Liebe Brüder im priesterlichen Amt …

… ich möchte offen mit Euch reden.

Ihr scheint verloren, entmutigt, vom Schmerz überwältigt zu sein. Ein furchtbares Gefühl der Verlassenheit und der Einsamkeit erdrückt Euer Herz.

In einer von Unglaube und Gleichgültigkeit verseuchten Welt ist es unvermeidbar, dass der Apostel leidet:

Der von Glaube und apostolischer Liebe glühende Priester stellt schnell fest, dass die Welt, in der er lebt, verkehrt zu sein scheint. Dennoch kann das Mysterium, das in Euch ist, die Kraft schenken, inmitten der Welt zu leben. Und immer dann, wenn der Diener des »einzig Notwendigen« sich bemüht, Gott ins Zentrum seines Lebens zu setzen, bringt er etwas Licht in die Dunkelheit.

Mit dem Priestertum steht die sakramentale Kontinuität der Liebe des Guten Hirten auf dem Spiel. Ich ergreife also das Wort, damit überall in der Kirche, in einem wahrhaften synodalen Geist, ein befriedetes und betendes Nachdenken über die geistige Wirklichkeit des Weihesakraments stattfindet.

Und ich flehe die einen wie die anderen an:
Lasst uns hier nichts übereilen!

Wir werden die Dinge nicht innerhalb weniger Monate ändern können. Wenn unsere Entscheidungen nicht in langer Anbetung verwurzelt sind, dann werden sie nicht mehr Zukunft haben als jene Schlagwörter und politischen Reden, die so schnell aufeinander folgen und in Vergessenheit geraten.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat uns eine wunderbare lectio divina geschenkt, in der er zu den biblischen Ursprüngen des Mysteriums des Priestertums zurückführt.

Ich möchte meinerseits in aller Demut einen pastoralen Blick auf dieses Sakrament werfen. Unsere Überlegung über das Priestertum darf nicht nur der Aktualität geschuldet sein oder auf eine soziologische Analyse reduziert werden.

Es ist unbedingt notwendig, sie mit geistlicher Betrachtung zu nähren und sie durch Theologie zu strukturieren. Sie muss aber auch konkret sein. Ich habe beobachtet, dass man sich oft darauf beschränkt, an die theoretischen Prinzipien zu erinnern, ohne daraus die praktischen Folgen zu ziehen.

Wenn man sich der Theologie des Priestertums widmet, reicht es nicht aus, an den Wert des Zölibats zu erinnern. Man muss daraus auch die konkreten ekklesiologischen und pastoralen Folgen ziehen.

Während der Amazonas-Synode habe ich mir die Zeit genommen, den Menschen vor Ort und erfahrenen Missionaren zuzuhören. Dieser Austausch hat mich in der Überzeugung bestärkt, dass die Möglichkeit, verheiratete Männer zu weihen, eine pastorale Katastrophe, eine ekklesiologische Verwirrung und eine Verdunkelung im Verständnis des Priestertums darstellen würde. Um diese drei Themen ordnen sich die Überlegungen an, die ich nun anstellen möchte.

(Kardinal Robert Sarah. Aus der Tiefe des Herzens. 60-62.)

 

Kardinal Robert Sarah.
Aus der Tiefe des Herzens.
Priestertum, Zölibat und die Krise der katholischen Kirche.
FE-Verlag 2020.
ca. 150 Seiten; 16.80 Euro.
ISBN: 9783863572556

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