Der Bote Gottes

(Mittwoch in der zweiten Adventswoche)

Betrachten wir, von wem diese Botschaft kommt, wer mit derselben beauftragt wurde, an wen sie gerichtet ist und welchen Inhalt sie hat. Gott selbst sendet seinen Erzengel, er, der Herr aller Dinge. Der Erzengel Gabriel ist einer der Ersten am Throne Gottes. Die Botschaft ist an Maria gerichtet, eine arme und unbekannte Jungfrau. Es geht um eine Angelegenheit, die die wichtigste aller Zeiten ist. Es geht um die Kunde, dass das Ewige Wort Mensch werden will, um uns alle zu erlösen, um die Kunde, dass Maria als die Gottesmutter auserkoren wurde. Der Engel sollte ferner bei dieser Botschaft erklären, dass er die Heilige Jungfrau um ihre Einwilligung fragen müsse.

O bewunderungswürdige Herablassung des Schöpfers! „Was ist der Mensch, mein Gott, dass Du seiner gedenkst, und was ist der Menschensohn, dass Du ihn ansiehst?“ (Ps 8,5). Wie sind doch Deine Urteile, o Herr, ganz verschieden von jenen der Menschen! Diese sehen nur auf Personen, die durch Rang, Geburt und Glück ausgezeichnet sind. Vor Dir aber, so groß Du auch bist, ist alles ein Gräuel, was hoch in den Augen der Menschen steht (Lk 16,15). Du schaust auf das Niedrige. Durch das Unbedeutende führst Du Deine großen Absichten aus. Unter wie vielen Personen ersten Ranges, unter wie vielen hohen Prinzessinnen, unter wie vielen würdigen Königinnen hättest Du Dir Deine Mutter suchen können. Aber nein, die einzige die Du mit diesem hohen Titel ehrtest, war die Verlobte eines Handwerkers. Sie war klein in ihren eigenen Augen und unbekannt vor der ganzen Welt. Was sie allein auszeichnete, war eine engelgleiche Reinheit, eine tiefe Demut und eine brennende Liebe zu Dir. Ein solches Herz verdiente Dein Wohlgefallen!

(aus: Ludwig de Ponte. Meditationen zum Kirchenjahr)

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