Gott für Frauen – oder: Warum lässt die Kirche keine Priesterinnen zu?

Der moldawische Priestermönch Savatie Baștovoi wurde von der Journalistin Doina Popa des einflussreichen Gesellschaftsmagazin „VIP Magazin“ in Moldawien, gebeten, ihm einige Fragen zum Glauben stellen zu dürfen. Der Autor von „Anti-Parenting“, dem meistverkauften Buch Rumäniens des Jahres 2017, sagte zu und beantwortet in dem für ihn eigenen Stil, 33 Fragen über Gott und den Glauben. (Siehe auch sein Buch: Der Teufel ist politisch korrekt)

Der Titel könnte also missverstanden werden, da das Buch nicht für Frauen (allein) geschrieben wurde, vielmehr sind sie es, die ihre Glaubensfragen an den Mönch und Priester richten.

Im Klappentext des herausgebenden Hagia-Sophia-Verlag wird das Buch beschrieben als „Eine Geschichte von Genealogien, Ängsten und Vorurteilen, Liebe und Verrat, geschrieben mit dem Geschick eines Romanciers und der Zartheit eines Poeten. Verweise auf alte Texte und Kommentare von großer theologischer Raffinesse offenbaren einen liebenden Gott und erklären in einfachen Worten die großen Widersprüche, die der Bibel vorgeworfen werden.“

Angesichts der durch den Synodalen Weg hervorgerufenen Verwirrungen, die unter Katholiken zu Ausgrenzungen, Schuldzuweisungen und zur Trennung unter Brüdern führen, seien zunächst einige Zeilen der Antwort zur 2. Frage („Worüber würde Gott heute weinen?“) vorgetragen, die deutlich machen, dass es beim Synodalen Weg nicht darum geht, Gott zu gefallen, sondern allein den Menschen:

„Weinen ist eine Regung, die nicht zur ewigen Vollkommenheit Gottes passt. […] Gott ist vollkommen und unerschütterlich im Ausgießen seiner Liebe über diese Welt. Die Logik ist einfach:
Wenn Gott weinte, hieße, Er leide;
Wenn Er leide, hieße, Er hätte Schmerzen;
Hätte Er Schmerzen, hieße, Er könnte geschlagen werden;
Könnte man Ihn schlagen, wäre Er zerstörbar.
Und wenn Er zerstörbar wäre, wäre Er nicht mehr ewig, nicht mehr Gott.“

Dennoch gibt es ein Kapitel, das auf Frauen bezogen ist. Es ist äußerst aktuell und wiederum scheint es eigens für den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland geschrieben worden zu sein. Der moldawische orthodoxer Mönch Savatie Baștovoi hebt auf Argumente ab, die den westlichen Menschen gänzlich fremd zu sein scheinen. Obwohl so bedenkenswert, würden sie vermutlich von den Damen und Herren Synodalen abgewiesen werden. Denn bei ihnen stehen sogenannte „Menschenrechte“ (soft skills) im Vordergrund, dafür weniger die Wahrheit, die in der Lehre verankert ist. Auch vor dem Hintergrund, dass die Moldawisch-Orthodoxe Kirche dem Moskauer Patriarchat untersteht, obwohl sie eine autonome östlich-orthodoxe Kirche ist, würden die Ausführungen des Autors der folgenden Zeilen nicht in einem ökumenische hilfreichen Sinne verstanden. – (Es folgt das 8. Kapitel aus Savatie Baștovoi aus „Gott für Frauen“)

Warum lässt die Kirche keine Priesterinnen zu?

Die Frage des weiblichen Priestertums kommt gerade im Rahmen von Diskriminierungsdebatten sehr oft auf. Es scheint die Schwachstelle der Kirche zu sein, so dass das Thema zu einer Art Tabu wird, zu einem Hammer, mit dem Organisationen, die sich mit Gender und Diskriminierung beschäftigen, ins Evangelium schlagen. Die wenigen Antworten, die ich im öffentlichen Raum dazu hörte, beziehen sich eher auf Emotionen denn auf eine historische, doktrinäre und psychosoziale Grundlage. In der Regel klingen sie gleich: „Es stimmt nicht, dass die Kirche Frauen diskriminiert; wie viele heilige Frauen wir doch haben und wie viel Ehre wir der Gottesmutter entgegenbringen!“

Bevor wir die Frage beantworten, warum Frauen keine Priesterinnen sein können, sollten wir uns fragen, was Priestertum ist. Ferner, warum eine Frau Priesterin werden sollte. Ist der Reiz des Verbotenen so groß? Was, wenn sich herausstellt, dass Priestertum sehr schwierig und riskant ist? Wenn herauskommt, dass schon in der Antike Priester die ersten waren, die überall verfolgt wurden, aufgrund antichristlicher Politik? Wer wurde während der Französischen Revolution als erste guillotiniert? Oder bei der Oktoberrevolution? Warum wurden Propheten, alttestamentliche Priester und Apostel getötet? Weshalb wurden die meisten Priester – und Bischöfe – der ersten drei Jahrhunderte gefoltert und hingerichtet?

Der Lauf der Geschichte zeigt, dass eher ein Armeegeneral in seinem Bett starb als ein Priester. Ist das eine gute Voraussetzung für Frauen? Darf die Kirche denn Frauen in den Tod schicken? Dass jeder Priester zum Opfer wird und bereit für Verfolgung und Tod ist, sagt sogar Christus; das Beispiel Seines Todes als Hohepriester ist das ultimative Argument in dieser Hinsicht. Sie werden entgegnen, dass Priester heute nicht in den Tod gehen, sondern zu Luxusautos, Prunkhäusern, schicken Anzügen, teuren Immobilien und sozialem Einfluss neigen. Dann muss ich Ihnen sagen, diese Dinge schließen sich nicht gegenseitig aus: Schon zur Zeit des heiligen Johannes Chrysostomos waren die Bischöfe sehr reich und wurden vom kaiserlichen Hof mit Ministerwürden bedacht. Der große Johannes, Patriarch von Konstantinopel, starb jedoch in Verbannung. Gab es denn in der Katholischen Kirche in Frankreich nicht schon vor der Revolution Opulenz? Natürlich, doch als es darauf ankam, wurden sowohl Heilige als auch Sünder getötet. Ebenso im zaristischen Russland: die kirchlichen Ämter hatten Korrespondenten in Armee und Polizei, Kirchen und Klöster besaßen Dörfer und sogar ganze Bezirke. Doch sie wurden verfolgt und massakriert, starben vor Kälte und Hunger: die Gerechten und die, die sich an der priesterlichen Würde nur bereichert hatten. Daher kann die Kirche als himmlische Niederlassung auf Erden die Frau nicht in den Tod und in den Kampf gegen die Bosheit der Welt drängen, denn die Frau hat ihren höchsten Dienst als Mutter. Vielleicht wurde die Frau deshalb so schön und weise in ihrer Art der Kommunikation gestaltet, eben um dem Tod zum Wohle der Kinder zu entgehen. Dies ist eine Antwort aus Sicht der moralischen und ontologischen Ordnung.

Ein weiterer völlig außer Acht geratener Aspekt des Priestertums ist die psychologische Dimension. Es gibt Tage, an denen der Priester die Beichten dutzender und sogar hunderter Menschen abnimmt. Einige von ihnen kommen mit monströsen Sünden: Sie warfen ihr Neu-geborenes in den Ofen, vergewaltigten die eigene Mutter oder den jüngeren Bruder, erstachen jemanden und versteckten die Leiche. All diese Last trägt der Priester bis zum Tod, ohne das Recht, sie offenzulegen.

Entsprechend leiden die meisten Priester an verschiedenen Stoffwechselerkrankungen, die auf Grund nervlicher und psychischer Belastung auftreten. Leider kenne ich keinen Priester ab 40, dessen Magen, Bauchspeicheldrüse oder Wirbelsäule nicht in Mitleidenschaft gezogen sind. Alles ist auf die Stunden im Stehen und die emotionale Belastung, der er ausgesetzt ist, zurückzuführen. Der Priester nimmt nicht nur die Beichte der Lebenden ab, sondern begräbt die Toten, hilft den Kranken und ist in ständiger seelischer Anspannung, er spendet den Kranken, Sterbenden und ihren Familien Trost. Auch hat er mit Scheidungen und Anklagen, Depressionen und Alkoholismus, Diebstahl und Armut zu tun. Mit anderen Worten, Priester zu sein bedeutet, einen klaren Kopf angesichts aller Probleme der Gemeinde zu haben und die Fähigkeit, sie zu bewältigen, ohne dass die eigene Familie darunter leidet. Das geschieht nämlich oft und man sieht am Ende Kinder, die vom Glauben abgefallen sind oder die sich sogar gegen ihre Eltern wenden. Wegen der Überforderung des Priesters fehlt ihm die Zeit für seine Familie. So gesehen könnte eine Priesterin ihre Berufung als Mutter nicht erfüllen: Priestertum ist schwer vereinbar mit der empfindlichen und störanfälligen Natur der Frau.

Priesterliche Arbeit und Familienführung sollten im Einklang stehen, doch das geschieht sehr selten und sollte daher das Hauptanliegen der Kirche sein: Nicht die Be-kehrung und Vermehrung von Schenkungen, sondern die Verbesserung des psychosozialen Umfelds der Priester, damit jeder die ihm zustehenden Aufgaben erfüllen kann, ohne seine Familie zu verlieren.

Was die anderen Aspekte des Priestertums angeht, wie etwa die Vermittlung zwischen Gott und Menschen, so hatten Frauen diese Rolle seit der Antike inne, abgesehen von Männern. Die Prophetin Hanna, Samuels Mutter, ist nur ein Beispiel für die Frau als Vermittlerin zwischen Gott und Menschen; Prophezeiungen waren nichts anderes als die Stimme Gottes, der die ganze Gemeinde gehorchen sollte. Folglich hat der Ausschluss des weiblichen Priestertums in seiner rituellen Form keinen philosophischen, also prinzipiellen, sondern nur einen Umstandscharakter. Übrigens gab es in der goldenen Ära des Christentums, zur Zeit des heiligen Johannes Chrysostomos, in der Kirche das Amt der weiblichen Diakonie, das heißt, Frauen übten eine geistliche Funktion am Altar aus. Dieses historische Detail bestätigt wiederum die Diskriminierungsfreiheit der Tatsache, dass Frauen keinen rituellen Dienst in der Kirche verrichten. Die einzigen Gründe gehören dem Umstand, bedingt durch die tausendjährige Erfahrung der Kirche im Laufe der sozialen Epochen.

Savatie Baștovoi
Gott für Frauen
Edition Hagia Sophia 2022
148 Seiten; 16,50 Euro
ISBN: ‎978-3963211218
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