Zeichen für Gottes Bund mit dem Menschen

Fulton John Sheen gilt als „die“ einflussreichste katholische Medienpersönlichkeiten im 20. Jahrhundert der USA. Der im Jahr 1895 geborene „Medienapostel“ wurde 1919 zum Priester geweiht. 1951 ernannte ihn Papst Pius XII. zum Bischof. Papst Paul VI. schickte ihn 1966 als Bischof nach Rochester und 1969 als Titularerzbischof nach Newport. Seine letzte Amtszeit verbrachte er im Erzbistum New York. Fulton J. Sheen starb am 9. Dezember 1979.

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Schon tausendmal wurde ich gefragt, weshalb Priester nicht heiraten. Hinter dieser Frage steht die Annahme, die Ehe sei im göttlichen Heilsplan weniger heilig als der Zölibat. Sie wird damit begründet, dass allein schon der Verzicht auf die Ehe darauf hinweise, dass die Ehe etwas weniger Perfektes sei. Beide, die Ehe und der Zölibat, sind Kommunikationsmittel und haben dasselbe Ziel, nämlich eine Liebe ohne Überdruss, eine Seligkeit ohne Ende, eine Hingabe an den Geliebten – an Gott –, ohne je wieder in eine egoistische Einsamkeit zurückzufallen.

Ehe und Zölibat sind, was die Liebe betrifft, keine Gegensätze, wie Kernforschung und Theologie keine Gegensätze sind. Alle Liebe kommt von Gott und alle Wahrheit kommt von Gott. Zölibat und Ehe – beide bedürfen der Liebe. Beide sind Wege zu jenem Endziel. Der Zölibat nutzt den Gleichstrom, die Ehe den Wechselstrom. Der Zölibat macht eine Flugreise, die Ehe ist auf der Straße unterwegs. Der Zölibat ist wie eine Dichtung, die die Idee wie einen Traum im Gedächtnis behält, die Ehe benutzt Meißel und Pinsel und konzentriert sich mehr auf den Marmor und die Leinwand. Der Zölibat kommt zu seinem Abschluss durch eine Art Intuition, die Ehe arbeitet sich wie die Vernunft Schritt für Schritt durch Ebbe und Flut.

Sowohl der Zölibat als auch die Liebe sind geprägt von derselben leidenschaftlichen Liebe, nur dass sie im Zölibat unmittelbar, jedoch unvollkommen, während sie in der Ehe mittelbar und ebenfalls unvollkommen ist.

Der Zölibat ist »eine leidenschaftslose Leidenschaft, eine ungezügelte Gelassenheit«, die Ehe ist Unvollkommenheit auf der Suche nach Einheit und Glück durch verzehrendes Feuer.

Beide sind gut. Der Zölibat steht nicht höher, die Ehe nicht tiefer.
Beide sind Zeichen für Gottes Bund mit dem Menschen.
Beide haben ihre jeweils spezifische Berufung zur Vollkommenheit.
Es sind komplementäre, nicht konkurrierende Werdegänge.

Die Ehe gehört allerdings mehr zur säkularen Moderne als der Zölibat. »Dieses Zeitalter vergeht.« – »Denn nach der Auferstehung heiratet man nicht.« Der Zölibat ist direkter auf das Königreich Gottes hingeordnet.

Der Trugschluss in der Diskussion über Zölibat und Ehe besteht im Vergleich einer Berufung mit einer anderen. Es ist so ähnlich, als würde man über die größere Vollkommenheit des rechten im Vergleich mit dem linken Bein diskutieren. Beide sind gottgewollt, und das Ausmaß, in dem man beansprucht wird, hängt nicht vom Stand ab, sondern von dem Ausmaß, in dem man auf die von Gott geschenkte Gnade antwortet.

Der Zölibatär arbeitet für Gottes Reich, indem er durch die Taufe »Kinder in Christus hervorbringt«.

Die Verheirateten arbeiten für Gottes Reich, indem sie Kinder zeugen durch ihre tiefe Einheit, indem sie ein Fleisch werden.

Gott hat zwei Arten von Geliebten – jene, die direkt auf das letzte Ziel zusteuern wie die Zölibatäre, und jene, die den indirekten Weg durch die Ehe beschreiten.

(Aus dem 13. Kapitel – „Gedanken zum Zölibat“)

Fulton J. Sheen
Unerschütterlich im Glauben.
Die Autobiografie von Erzbischof Fulton J. Sheen
Vorwort von Raymond Arroyo
Media Maria Verlag 2021
416 Seiten; 22 Euro
ISBN: 978-3947931194

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