle Gelehrten der Jahrtausende. Dort erkennt und begreift man die Erdteile und Länderpracht, die Geheimnisse und Gesetze der Natur und Erlösung.

Im Himmel sind alle in inniger Liebesgemeinschaft verbunden. Die Milliarden Engel und Heiligen durchschweben in wunderbarer Schönheit die weiten Himmelsräume; dort können wir verkehren mit allen Heiligen und Propheten.

Niemals gab es größere Könige und Fürsten als in der himmlischen Verklärung. Dort wird niemals die liebenswürdige Gesellschaft gestört oder aufgehoben. Dort ist unendlicher Friede, Jubel, Entzücken, Schönheit, herrliche Einheit, Güte und Liebe. Nirgends gibt es eine entzückendere Sprache, überwältigenderen Gesang oder lieblichere Musik. Milliarden Engel und Heilige von allen Jahrtausenden vereinigen sich zu Chören der Musik und des Gesangs ohne den geringsten Misston. Dort sind die wahrhaft Lebenden, ohne noch den Tod zu fürchten. Blitzschnell erkennt einer den anderen durch und durch. Sie haben alles, wissen alles, was sie nur wünschen können. Da ist jener, der auf Erden dies und jenes war, jenen Namen trug, lebte und wirkte an jenem Ort zu jener Zeit.

Besonders lieben sich nun jene, die erkennen, dass sie sich durch ihre Opfer und Gebete zur Erwerbung der ewigen Seligkeit behilflich waren. Da finden die Eltern ihre früh verstorbenen Kinder und ihre Angehörigen, die frommen Geschwister, einer den anderen in namenloser Glückseligkeit, um nie wieder voneinander getrennt zu werden. Ströme entzückenden Lichtes und Wohlgerüche durchfluten unaufhörlich die heiligen Himmelsräume. Das Ohr hört himmlische Harmonien. Das Auge sieht fortwährend Neues, ungeahnte Schönheiten und wie lange? Ewig ohne Ende. Wie im Anfang, so bleibt es ohne Aufhören, und nach Millionen Jahren stehen wir immer noch am Anfang der Glückseligkeit.

Die Reichtümer, Ehren, Auszeichnungen und Freuden der Auserwählten sind unzerstörbar. Nach den Gesetzen der GÖTTlichen Liebe und Gnade tut hier auf Erden niemand einen Schritt, der ihn nicht seinem ewigen Ziele näher brächte. Durch den Trunk kalten Wassers, einem Armen gereicht, erhält jeder neues Anrecht auf himmlischen Lohn. Jedes sanfte, gütige, freundliche Wort wird sofort ins Buch des Lebens eingetragen, erhöht die Gnade ewiger Herrlichkeit. Die hier auf Erden erworbenen Verdienste werden durch Fehler und geringe Sünden nicht vermindert, sondern ihr Schatz bleibt in Sicherheit.

Das Verhältnis und die Liebe der Seligen mit den auf Erden Hinterbliebenen besteht in geheimnisvoller Fortdauer weiter. Möge uns der gütige GOTT in Seiner Gnade erhalten und Seine ewigen Güter schenken durch JESUS und MARIA !»

«Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört
und in keines Menschen Herz gedrungen ist,
das hat GOTT denen bereitet, die IHN lieben» (1 Kor 2,9).

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